: Anja Marschall
: London Calling Krimi
: Dryas Verlag
: 9783940258342
: Ein britischer Krimi mit Kate und Luna
: 1
: CHF 7.90
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 300
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
In der City of London, dem Herzen der internationalen Finanzwelt, wird die Leiche des dubiosen Finanzberaters Bradshaw gefunden. Die flippige Künstlerin Luna hat den Mann seit einiger Zeit verfolgt, weil das Geld, das sie ihm anvertraut hat, verschwunden ist. Scotland Yard vermutet schnell, dass eine Stalkerin den Banker erschossen hat - und kommt auf die Spur von Luna. Doch diese schwört ihrer Freundin Kate, dass sie unschuldig ist. Gemeinsam machen sie sich auf die Suche nach dem wahren Mörder und stechen unversehens in ein Wespennest aus Korruption und Geldwäsche, Eitelkeiten und Gier.

Anja Marschall lebt und schreibt in Schleswig-Holstein, wo sie seit mehreren Jahren als Publizistin arbeitet. Im Dryas Verlag sind die Romane 'Fortunas Schatten' und 'Das Erbe von Tanston Hall' erschienen.

fünf

Kate saß auf ihrem Bett und schaute zu Luna hinüber, die im Kühlschrank nach etwas Trinkbarem suchte.

„Ich könnte jetzt einen Wodka vertragen“, murmelte die Rothaarige den Eiern, dem Joghurt und der Erdbeermarmelade entgegen.„Aber ein paar Baked Beans tun es auch.“ Sie drehte sich um. In der Hand hielt sie einen Topf mit weißen Bohnen in Tomatensoße, den sie aus dem oberen Fach gezogen hatte. Tief tauchte sie einen Finger in die Soße und steckte ihn in den Mund.„Hm, lecker.“

„Wodka habe ich nicht“, meinte Kate entschuldigend.„Möchtest du Rotwein?“ Ohne die Antwort abzuwarten, stand sie auf und ging zu einem Schrank, um zwei Gläser zu holen.

Als die beiden kurz darauf mit dem Rücken an der Wand auf dem Bett saßen, spürte Kate, wie ihr Gast zitterte. Es schien nicht von der Feuchtigkeit zu kommen, die in den Wänden ihrer Wohnung steckte. Nein, das Zittern musste eine andere Ursache haben. Schweigend schaute Kate ihrer Freundin dabei zu, wie diese die letzten Reste der kalten Bohnen verschlang. Immerhin hatte sie sich einen Löffel genommen.

Plötzlich war ein Rumoren aus der Wand zu hören.

„Ey!“, rief Luna erschrocken aus und riss den Kopf hoch.„Was ist das?“ Sie blickte sich um.

„Die Abwasserleitungen. Jemand war wohl gerade auf Toilette.“

„Klingt ja grauselig.“ Luna widmete sich wieder dem Topf auf ihrem Schoß. Als auch das letzte bisschen ausgelöffelt war, griff sie zum Weinglas neben dem Bett und nahm einen kräftigen Schluck.

Jetzt sah Kate, dass Lunas Hand zitterte.„Alles okay?“

Die Rothaarige strahlte sie an, wobei ihre Mundwinkel zu zucken schienen.„Klar, was sollte sein?“ Mit dem Glas in der Hand sprang sie aus dem Bett, griff sich die Rotweinflasche vom Couchtisch und goss noch einmal großzügig nach.„War nur ein stressiger Tag irgendwie.“ Sie leerte das Glas in einem Zug.„Sicher, dass du keinen Wodka hast?“

Skeptisch musterte Kate ihre Freundin, die sie noch nie so unruhig gesehen hatte. Okay, hektisch war Luna schon immer gewesen. Ständig hatte man den Eindruck, sie müsse gerade die Welt aus den Angeln heben, etwas ganz Irres tun oder die Menschheit mit einer ihrer verrückten Ideen beglücken. Luna, die Künstlerin, stand nie still, doch bei all dem war sie ein Mensch, dem die anderen nicht egal waren. Ihre Sicht auf die Welt war oft ungewöhnlich, aber immer konnte man darin eine gewisse faszinierende Logik erkennen, die einen Kreis zum Rechteck machte und aus Schwarz Pink. Sie war eine glühende Verehrerin des schlechtesten Footballclubs von ganz Großbritannien und hatte ihre eigene Meinung darüber, warum Verlierer die eigentlichen Gewinner auf der Welt waren. Doch heute stimmte etwas nicht mit ihr.

Als Luna sich ein weiteres Glas Rotwein eingießen wollte, stand Kate auf und nahm ihr die Flasche aus der Hand.„Schluss jetzt! Was ist los?“

Wütend blickte Luna auf.„Ey, gib den Wein her!“

Kate schüttelte den Kopf und versteckte die Flasche hinter ihrem Rücken.„Ich höre.“ Sie klang, als wäre sie im Dienst.

„Ist sowieso kein guter Wein.“

In Luna kämpften Wut und Angst miteinander, das konnte Kate an ihren Augen sehen.

Während es in der Wand blubberte, suchte die Rothaarige nach Worten, fand aber keine.„Wegen der Rohrleitungen– da musst du aber etwas unternehmen. Klingt irgendwie eigenartig“, murmelte sie schließlich. Dann begann sie, in dem kleinen Raum hin und her zu laufen. Drei Schritte bis zum Fenster, drei bis zur Küche. Wieder blubberte es in der Wand. Luna hämmerte mit der Faust dagegen.„Kann man das nicht abstellen?“, rief sie und beäugte wütend die Tapete, die an einigen Stellen vergilbt war.

Kate schüttelte den Kopf.„Geht nicht. Damit müsse ich leben, hat der Vermieter gesagt.– Also, was ist?“

Luna begann wieder, auf und ab zu gehen.„Das ist nicht so einfach“, murmelte sie.

„So schlimm wird es schon nicht sein.“ Aufmunternd lächelte Kate ihr zu.„Hast doch keinen umgebracht.“

Luna fuhr herum. Die Angst in ihren Augen erschreckte Kate.

„Vielleicht lebt er ja noch.“ Luna ließ sich aufs Bett fallen.„Sah aber irgendwie nicht so aus. Zu viel Blutüberall.“

Nach dem ersten Schreck holte Kate tief Luft. Langsam stellte sie die Flasche auf den Boden und setzte sich neben Luna auf die Bettkante. Als Krankenschwester war sie Notfälle gewohnt. Das erste Gebot war immer, Ruhe zu bewahren.

Ausgerechnet in diesem Moment meinte die stets schlaflose Mrs Brent im zweiten Stock, duschen zu müssen. Wild strömte das Wasser durch die Leitung in der Wand, hinunter in die Tiefen der Londoner Kanalisation.

Kate begann, ihre Freundin vorsichtig auszufragen: Wer war tot? Woher wusste sie das? Was hatte es mit ihr zu tun?