Das weltberühmte Songshan-Shaolin-Kloster befindet sich am Fuße des gleichnamigen chinesischen Zentralgebirges, unweit des Gelben Flusses im Herzen der Provinz Henan. Der Tempel ist von bewaldeten Bergen umgeben. Im Süden ragt der Shaoshi-Berg wie eine Schutzwand auf. Im Westen und Norden erheben sich die fünf Gipfel des Wu Ru Feng (???), die sogenannten»Gipfel der Fünf Brüste«, die ihren Namen ihrer sanft gewölbten rundlichen Form verdanken. Im Nordosten schließt der Junji (???), mit knapp 1500 Metern der höchste Berg dieser Gebirgsgruppe, den Kreis.
Tagsüber strömen zahlreiche Touristen aus allen Regionen Chinas und aller Welt herbei, um die legendäre Klosteranlage zu besichtigen. Erst am Abend, wenn die Touristen den Tempel verlassen haben, kehrt wieder klösterliche Ruhe ein. Doch von Zeit zu Zeit dringen kräftig ausgestoßene Laute ans Ohr. Geht man ihnen nach, sieht man Mönche bei ihren täglichenÜbungen. Dieser Anblick ist aber Besuchern nur selten möglich, da dieÜbernachtung für Gäste und Besucher im Kloster in der Regel nicht erlaubt ist.
Nachts herrscht im Kloster absolute Ruhe. Bevor die Sonne den ersten goldenen Schein auf die grünen Dächer der alten Tempelhallen wirft, werden die Mönche um fünf Uhr durch das helle und klare Geräusch von zwei aufeinander geschlagenen Brettern geweckt. Nach dem darauf folgenden Glockenklang hallt der Sutra-Rezitationsgesang der Mönche bei der Morgenzeremonie von den Bergen wider. Ein neuer Tag bricht an. Manche der Mönche, die noch viel früher aufgestanden sind, sind längst aktiv. Auf dem Hof oder auf dem Platz vor dem Haupteingang widmen sie sich ihren körperlichenÜbungen. Manche springen beim Kickboxen in die Höhe, andere kämpfen miteinander, einige machen ruhige, fließendeÜbungen. Die Meditierenden sind nicht zu sehen, sie haben sich entweder in ihre Zimmer oder an einen ruhigen Ort in freier Natur zurückgezogen.
Die Mönche des Shaolin-Tempels bewegen sich gern und viel. Sie stehen jeden Tag zwischen vier und fünf Uhr auf und gehen gegen 21 Uhr zu Bett. Außer der Meditation, gemeinsamen Zeremonien und der Sutra-Rezitation haben sie tagsüber ihre jeweiligen Aufgaben zu erfüllen. Manche betreuen die Gäste, andere führen in den Tempelhallen die Aufsicht oder studieren die Sutras. Ansonsten widmen sie sich den körperlichenÜbungen, die täglich mindestens zwei Stunden in Anspruch nehmen. Diejenigen, die sich auf Shaolin-Kung-Fu spezialisiert haben,üben bis zu vier oder fünf Stunden täglich. Auch das Wochenende bildet keine Ausnahme: Jeder Tag folgt dem gleichen Rhythmus.
Für die Shaolin-Mönche sind körperlicheÜbungen unverzichtbarer Bestandteil ihres Lebens. Die tägliche Bewegung ist Teil der Tradition, die seit mehr als 1500 Jahren von den Shaolin-Mönchen gepflegt und von Generation zu Generation weitergegeben wird. Dank der schönen Umgebung können die täglichenÜbungen im Freien gemacht werden: Wer südlich des Klosters einem schmalen Pfad folgt, erreicht nach etwa einer halben Stunde den Schwarz-Drachen-Teich, einen der besonders beliebten Trainingsorte. Der TeichTizi Gou(???) liegt hingegen in westlicher Himmelsrichtung vom Kloster. Dort ergießt sichein klarer Wasserfall von einem steilen Felsen hinunter in den Teich. Geht man in nördlicher Richtung weiter, erreicht man nach etwa einer Stunde bergauf die Bodhidharma-Höhle. Dort, so sagt die Legende, habe der Begründer des Chan-Buddhismus neun Jahre lang meditiert, bevor er die Mönche im Kloster unterrichtete. Die Plattform vor der Berghöhle eignet sich bis heute gut zumÜben.
Für die Mönche sind die schmalen steinigen Wege wie für uns ein Gehsteig. Sie laufen die Naturpfade flink wie Hirsche im Wald entlang. Manchmal begegnet man auch Mönchen, die bei jedem Schritt eine Niederwerfung machen, um so zur heiligen Berghöhle des Chan-Buddhismus zu gelangen. Vom Berggipfel geht der Blick weitüber die Landschaft. In der Stille der Natur kann man seine Sorgen hinter sich lassen und sich tief in sein Inneres versenken. Egal ob im kältesten Winter oder im heißesten Sommer, die Mönche trainieren stets im Freien. Ein Sprichwort sagt: Im Sommer trainiert man während der heißestenSanfu-Zeitund im Winter in der kältestenSanjiu-Zeit.Selbst bei plus 40ºC im Sommer oder minus 20ºC im Winter folgen die Mönche ihrem Lebensrhythmus. Die Gleichförmigkeit ist für d