: Nadja Bucher
: Die wilde Gärtnerin
: Milena Verlag
: 9783902950062
: 1
: CHF 12.60
:
: Erzählende Literatur
: German
: 349
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Action im Gartenidyll! Kompost versus Komplott. Helen sucht ihr Heil im Garten, Berta will die Weltwirtschaft vom Übel befreien. In diesem top-aktuellen Roman prallen zwei moderne Weltbilder aufeinander, plus eine Wiener Familiengeschichte. Hände hoch, Geld oder Umwelt? Lachen erlaubt, Grübeln auch. Helen Cerny lebt zurückgezogen in ihrem Stadthaus und widmet ihr Leben dem liebevoll angelegten Garten und ihrer Komposttoilette. Das aktuelle Weltgeschehen interessiert sie nicht mehr, bis - ihr gegenüber eine neue Nachbarin einzieht. Berta ist das genaue Gegenteil von Helen, sie will die Welt durch Taten und Aktionen verändern. Bald dringen irritierende Schlagzeilen ins Gartenidyll, ein Waffenlobbyist erleidet einen Jagdunfall, Pensionsvorsorgefonds werden gehackt, die Aufregung nimmt schier kein Ende. Der ganz große Knall kommt, als Helens Freundin Toni zu einem alternativen Sommerfestival im Garten einlädt ... Parallel zum Geschehen in der Gegenwart erzählt Nadja Bucher Helens Familiengeschichte. Eine Generation folgt der nächsten und trägt doch immer schwere Rucksäcke mit den Altlasten der vorigen mit sich. Einmal mehr bewahrheitet sich die ewige Gewissheit: Alles ist anders, als man denkt.

Nadja Bucher lebt in Wien. Studium der Germanistik und Kunstgeschichte in Wien und Sussex/UK. Poetry-slamt, performt Kurzgeschichten mit starken dramatischen Einschlägen, war jahrelang als Mademoiselle Bücher bei der Satire Show 'DIENSTAG NACH VORSCHRIFT' im Theater Forum Schwechat tätig. Seit 2007 Mitglied der monatlichen Lesebühne DOGMA CHRONIK ARSCHTRITT. Letzte Veröffentlichung in: How I fucked Jamal, Hg. von Mieze Medusa u. Cornelia Travnicek (Milena, 2010)

+++ Bildung einerÜbergangsregierung in Griechenland +++ Skandal um Schmiergeld bei Waffenkauf +++ Klage wegen Vergewaltigung gegen Ex-IWF-Chef trotz Geldangebot nicht zurückgezogen +++ Drastischer Sparkurs in Frankreich +++ Italiens Minister-präsident tritt zurück +++ UniCredit schreibt zehn Milliarden Euro Verlust +++

5.11.

Die langweiligen Bewohner von gegenüber sind weg. Ausgezogen. Das lächerliche Fensterbild klebt noch an der Scheibe. Schaue (fast) den ganzen Tag aus dem Fenster– und merke nichts vom Auszug? Wann haben die gepackt? Wo waren die Umzugskartons? Wo derÜbersiedlungstransporter? Müssen sich einfach geschlichen haben, unauffällig wie sie waren.

Die leere Wohnung schaut sympathisch aus. Harmlos. Unschuldig. Bietet Raum für Spekulationen: Wann kommen neue Mieter? Wie werden sie sein? Wieder Leute, die beim Einsetzen der Dämmerung die Jalousien runterlassen, als hätten sie was zu verbergen in ihrem Vater-Mutter-Kind-Leben? Die Wohnung liegt schräg gegenüber, etwas tiefer als meine, wie ein Puppentheater, auf dem alles spiel- und denkbar ist. Beinahe aufregend.

Toni hat heute Morgen einen ansehnlichen Haufen Tannenreisig in die Einfahrt gelegt. Obenauf eine Karte:»Von der Wiener Stadtgärtnerei«. Decke damit Zuckerhut, Brokkoli und Endivien zu. Die ersten Frostnächte sind im Anmarsch. Passend dazu kommt am Nachmittag die Holzlieferung. Staple einen Kubikmeter Buchenscheiter in meinen Geräteraum. Nehme einen vollen Korb nach oben.

Toni schaut abends vorbei. Essen Palatschinken mit Karfiolfüllung. Bedanke mich für das Reisig. Heizen Ofen an. Freue michüber neue Asche für meine Toilette.

8.11.

Knacken heute Vormittag die Früchte meines alten Herrn, des Nussbaums. Anstrengend. Muss fünfmal zum Kompost gehen, bis alle Schalen entfernt sind g müssen in tiefere Schichten eingearbeitet werden, sonst dauert die Zersetzung zu lange. Toni verzieht sich währenddessen in ihre Wohnung und kommt gegen zwei mit einer Apfel-Zeller-Suppe vorbei. Lässt nichts zu wünschenübrig. Als Nachtisch gibt es Nussbeugerl. Unsere Walnüsse sind aromatisch und fettig, freue mich auf kommende Nussnudeln, Nussstrudel, Kekse und mehr aus Tonis Backstube. Der alte Herr steht nun abgeerntet mit braunen Blättern im Garten g nichtsdestoweniger majestätisch.

Höre am Nachmittag»Tonspuren«, später»Dimensionen«. Lese dazwischen. Verdauung beinahe tadellos: wurstartig geformt, mit Furchen.

10.11.

Die Räume drüben sind noch immer leer. Wie ein Vogelnest, das auf den Frühling und neue Bewohner wartet. Oder warte nur ich?

Kontrolliere Lageräpfel im Geräteraum. Verkoche weicheÄpfel zu Mus und Kompott. Wohnung duftet herrlich nach Zimt, Gewürznelken und Sternanis. Als Toni zum Mittagessen mit Rotkraut und Erdäpfelknödeln ankommt, steigt heimeliger Schimmer in ihre Pupillen.

»Wir kochen Kerzen ein«, beschließt sie.»Darf ich ein paar von der Gruppe einladen?«, fragt sie, obwohl sie meine Antwort genau kennt: auf keinen Fall! Toni kann es nur darauf ankommen, mich aus der Reserve zu locken. Sie hat nach dem Essen zwei Kundinnen, danach machen wir unsüber ihre (unzähligen) Kerzenreste her. Schmelzen sie ein, reinigen das flüssige Wachs, fügen getrocknete Rosenblätter von meinen Stöcken bei, gießen es in Kuchen- und Muffinsbackformen, bringen Dochte an und lassen sie am Fensterbrett zu Kerzen auskühlen. Jetzt riecht es hier endgültig wie auf dem Weihnachtsmarkt. Ein weiterer Grund, nicht rauszugehen.

11.11.

Entferne am Vormittag neben dem Komposthaufen die Grasnarbe bis zur Sandschicht. Hebe Sand au