: Marita A. Panzer
: Lola Montez Ein Leben als Bühne
: Verlag Friedrich Pustet
: 9783791760155
: 1
: CHF 15.20
:
: Biographien, Autobiographien
: German
: 184
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Die Wahrheit war Lola Montez nicht wichtig. Sie lebte im Hier und Jetzt, passte ihr Leben den augenblicklichen Umständen an, erfand sich immer wieder neu auf der Bühne ihres Lebens. Dazu erschuf sie sich jeweils die passende Vita: So wurde aus dem wilden Kind in Indien die spanische Tänzerin, aus dem spanisch-adeligen Spross die veritable Gräfin Landsfeld. Einmal war sie die Favoritin König Ludwigs I., dann wiederum die berühmte Künstlerin. Dreimal rettete sich Lola Montez in den vermeintlich sicheren Ehehafen, um nur wenig später eine Selbstständigkeit an den Tag zu legen, die damals nur den 'Blaustrümpfen' der Frauenemanzipation zu eigen war. Die gebürtige Irin besaß ein zügelloses Temperament: Einigen galt sie daher als aggressive Egozentrikerin, anderen als charmante Exzentrikerin. Weitgereist und weltberühmt starb sie schließlich 1861 in New York.

Marita A. Panzer, Dr. phil., ist freie Historikerin und Sachbuchautorin. Sie veröffentlichte u. a. zahlreiche Biografien.

„ein sehr anmutiges

und hübsches Kind“

 

Auftritt

Eliza(beth) Rosanna Gilbert– das Mädchen

Spielzeit 1821 bis 1836

Irische Herkunft und Geburt


Bereits ihre Geburt und Taufe glichen einem Auftritt. Lola Montez gestaltete sie in ihren Memoiren wie eine Bühneninszenierung:„Mein Vaterland ist Spanien. Ich bin im Jahre 1823 zu Sevilla, der Hauptstadt Andalusiens, geboren, welches das Land der Serenaden und der Balkons ist, der Troubadours und der Romanzen (…) Meine Mutter brachte mich im Jahre 1823 in einem kleinen Hause zu Sevilla, gelegen in der Straße Abados, zur Welt (…) Die Feierlichkeit meiner Taufe fand zu Sevilla in einer Kapelle statt, welche heute die Ehre hat, das Grab des Christoph Columbus zu besitzen. Einen Augenblick stand meine zitternde Wiege unter einem und demselben Dache mit dem Sarge des unsterblichen Seefahrers (…) Auf dem Taufscheine der kleinen Kapelle zu Sevilla empfing ich die Namen Marie Dolores Elisa Rosana Guilbert. Dolores war der bevorzugte Name, bei welchem meine Eltern und die Hausfreunde mich ausschließlich riefen (…) Unaufhörlichüber die verliebten Lippen der jungen Eheleute schlüpfend, verwandelte sich der Name‚Dolores‘, in das leichtere und zartere Wort‚Lola‘, welchen Namen ich bis auf heute beibehalten habe.“1

Zu ihren Eltern hielt Lola fest:„Meine Mutter hat meinen Vater in Irland kennen gelernt, woselbst sie, ihre Erziehung zu vollenden, hingeschickt wurde. Sie wurde in ein katholisches Stift gegeben, in der Umgebung Dublins, unfern des prächtigen Schlosses, welches die Lady Guilbert mit ihrem jungen Sohne bewohnte. Die Liebe der beiden jungen Eheleute begann mit einer Jugendliebe. Oliverres de Montalvo zählte 13 Jahre, als sie von dem Gitter ihres Stiftes aus den jungen Guilbert bemerkte, welcher im 18. Lebensjahre stand.“2

Gemäß den Memoiren ließ Lolas Mutter die irische Klostererziehung hinter sich und kehrte in ihr Vaterland Spanien zurück, wohingegen der junge„Guilbert“, ausgestattet mit einem Offizierspatent, nach England ging. Während eines Urlaubs erneuerte das junge Paar sodann seine Liebe in Sevilla und heiratete. Lolas Mutter brachte dabei nichts anderes als„ihre Schönheit und den Namen ihrer Familie“ in die Ehe ein. Allerdings war der junge Gatte„reich genug, um eine Neigungsehe schließen zu können“, da sein verstorbener Vater, ein Herzog, ihn in seinem Testament bedacht hatte. Bei ihrer Eheschließung war die Braut angeblich 14½ und der Bräutigam 20 Jahre alt.3 Nach Lolas Angaben wurde sie„inmitten der Flitterwochen, im ersten Jahre der Ehe geboren.“4 Gleich vier Länder beanspruchte sie für ihre Herkunft:„Irländerin durch meinen Vater, Spanierin durch meine Mutter, Engländerin durch meine Erziehung, Französin aus Neigung, und Kosmopolitin durch die Umstände, kann ich von mir sagen, daß ich allen Nationen angehöre oder keiner.“5

Auf diese phantasievolle Weise erschuf Lola rückblickend ihren Eintritt in die Welt bühnen- und medienwirksam. Es verwundert daher nicht, dass die unterschiedlichsten Geburtsdaten, -orte und -länderüber Lolas Herkunft kursierten: Neben Spanien mit Sevilla oder einem kleinen Dorf in Andalusien kam für viele ebenso Montrose in Schottland sowie England in Frage. Später revidierte Lola in ihren Vorträgen die Geschichten ihrer Memoiren und gab als Heimat ihrer Familie zumeist Limerick in Irland an.

Da Lola Montez ihr Geburtsdatum verschwieg oder schönte, schwankten die Angaben zwischen 1818 und 1823. Um 1997 entdeckte dann ein Archivar ein Schriftstück6, das näheren Aufschlussüber Lolas Geburt gab: In diesem Dokument beantragte Lolas verwitwete Mutter eine Pension und legte dem Schreiben einen Taufschein ihrer Tochter bei, versehen mit einem handschriftlichen Vermerk, der besagte, dass Lola Montez als Zweijährige in der anglikanischen Kirche St. Peter zu Liverpool7 am 16. Februar 1823 auf den Namen Elizabeth Rosanna Gilbert getauft worden war. Das Licht der Welt habe sie am 17. Februar 1821 in einem kleinen Dorf namens Grange im Nordwesten Irlands, nahe der Stadt Sligo, erblickt.8

 

Abb. 1:
Der Geburtsort: Im irischen Dorf Grange, nahe Sligo gelegen, wurde Lola Montez als Elizabeth Rosanna Gilbert 1821 geboren.

 

Damit schien das Rätsel um Lolas Geburt und Alter gelöst. Aller