Die Sektflasche
Alina:«Komm Anja, nimm noch’nen Schluck Wodka.»
Tanja:«Ja, kipp’s dir rein, du gehörst jetzt zu uns!»
Ich will eigentlich schon gar nicht mehr. Ich glaub, ich bin ganz schön betrunken, aber ich fühl mich irgendwie auch gut, irgendwie leicht. Ich nehme die Flasche, die Alina mir auffordernd vors Gesicht hält, höre Kichern um mich rum, setze die Glasflasche an den Mund und fühl mich richtig gut, mit den anderen hier zu sitzen. Es sieht aus wie Wasser, aber schmeckt scharf wie Spiritus und brennt in der Kehle. Ich gehöre jetzt dazu– so fühlt sich das also an. Wenn Taifun das jetzt nur sehen könnte, ich hier mit Alina und ihrer Clique, man das wäre total obergeil…
Alina:«Hey Schlampe, was los?! Besoffen?»
Yami:«Du bist doch total dicht!»
Kichern. Alina nennt jeden Schlampe, sogar ihre beste Freundin Yami. Ich glaub, ich bin heute echt aufgestiegen!
Tanja:«Hey, sag ma was, geht’s dir nich gut? Trink doch mal’nen Schluck Wasser nach, dann geht’s wieder besser! Komm, trink!»
Jemand reicht mir ein Glas und ich trinke. Igitt, SCHEISSE, das schmeckt voll scharf! Ich hab’nen richtig großen Schluck genommen. Schmeckt wie purer Wodka. Ich muss husten– es ist purer Wodka. Um mich herum lachen alle. Ich spucke– ich pruste den Rest, den ich im Mund hab, wieder aus, mein Rachen brennt so, aber ich muss auch lachen. Ich brauch unbedingt was Normales zum Nachtrinken, und da fängt Alina an loszubrüllen:«Du dumme Fotze, kotzt hier alles aus, waaas?!»
Meine Kehle brennt.
«Der Scheiß kostet Geld und du kotzt es einfach so aus. Is ja nich mal dein Alk. Da lad ich dich ein und du Hurenkind, voll daneben… Du Fotze, schau dir das an, du hast meine Jeans total versaut!»
Ihre Augen glitzern vor Zorn.
«Du Scheißkrüppel!»
Yami:«Du Judenkind!»
Ich bin total durcheinander und versteh nur noch Wortfetzen. Ich muss mich jetzt unbedingt entschuldigen. Echt, mir ist das total peinlich. Warum hab ich mich nicht im Griff? Ich mach echt alles kaputt. Kein Wunder, dass Alina so sauer ist, immerhin hat sie sich für mich eingesetzt, dass ich mitkommen kann. Ich sollte ihr vielleicht’ne neue Jeans kaufen, die war sicher teuer. Ich muss mich echt zusammenreißen, das Schlimmste wäre, wenn Alina… Also sag ich irgendwas von:«Sorry, wollt ich nich.» Hoffentlich reicht das. Mehr krieg ich nicht raus, da kommt nur so ein leises, total vernuscheltes Murmeln. Ich hab Sprachprobleme, ich hab das nicht unter Kontrolle. So kenn ich mich, ich konnte noch nie so laut sprechen wie die anderen.
«Du scheiß Krüppelkind! Kauf mir’ne neue Hose!»
«Yeah, du musst jetzt Alina’ne neue Hose kaufen. Wie viel Geld hast du dabei?»
Yami grinst.
«Ey und dann muss sie erst mal sauber machen. Wisch den scheiß Tisch ab! Hey, bist du behindert, du Krüppel?»
Tanja lacht laut. Alina schmeißt mir das dreckige Tischtuch ins Gesicht und für einen Moment sehe ich nichts mehr. Das Tuch stinkt nach vergammelten Essensresten. Warum macht sie das? Tut mir ja leid mit der Jeans und so, aber sie muss ja nicht gleich so fies sein. Warum macht mich das gerade so scheißwütend?! Ich weiß doch, dass Müll zu Müll gehört. Außerdem, was hab ich denn erwartet? Dass ich gleich die Königin der Clique hier bin? Dass ich vielleicht sogar Alinas beste Freundin werden könnte? Und dann höre ich mich plötzlich sagen:«Fick dich doch!»
Es rutscht mir einfach so raus. Scheiße– warum hab ich das gesagt?! Ich bin so eigentlich gar nicht, ich weiß auch nicht… aber zu spät. Ich sehe Alinas Augen funkeln vor Zorn– oder ist es Freude? Und plötzlich hab ich’ne Scheißangst, und ich erschrecke, als mir nasses, kaltes Bier ins Gesicht klatscht. Alina hat mit voller Wucht das Bierglas in mein Gesicht geschüttet und schreit mich an:«Du dreckige Hure!»
Für einen Moment hoff ich, dass es das war, dass es jetzt aufhört, aber da steht Alina auch schon auf und tickt richtig aus.
«Du Opfer traust dich, mich zu beleidigen?»
Und im nächsten Moment spür ich schon die Schmerzen von ihrem Schl