Kapitel 1
Dieser Story konnte einfach kein Reporter widerstehen.
Eine Stalkerin, die in der Wahnvorstellung lebte, sie wäre mit dem berühmten Schauspieler Dayne Matthews verheiratet. Die Anklage der Staatsanwaltschaft gegen diese geisteskranke Frau, die urplötzlich in der romantischen Bucht von Paradise Cove aus der Dunkelheit aufgetaucht war und versucht hatte, eine Mitarbeiterin von Dayne zu ermorden. Dayne Matthews’ heldenhafte Rettung seiner Mitarbeiterin. Dazu die Fotos, auf denen er einige Zeit vorher in der Nähe dieses Strandes eine unbekannte Frau geküsst hatte, und der Umstand, dass es bis jetzt niemandem gelungen war herauszufinden, wer diese Frau war.
Es spielte keine Rolle, dass es sich heute nur um die Aufnahme von Zeugenaussagen im Vorfeld des Prozesses handelte. Ein großes Aufgebot anÜbertragungswagen, Reportern und Fotografen umschwärmte an diesem Januarmorgen in der Hoffnung, einen Blick auf den Star zu erhaschen, und gierig nach neuen Details den Eingang zum Gerichtsgebäude von Los Angeles.
Dayne Matthews saß auf dem Rücksitz eines schwarzen Mietwagens. Sein Anwalt, Joe Morris, saß am Steuer. Sie standen an einer roten Ampel vor dem Gerichtsgebäude und konnten alles gut beobachten. Fernsehleute, Zeitungsreporter und Fotografen der Boulevardpresse drängten sich auf dem Gehweg, suchten den besten Blickwinkel, den geringsten Schatten, steckten Kabel zusammen und stellten ihre Linsen scharf, während sie darauf warteten, dass er endlich auftauchte.
„Sie sind mit ihrer vollen Ausrüstung gekommen.“ Joe lenkte den Wagen auf den Parkplatz.
„Sie lieben eine gute Story.“ Die heutige Zeitung lag auf dem Sitz neben Dayne. Er nahm sie in die Hand. Sein Pressesprecher hatte eine Mitteilung herausgegeben und die Informationen bewusst knapp gehalten. In dem Artikel stand:Dayne Matthews und seine Mitarbeiterin, deren Name nicht genannt wurde, erscheinen heute Morgen vor Gericht, um im Fall gegen die Stalkerin Margie Madden ihre Zeugenaussagen zu machen.
Dayne schmunzelte. Katy würde erst eine halbe Stunde nach ihm ins Gerichtsgebäude kommen, und sie war viel mehr als nur eine Mitarbeiterin, auch wenn die Medien und die Polizei sie von Anfang an nur als solche gesehen hatten. Eine„Mitarbeiterin“, die ihm angeblich geholfen hatte, eine geeignete Stelle für die Dreharbeiten des nächsten Films zu suchen. Da Katy unbekannt war und ihren Namen bis zur Verhandlung nicht preisgeben musste, brauchte niemand zu wissen, dass sie selbst eine Schauspielerin war und die weibliche Hauptrolle inDream On abgelehnt hatte oder dass sie in Bloomington, Indiana, lebte. Die Boulevardblätter hatten ein Foto, auf dem er an jenem Abend einige Zeit vorher eine Frau geküsst hatte; er hatte erklärt, dass sie eine Schauspielerin sei, die anonym bleiben wolle. Die Medien hatten die zwei Geschichten nie zusammengebracht.
„Gehen wir.“ Sein Anwalt atmete laut hörbar aus und stellte den Motor aus.„Es wird eine Weile dauern, bis wir uns einen Weg durch diesen Pulk gebahnt haben.“
Dayneöffnete die Wagentür. Die Erklärung, die er der Presse und der Polizei gegeben hatte, hatte so große Lücken, dass ein Zug durchpassen würde, aber nichts davon war gelogen. Nicht wirklich. Katy war in einem gewissen Sinn für kurze Zeit seine Mitarbeiterin gewesen. Und die Polizei interessierte sich nicht für die Fotos in den Boulevardblättern, auf denen er irgendeine Frau am Strand küsste. Schließlich stand nicht er als Angeklagter vor Gericht.
Sondern Margie Madden.
Mit dieser Erklärung gewannen sie Zeit. Auf diese Weise konnten sie Katy so lange wie möglich vor den Blitzlichtgewittern fernhalten. Wenn die Presse dann irgendwann ihre Zeugenaussage hören und ihren Namen erfahren und herausfinden würde, dass sie daran gedacht hatte, die Rolle inDream On zuübernehmen, wäre der Film schon in den Kinos und Katy wäre nur ein kleiner Aspekt der Geschichte.
Dayne und Joe marschierten mit schnellen Schritten dicht nebeneinander her. Joe war eigens aus New York City nach Los Angeles geflogen, obwohl seine Anwesenheit nicht unbedingt erforderlich gewesen wäre. Die Staatsanwaltschaft führte die Zeugenvernehmung durch, und normalerweise brauchten Zeugen keinen Anwalt. Aber bei Dayne war das anders. Seinöffentliches Erscheinungsbild stand jedes Mal, wenn er etwas sagte oder tat, das mit der Polizei oder dem Gericht zu tun hatte, auf dem Prüfstein. Sein Anwalt plante sogar, jemanden aus seinem New Yorker Büro nach Los Angeles zu schicken, der während des Prozesses im Mai ständig an Daynes Seite bleiben sollte.
Sie waren noch dreißig Meter vom Gerichtsgebäude entfernt, als der Reporterschwarm von Daynes Ankunft Wind bekam. Eilig drehten sie sich herum und richteten ihre Kameras auf ihn. Einige adrett gekleidete Nachrichtensprecher schoben sich mit großen Mikrofonen in den Händen vor die anderen Reporter. Je größer der Nachrichtensender war, umso größer war die Wahrscheinl