: Wolfgang Benz
: Der deutsche Widerstand gegen Hitler
: Verlag C.H.Beck
: 9783406661075
: Beck'sche Reihe
: 1
: CHF 8.80
:
: 20. Jahrhundert (bis 1945)
: German
: 127
: Wasserzeichen/DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB/PDF
Wo endet bloße Verweigerung, wo beginnt Widerstand? Wolfgang Benz bietet in diesem Buch einen ebenso knappen wie informativen Überblick über diejenigen, die sich dem Nationalsozialismus entgegenstellten. Dabei wird der Widerstand von unten, wie ihn etwa ein Georg Elser oder die Geschwister Scholl leisteten, ebenso behandelt wie der Widerstand aus den Reihen der Arbeiterbewegung, der christlichen Kirchen, des Militärs und der traditionellen Eliten. Der Staatsstreichversuch vom 20.Juli 1944 führte viele dieser Gruppen zusammen. Für den Neubeginn nach dem Zusammenbruch, für eine auf Humanität, Recht und Demokratie gegründete Staats- und Gesellschaftsordnung nach Hitler, gehörte der Widerstand, unter welcher ideologischen Prämisse oder sozialen Voraussetzung er auch geleistet wurde, zu den wichtigen sinnstiftenden Ereignissen der deutschen Geschichte.

Wolfgang Benz ist Prof. em. der Technischen Universität Berlin; er leitete bis März 2011 das Zentrum für Antisemitismusforschung in Berlin.

3. Widerstand der Arbeiterbewegung


 

Ideologische Gegnerschaft, aber auch parteipolitische Konkurrenz bildeten die Triebkräfte des Widerstands der Arbeiterbewegung gegen die NSDAP Adolf Hitlers von Anfang an. Freilich waren die Kräfte der SPD und der KPD in erheblichem Maße in der Abgrenzung eigener Positionen– Verwahrungen der Sozialdemokraten gegen links und Kampf der KPD gegen die als«Sozialfaschisten» diffamierten Sozialdemokraten– gebunden. Die linken Gruppierungen zwischen dem Kommunismus und der Sozialdemokratie (Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands, Neu Beginnen, Internationaler Sozialistischer Kampfbund) waren konsequente Gegner der NSDAP, allerdings war ihre numerische Stärke gering. Die intransigente Gegnerschaft der KPD zum parlamentarisch-demokratischen System schloß Sozialdemokraten zwangsläufig ein, diese wiederum waren durch ihren strikten Legalitätskurs auch angesichts regierungsamtlicher Verfassungsbrüche wie dem«Preußenschlag» vom 20. Juli 1932, dem Staatsstreich der Reichsregierung unter Reichskanzler Franz von Papen gegen die sozialdemokratisch geführte preußische Staatsregierung unter Ministerpräsident Otto Braun, an wirksamen Widerstandsaktionen (wie etwa einem Generalstreik) gehindert.

Der nationalsozialistische Wahlerfolg im Herbst 1930 hatte zur Wiederbelebung des 1924 als Selbstschutzorganisation der demokratischen Linken gegründeten politischen Kampfverbands«Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold» geführt. Offiziellüberparteilich, war die Organisation fast ganz von der SPD getragen, sie stellte vier Fünftel der rund drei Millionen Mitglieder, die mit der SA, dem Stahlhelm und anderen Bürgerkriegsarmeen um die Herrschaft auf der Straße rangen. Gründer und Bundesvorsitzender bis 1932 war der Oberpräsident der Provinz Sachsen, Otto Hörsing, dem Karl Höltermann, sozialdemokratischer Journalist und Weltkriegsfreiwilliger des Jahrgangs 1894, folgte. Die eigentliche Truppe des Reichsbanners bildeten die«Schutzformationen (Schufo)» mit bis zu 400.000 Mitgliedern, die sich aktiv an den bürgerkriegsartigen Kämpfen in der Endphase der Weimarer Republik beteiligten und sie gegen Extremisten von rechts und links zu verteidigen versuchten.

Nach dem Papen-Streich vom Juli 1932 verfiel das Reichsbanner zunehmend in Resignation. Gegen die Koalition der bürgerlichen Rechten mit Hitler war im Dezember 1931 die Eiserne Front als«Wall von Menschenleibern» gegen die faschistische Gefahr gegründet worden. Geführt von Höltermann, sollten sich die Kräfte von SPD, Freien Gewerkschaften, Reichsbanner und Arbeitersportlern in einem republikanischen Bündnis vereinigen. Es schlossen sich freilich nur noch Organisationen der linksliberalen DDP (Staatspartei) an. Den Kern der Eisernen Front bildeten Einheiten der Schufo. Legalismus und Entschlusslosigkeit der Führung unterbanden Aktionen des Reichsbanners bzw. der Eisernen Front gegen die Machtübernahme Hitlers. An der Basis indessen waren Widerstandsaktionen bis ins Frühjahr 1933 hinein immer wieder gefordert worden.

Linke Publizisten und der Arbeiterbewegung nahestehende Intellektuelle hatten früh vor den Nationalsozialisten gewarnt und zum Widerstand aufgerufen. Kurt Tucholsky schrieb 1930 im Gedicht«Deutschland erwache», dass«der Nazi dir einen Totenkranz flicht: Deutschland siehst du das nicht?» Carl von Os