01. KAPITEL
1. GANG: SPIONAGE UND MINERALWASSER
Ich zog mir die schwarze Sonnenbrille mit den schicken violetten Strasssteinen am Gestell von der Nase herunter, um im spärlich beleuchteten Raum die Person mit der schwarzen Akustik-Gitarre auf der Bühne genauer mustern zu können.
Ganz versunken in seiner eigenen Welt ließ er seine langen schlanken Finger über die Saiten seines Instruments streichen. Seine Augen waren nur einen Spalt weit geöffnet und blickten in Richtung Publikum. Doch ich könnte wetten, dass er weder mich noch die anderen Zuschauer wirklich sah.
Ich vermisste es, mich auch so in der Musik verlieren zu können. Es war schon Jahre her, dass ich gespielt hatte.
»Verdammt«, fluchte ich leise, als David eine kurze Pause einlegte und den Kopf im Nacken kreisen ließ. »Man merkt gleich, dass die beiden miteinander verwandt sind.«
Ich biss mir voller Entzückung auf die Unterlippe.
Ohne Zweifel, neben Alex und Ian, dem Bruder meiner Freundin Zoey, war David einer der heißesten Jungs, die meine Augen je erblicken durften: Strähniges schwarzes Haar fiel ihm in die Stirn, über die Ohren und leicht auf die Schultern. Hallo, ging es noch ein Stückchen heißer? Oh ja, war die klare Antwort. Im Gegensatz zu seinem Bruder war David um einiges muskulöser. Jedes Mal, wenn er mit seinen Fingern über die Gitarrensaiten strich, wölbten sich die Muskeln unter seinem schwarzen T-Shirt. Die vielen Tattoos an seinen Armen tanzten bei jeder Bewegung.
Meine Finger verkrampften sich um den fast vollen weißen Pappbecher.
Warum hatte mich niemand vorgewarnt?
»Nicht sabbern, Violet!«, ermahnte ich mich selbst mit strenger Stimme. »Er ist der Feind.«
Zoey und Alex hatten mir eine Stunde lang eingetrichtert, dass ich mich nicht von Davids heißem Aussehen ablenken lassen durfte. Eigentlich hatten die beiden recht: David wollte Alex’ Band auseinanderreißen und das durfte ich nicht zulassen! Meine Freundinnen waren zum ersten Mal allesamt glücklich vergeben und ich persönlich konnte über die Freundschaft mit kleinen Vorzügen, die ich mit Kyle pflegte, nicht wirklich meckern. Außerdem wäre es kaum auszudenken, was die Gefühle meiner Freundinnen mit meiner Gefühlswelt anstellen würden!
Ich reagierte sensibel auf ihre Schwankungen, auch wenn ich immer versuchte, mir nicht anmerken zu lassen, wenn meine Laune ihretwegen in den Keller sank.
»Immer sind die Arschlöcher am heißesten«, seufzte ich betrübt. Egal ob in Filmen, Büchern oder im realen Leben, das Arschloch war meist der Typ mit dem heißesten Körper, dem hinreißendsten Lächeln auf vollen Lippen und den klarsten blauen Augen – oder wie in Davids Fall: grünen Augen. Obwohl ich Typen mit grauen oder braunen Augen auch nicht verschmähen würde.
Ich kramte mein Handy inklusive Headset aus meiner Rocktasche und wählte Zoeys Nummer.
»Ich sehe ihn«, sagte ich meiner besten Freundin. »Warum hast du mir nicht gesagt, wie heiß er ist? Er ist ja der wahrgewordene feuchte Traum! Over and Out.«
Zuerst dachte ich, dass mein Handy rauscht, aber dann erkannte ich, dass es sich bei dem vermeintlichen Störsignal um Zoeys Knurren handelte.
»Reiß dich zusammen!«, zischte Zoey. »Und natürlich ist er heiß! Er ist schließlich Alex’ Halbbruder. Also, was tut er?«
»Er spielt gerade großartig auf seiner Gitarre«, schwärmte ich. Ein erstickter Laut kam über meine Lippen, als er zu singen anfing. »Oh Gott, Zoey, hast du ihn schon mal singen hören? Es ist nicht so, als würden Engel singen, sondern … Braindead.«
Es war einfach unglaublich!
Als ich vor zwei Jahren Alex’ Band entdeckt hatte, war ich der festen Überzeugung gewesen, dass Alex einer der begabtesten Sänger war – aber sein großer Bruder toppte ihn um Längen! Nichts gegen Alex. Sein Charakter war auf jeden Fall besser.
Davids Stimme war so anders als die von Alex. Während die Stimme seines Halbbru