: Eugene H. Peterson
: 'Nimm und iss ...' Die Bibel als Lebensmittel
: Neufeld-Verlag
: 9783862567461
: 1
: CHF 10.70
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: Christliche Religionen
: German
: 224
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
'Nimm und iss dieses Buch' lautet die Aufforderung, die Johannes im biblischen Buch der Offenbarung von einem Engel erhält. Eugene H. Peterson lädt ein, sich von der Bibel formen zu lassen, Teil der biblischen Geschichten zu werden. Er macht Mut, dieses Buch 'zu essen', in sich aufzunehmen, es zu leben und nicht nur zu lesen - und zwar erfrischend unkonventionell! Peterson ist überzeugt: Gott lädt uns heute noch ein, sein Wort in uns aufzunehmen: 'Nimm und iss ...'

Der Autor: Eugene H. Peterson, Jahrgang 1932, war fast 30 Jahre Gemeindepastor in den USA. Dann unterrichtete er am renommierten Regent College in Vancouver, Kanada. 2002 erschien seine Bibelübersetzung The Message, an der er zehn Jahre gearbeitet hatte. Ganz gleich, ob er die Bibel übersetzt, Bücher schreibt oder Geschichten erzählt, Eugene H. Peterson geht es dabei um ein Ziel: dass die Heilige Schrift in die Herzen und Hirne, Arme und Beine der Menschen gelangt.

KAPITEL 1


„Die unerhörte Gewohnheit des geistlichen Lesens“


Vor vielen Jahren besaß ich einen Hund, der eine Vorliebe für große Knochen hatte. Zu seinem Glück lebten wir damals im bewaldeten Hügelvorland von Montana. Auf seinen Streifzügen durch den Wald fand er oft dieÜberreste von Weißwedelhirschen, die von Kojoten gerissen worden waren. Wenig später erschien er dann auf unserer Steinterrasse am Seeufer und zog seine Trophäe hinter sich her, für gewöhnlich ein Schenkel oder ein Rippenstück. Er war ein kleiner Hund und der Knochen war manchmal fast so lang wie er selbst. Jeder Hundebesitzer weiß, was jetzt kommt: Mit seiner Beute tänzelte er verspielt vor uns herum und wedelte mit dem Schwanz. Er war stolz auf seinen Fund und er bettelte um unsere Anerkennung. Und natürlich zeigten wir sie ihm: Wirüberschütteten ihn mit Lob, sagten ihm, was er doch für ein guter Hund sei. Kurz darauf, nachdem er unseren Applaus ausgekostet hatte, zog er sich mit seinem Knochen an einen privateren Ort zurück, für gewöhnlich in den Schatten eines etwa 20 Meter entfernten, moosbewachsenen Steinbrockens. Dort bearbeitete er seinen Knochen. Der Knochen hatte keine soziale Bedeutung mehr für ihn. Nun widmete er sich ganz seinem privaten Vergnügen. Er nagte an dem Knochen, drehte ihn hin und her, leckte daran, jagte ihm Angst ein. Manchmal hörten wir ein leises Grollen und Knurren. Bei einer Katze würde man Schnurren sagen. Er hatte offensichtlich seinen Spaß und sah keinen Grund zur Eile. Nach ein paar vergnüglichen Stunden vergrub er den Knochen und buddelte ihn dann am nächsten Tag wieder aus. Ein durchschnittlicher Knochen hielt ungefähr eine Woche.

Das Vergnügen meines Hundes war auch mein Vergnügen. Ich freute mich an seinem spielerischen Ernst, seiner kindlichen Spontaneität, die geprägt war vom„Wichtig ist nur eins!“. Stellen Sie sich aber meine noch größere Freude vor, als ich eines Tages auf eine Stelle in Jesaja stieß, in der der Dichter-Prophet etwas beobachtete, das demähnelte, was ich an meinem Hund so mochte. Der einzige Unterschied ist, dass es bei Jesaja ein Löwe war und kein Hund:„Ein junger Löwe verteidigt knurrend seine Beute“ (Jes. 31,4).„Knurren“ ist das Wort, das meine Aufmerksamkeit erregte und mir diesen besonderen freudigen Kick versetzte. Was mein Hund da von sich gab, während er an seiner Errungenschaft nagte, sich daran freute und sie genoss, das tat Jesajas Löwe mit seiner Beute. Zum wahren Kern meiner Freude drang ich vor, als ich feststellte, dass das hebräische Wort, das hier als„knurren“ (hagah)übersetzt wird, normalerweise mit„nachdenken“ oder„sinnen“übersetzt wird, so wie in Psalm 1, wo glücklich ist,„wer Freude hat am Gesetz des Herrn und darüber nachdenkt– Tag und Nacht“ (V. 2). Genauso in Psalm 63:„Wenn ich mich zu Bette lege, so denke ich an dich, wenn ich wach liege, sinne ichüber dich nach“ (V. 7;Luther 1984).