: Renate Klöppel
: Schlangensaat Kriminalroman
: Piper Verlag
: 9783492980449
: Alexander Kilian
: 1
: CHF 2.70
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 256
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Spätabends kommt Professor Alexander Kilian in sein Institut an der Freiburger Universität, um sich mit der Studentin Xenia Elytis zu treffen, doch zu seinem Entsetzen findet er sie in einem Labor tot am Boden liegend. Im Gegensatz zur Polizei ist er fest davon überzeugt, dass sie umgebracht wurde. Zu seinem eigenen Schutz verschweigt er, was ihn wirklich mit der attraktiven jungen Frau verband, und beginnt die Suche nach ihrem Mörder. Dabei zieht sich das Netz aus Lügen und Intrigen, in das sich Kilian verstrickt hat, immer weiter zu, bis auch sein eigenes Leben auf dem Spiel steht ...

Renate Klöppel, geboren 1948 in Hannover, ist Kinderärztin und Diplommusiklehrerin. Sie unterrichtete zwanzig Jahre an der Musikhochschule Trossingen und war ebenso lange als Schulärztin an einer Schule für Körperbehinderte tätig. Sie schrieb vier Sachbücher, von denen Übersetzungen ins Polnische, Tschechische, Italienische, Spanische und Chinesische vorliegen. 2004 veröffentlichte sie die viel beachtete und mit dem Horst Joachim Rheindorf-Literaturpreis ausgezeichnete Lebensgeschichte einer schizophrenen Malerin unter dem Titel »Die Schattenseite des Mondes«. Von den sechs Kriminalromanen um den Freiburger Professor Alexander Kilian erschienen die letzten drei mit den Titeln »Der Kapuzenmann«, »Schlangensaat« und »Blutroter Himmel« im Piper Verlag.

Warum er? Warum musste ausgerechnet er die Tote finden? Diese Tote. Hier in seinem Institut, wo er sie nicht einmal zu Lebzeiten hatte sehen wollen.

Alexander Kilian starrte in das leblose Gesicht. Er brauchte die Frau nicht zu berühren, um zu wissen, dass er ihr nicht mehr helfen konnte.

Sie lag auf dem Rücken vor der großen Beckmann-Ultrazentrifuge auf dem gefliesten Boden des Zelllabors, den Kopf leicht zur Seite gedreht. Der Mund war geöffnet und der Unterkiefer der Schwerkraft folgend zur Seite abgesunken. Die halb geschlossenen dunklen Augen gaben der Toten den schläfrig-sinnlichen Ausdruck, der ihn an der Lebenden gleichermaßen fasziniert wie abgestoßen hatte. Sie war sehr blass. Wie Wachs, dachte er, wie weiße Kerzen auf einem Altar, und er fragte sich, ob Tote immer so aussahen. Oder war das, was sie zu Boden geworfen hatte, doch nur eine Ohnmacht, aus der es ein Erwachen gab? Er war Mediziner, aber Wissenschaftler, und als Professor für Molekulargenetik sah er keine Toten.

Alexander Kilian beugte sich zu dem reglosen Körper herunter, berührte neben dem Kragen der engen Bluse den Hals, der noch warm war, suchte den Puls, aber da war kein Herzschlag zu fühlen, gar nichts war da mehr.

Als er sich wieder aufrichtete, stand Schweiß auf seiner Stirn. Er sank auf einen Laborschemel, stützte die Ellenbogen auf den Arbeitstisch und vergrub den Kopf in den Händen. Er musste an einen steilen Hang denken, den er immer weiter hinuntertaumelte, mit jedem Schritt, den er tat, tiefer hinab in den Abgrund, ohne Hoffnung, sich jemals wieder daraus zu befreien. Der Abgrund tat sich immer auf, wenn er an das Geheimnis dachte, das ihn mit dieser Frau verband. Er hatte sich schon aufgetan, als sie noch lebte.

Die Polizei, dachte er, aber er ging nicht zum Telefon, noch nicht. Er ließ sich neben der Toten auf die Knie sinken und strich ihr ganz sanft über das dunkle, schulterlange Haar. Er betrachtete sie lange. Entsetzen, Verzweiflung oder Trauer? Er wusste nicht genau, welches Gefühl am stärksten war. Angst? – Ja. Er hatte Angst, weil diese Frau nicht mehr lebte. Vor allem Angst.

Ein Geräusch erschreckte ihn, und er fuhr zusammen, als hätte ihn jemand bei etwas Verbotenem ertappt. Doch niemand beobachtete ihn, niemand war zu dieser späten Stunde im Labor, nur der große Kühlschrank neben der Tür war angesprungen. Er stand auf, zu hastig, denn das Zimmer fing an, sich um ihn zu drehen. Schwankend und unsicher sank er wieder auf den Laborschemel. Er fühlte sich plötzlich schlecht, als hätte er mit der zarten Berührung der Haare eine unzüchtige Handlung an der Toten vorgenommen.

Endlich hob er den Hörer ab und rief die Polizei. Dann wartete er. Er war froh über die Minuten, die ihm blieben. Er brauchte sie, um sich Antworten auf die Fragen zurechtzulegen, die man ihm stellen würde. Wie gut kannte er die Tote? Er konnte nicht leugnen, sie überhaupt gekannt zu haben. Xenia Elytis. Frau Brändle hatte ein gutes Gedächtnis. Seine Sekretärin würde sich erinnern, dass sich die Tote wegen einer Doktorarbeit bei ihm beworben hatte. Er hatte abgelehnt, weil er Verwicklungen befürchtete, schon damals. Sieben oder acht Monate lag ihr erster Auftritt in seinem Institut zurück. Und seither? Er würde zugeben müssen, dass es nicht bei dieser einen Begegnung geblieben war.

Aber was auch immer ihn mit dieser Frau verband, mit ihrem Tod hatte er nichts zu tun. Gar nichts. Die Polizei würde ihm glauben und ihn nicht mit unangenehmen Fragen in die Enge treiben. Nicht in dieser Sache. Er war ja nicht einmal da gewesen, als sie noch lebte, noch viel weniger im Augenblick ihres Todes.

Dieses bleiche Gesicht! Er hatte nicht die geringst