: Mukoma wa Ngugi
: Nairobi Heat Roman
: Transit Buchverlag
: 9783887473037
: 1
: CHF 16.10
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 162
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
In einem reichen, weißen Vorort von Madison/Wisconsin wird eine junge blonde Frau tot aufgefunden. Das Haus, vor dem die Tote liegt, gehört einem afrikanischen Professor, der für seine Rettungstaten während des Völkermords in Ruanda weltweit als Held verehrt wird. Der schwarze Detective, der in dem Fall ermittelt, fliegt aufgrund eines mysteriösen Anrufs nach Nairobi, Kenia, wo er zusammen mit seinem afrikanischen Kollegen der Vergangenheit des Professors auf die Spur kommen will. Schnell wird klar, dass es hier um viel mehr geht als den Tod eines weißen Mädchens. Es entwickelt sich eine heiße Jagd in einem Sumpf von Korruption, Intrigen und Gewalt. Gleichzeitig ist es auch die Konfrontation des Detectives aus den reichen USA mit Afrika, seiner Geschichte und Kultur, und nicht zuletzt mit der eigenen Identität...

Mukoma wa Ngugi wurde 1971 als Sohn des weltbekannten kenianischen Schriftstellers Ngugi wa Thiong'o in Evanston, Illinois/USA geboren, wuchs in Kenia auf und ging dann zum Studium zurück in die USA. Er arbeitet als Literaturprofessor an der renommierten Cornell University und schreibt als Kolumnist für die BBC, für den Guardian, Los Angeles Times, und verschiedene afrikanische Zeitungen und Zeitschriften. Er veröffentlichte Gedichte und literarische Anthologien »Nairobi Heat« ist sein erster Roman.

WO TRÄUME STERBEN


Es war schon sehr spät, als wir zu Os Wohnung kamen. Er wohnte in Eastleigh Estate, einem, wie er sagte, Untere-Mittelklasse-Vorort von Nairobi. Im Scheinwerferlicht des Land Rovers sahen alle Häuser gleich aus– schmale, zweigeschossige Reihenhäuser mit Maschendrahtzaun und gefährlich aussehenden Hunden davor– bei den vielen Kurven und Biegungen hatte man das Gefühl, durch einen Irrgarten zu fahren. Endlich erreichten wir sein Haus, wo er mich in ein fast leeres Zimmer führte. Nach wenigen Minuten war ich fest eingeschlafen.

Kurz vor Tagesanbruch rüttelte O mich wach. Nach einer kalten Dusche ging ich in die Küche, wo seine Frau am Tisch saß und handgeschriebene Seiten korrigierte– O hatte vergessen, mir zu sagen, dass sie Lehrerin an einer Oberschule war. Mittelgroß, eher untersetzt, trug sie ein langes, schwarz-weiß gepunktetes Kleid und eine riesige Afro-Frisur. Sie erinnerte mich an Fotos schwarzer Frauen aus den Sechzigern– radikale Feministinnen, immer mit hochgereckter Faust. Zwischen ihren Vorderzähnen hatte sie eine Lücke, der einzige Makel in einem ansonsten perfekten Lächeln.

»Ich heiße Maria, Odhiambos Frau«, sagte sie und zeigte auf O, der gerade Frühstück machte.

Ich stellte mich vor und beobachtete sie, wie sie ihre Papiere zusammenkramte, ihren Tee austrank und O einen Abschiedskuss gab.

O war ein ziemlich guter Koch– sein Omelette war exzellent.»Das kommt davon, dass Ihr Amerikaner immer nur tiefgefrorene Zutaten nehmt. Hier kommen sie direkt aus dem Garten«, sagte er, als ich ihm ein Kompliment machte. Er grinste:»Meine Frau kann nicht kochen. Sie versucht es, aber sie kriegt’s nicht hin.«

»Du bist ein seltenes Exemplar, mein Freund«, sagte ich, sehr zu seinem Vergnügen,»ein schwarzer, männlicher, feministischer Polizeikoch.«

Er nahm sich einen Joint aus seiner Hemdtasche.»Jetzt bin ich ein schwarzer, männlicher, feministischer Polizeikoch mit einem Joint«, sagte er, als er ihn anzündete.

Ich rauche kein Gras, nicht, weil ich ein Bulle bin, sondern weil es mich zum Kichern bringt– stundenlanges, unkontrolliertes Kichern– und ich nicht unbedingt blöd aussehen möchte.

»Heute werden wir mal auf den Busch klopfen«, sagte O, nachdem ich einen Zug aus seinem Joint abgelehnt hatte.

Er und ich, wir beide wussten: Wenn der Mann, der mich nach Nairobi gelockt hatte, es ernst meinte, dann mussten wir nur an den richtigen Plätzen auftauchen, und uns dort zeigen, dann würde er uns schon finden.

Der erste Busch, auf den wir klopften, war das Konsulat von Ruanda. Das Konsulat war im Muthaiga Estate, wo die Häuser so riesig waren, dass ich mich wie in Maple Bluff fühlte. Nichts. Natürlich kannten sie Joshua. Ohne Menschen wie ihn gäbe es kein Ruanda. Könnte es sein, dass er in kriminelle Machenschaften verwickelt wäre? Nein, natürlich nicht. Feinde? Ja. Könnten sie Genaueres sagen? Könnte jeder sein.

Als nächstes fuhren wir zum Flüchtlingszentrum in Nairobi CBD*, dem Hilfswerk der Never Again Foundation. Das Büro befand sich im obersten Stockwerk und bot einen großartigen Blicküber die ganze Stadt. Während wir auf einen Termin mit dem Direktor warteten, ließ ich meinen Blick bis zum Horizont wandern, wo die Häuser kleiner und kleiner und die Schornsteineüber ihnen höher und höher wurden.

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