Probleme am Boden
Pferde, die sich nicht einfangen lassen
Ich schaute der Veranstaltung eines berühmten Trainers zu, wie man ein schwer einzufangendes Pferd einfing. Ich konnte mir nicht helfen, aber mir kam es so vor, als sei ich in eine Wunderheiler-Show geraten, als er die Wirkung seines speziell entwickelten Führstricks anpries, mit dem er das Pferd angeblich dazu brachte, den fünfzehn Meter großen Pen zu umrunden. Es war das gleiche Seil, das er nach der Veranstaltung verkaufen würde. Er hatte es zwar nicht so deutlich gesagt, aber angedeutet, dass seine spezielle Einfangmethode ohne die Magie dieses Führstricks nicht ganz, oder zumindest nicht so gut funktionieren würde. Dreißig Minuten lang hatte er das Tier mit voller Geschwindigkeit galoppieren lassen, bis er es schließlich durch Herumwirbeln des Seiles zum Stehen brachte. Das erschöpfte Pferd blieb sofort stehen. Langsam ging der Trainer auf das Pferd zu, das aussah, als wäre es viel zu entkräftet, um Angst zu empfinden und klopfte ihm sanft den schweißnassen Hals.
Ein erstauntes Raunen ging durch die Menge angesichts der Leichtigkeit, mit der er sich dem vorher scheinbar unnahbaren Pferd genähert hatte. Das Raunen wurde noch lauter, als er sich umdrehte und zurückging zur Mitte des Pen. Kraftlos lief das Pferd hinter ihm her, als wäre es ein herrenloser Welpe, der einem kleinen Jungen in sein neues Heim folgte.
„Ist das nicht erstaunlich?“ hörte ich eine Frau, die neben mir saß, zu ihrer Freundin sagen.
„Erstaunlich“ ist eine Möglichkeit dies zu beschreiben, dachte ich, allerdings wäre„Taschenspieler-Trick“ eine treffendere Beschreibung gewesen. Die meisten Leute, die an diesem Tag als Zuschauer auf der Tribüne gesessen hatten, schienen durchschnittliche Hinterhof-Pferdebesitzer zu sein. Leute also, die nicht von Pferden lebten, sondern ausschließlich in ihrer Freizeit ritten. Ich bin sicher, dass das, was sie soeben erlebt hatten, in ihren Augen tatsächlich so etwas wie Zauberei war. Um so mehr, da sie mit eigenen Ohren die Versprechungen des Trainers gehört hatten, auch sie würden diese Zauberkraft besitzen, wenn sie nur das Seil kauften, in welchem allein die Zauberkraft lag.
Natürlich war in allem, was er vorgeführt hatte,überhaupt keine Magie und es bestand keine Notwendigkeit, einen speziell entwickelten Führstrick zu besitzen, um ein schwer einzufangendes Pferd zu fangen. Man braucht nicht mehr als ein wenig Verständnis, das nötige Wissen und das richtige Timing. Natürlich ist es geschäftsschädigend, wenn man so etwas sagt, aber das ist egal, denn ich habe nie versucht, magische Führstricke zu verkaufen.
Ich muss allerdings zugeben, dass ich genau weiß, was die Zuschauer an diesem Seminar-Tag empfunden haben. Wird man Zeuge dieser Leichtigkeit, mit der es ein Trainer schafft, etwas zu erreichen, das für einen selbst extrem schwierig, wenn nicht gar unmöglich ist, dann erscheint einem dies wie eine Offenbarung. Ich erinnere mich, wie ich dem alten Mann das erste Mal dabei zugesehen habe, als er hinausging, um ein Pferd einzufangen, dem sich niemand sonst nähern konnte. Das war für mich wie eine Offenbarung. Er hatte es aber nicht nötig, es mir als solche zu verkaufen. Stattdessen hatte er sich die Zeit genommen, um mir zu erklären, dass er es dem Pferd erlaubte sich wohlzufühlen, sodass es das Einfangen nicht als unangenehm empfand.
Der Trainer hatte mit seiner Demonstration eine Variation genau dieser Idee vorgeführt. Mit dem Unterschied, dass er dem Pferd nicht soviel Zeit gegönnt hatte, die Vorstellung, eingefangen zu werden, als angenehm zu empfinden. Stattdessen hatte er das Pferd so müde gemacht, dass es gar keine andere Möglichkeit hatte. Er hatte den Zuschauern diese Tatsache als seine besondere Fähigkeit verkauft, mit dem Pferd kommunizieren zu können und behauptete nun, dass das Pferd ihn verstanden hä