: Katja Schwab
: Das kleine Handbuch für mehr Gelassenheit im Alltag
: Kreuz
: 9783451800238
: 1
: CHF 10.80
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: Lebensführung, Persönliche Entwicklung
: German
: 160
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Ärger im Büro, Vordrängler beim Einkauf, Streit mit der Tochter, Zug verpasst ... Wie oft wünschen wir uns trotz allem entspannt zu sein! Wie können wir gelassener werden? Ausgehend von Alltagsszenen oder psychologischen Studien lädt Katja Schwab auf einprägsame Weise zu mehr Gelassenheit ein. Mit Beiträgen zu Situationen im Job, in der Familie und in der Liebe macht sie Lust darauf, mehr Gelassenheit einzuüben, zu pflegen - und zu genießen.

Katja Schwab ist Diplompsychologin, Verhaltens- und Kommunikationstrainerin, systemische Körperpsychotherapeutin, zudem derzeit in Ausbildung zur tiefenpsychologisch fundierten Psychotherpeutin. Sie arbeitet als Dozentin für Psychologie und als Wissenschaftsjournalistin und lebt in Berlin.

Arbeit& Beruf


Fheler– kein Erfolg ohne Misserfolg


Es gibt Berufe, die man (nicht) hätte wählen sollen. Es gibt Menschen, die man (nicht) hätte heiraten sollen. Es gibt Dinge, die man (nicht) hätte kaufen sollen. Es gibt Risiken, die man (nicht) hätte eingehen sollen. Es gibt Chancen, die man (nicht) hätte ergreifen sollen. Es gibt viele Entscheidungen, die man hätte treffen sollen oder die man eben nicht hätte treffen sollen. Wir alle machen Fehler.

Fehler sind unangenehm. Man will sie nicht haben. Man will sie nicht machen. Und doch ist irren menschlich, wie jeder von uns weiß. Und zwar zu ungefähr 60 bis 90 Prozent. Wenn irgendwo irgendetwas Schlimmes passiert, geht das meistens auf menschliches Versagen zurück, etwa bei Auto- und Arbeitsunfällen zu 90 Prozent und bei Flugzeugabstürzen zu 70 Prozent.45 Rechnet man mit, dass Menschen die Technik erfunden haben, liegen wir sogar bei 100 Prozent Fehlerverursachung.

Fehler wollen wir in der Regel vermeiden. Auch wenn in der Theorie seitenlange Abhandlungenüber die vielfältigen Vorteile der Fehlertoleranz geschrieben werden, sind wir in der Praxis weit von einer vernünftigen Fehlerkultur entfernt.»Es gibt repräsentative Untersuchungen zur Frage, wie man in verschiedenen Kulturen und Nationen mit Fehlern umgeht. Unter 61 analysierten Staaten hat es Deutschland dabei auf den vorletzten Platz– vor Singapur– geschafft«, bedauert Professor Michael Frese, Fehlerforscher an der Justus-Liebig-Universität Gießen.46 In unserer Gesellschaft sind Fehler nichts Gutes. Möglicherweise haben wir das in der Schule gelernt: Fehler führen zu schlechten Noten. Aber auch die Medien verzeihen Fehler von Menschen, die zum Beispiel in derÖffentlichkeit stehen, nicht.»Verwunderlich ist die Angst vorm Fehler, vorm Versagen und Scheitern nicht. Deshalb wird vertuscht und geschwiegen«, sagt Frese,»und wir verlieren enorme Chancen dadurch.« Ohne Fehler leben wir in einer Kultur, in der niemand etwas dazulernt.

Dabei steckt in dem Wort»Fehler« bereits eine andere Sichtweise. Schauen Sie sich einmal genau die Buchstaben an: F E H L E R. Fehler sind H E L F E R. Jeder Fehler, den ich mache, gibt mir die Möglichkeit, zu erkennen, dass ich dazulernen kann. Wer Erfolg haben wolle, der verdopple seine Fehlerrate, soll einst Thomas Watson, der Gründer von IBM, gesagt haben. Viele Menschen denken, dass die Wegweiser Erfolg und Misserfolg in zwei verschiedene Richtungen zeigen. Sobald sie scheitern, kehren sie– im Glauben, den falschen Weg eingeschlagen zu haben– um. Dabei gehören Erfolg und Misserfolg zusammen, denn das Scheitern ist ein wichtiger Aspekt des Erfolges. Wenn kleine Kinder laufen lernen, fallen sie oft hin. Aber dann stehen sie wieder auf und versuchen es weiter, bis sie die ersten erfolgreichen Schritte tun. Eine von vielen Erfolgsgeschichten, die auf vielen Misserfolgen aufbaut und dem Wunsch, es zu schaffen. Kinder lernen auch, wenn sie größer werden, dass Stürze schmerzen. Die Angst zu versagen ist erlernt, denn unsere Gesellschaft belohnt den Erfolg, nicht den Misserfolg. Möglicherweise neigen wir unter anderem deshalb dazu, immer andere für das eigene Scheitern verantwortlich zu machen. Aber es bringt nichts, sich einzureden, die Familie, die Chefin oder der Kollege seien schuld an den Misserfolgen. Verzichten Sie auf die Schuldfrage. Wenn wir nicht die Verantwortung für das Geschehenübernehmen, können wir auch nichtsändern. Wir bleiben so lange hilflos, solange wir glauben, keine Kontrolleüber die Situation zu haben. Wir können die anderen nichtändern, wir können nur selbst etwasändern. Wir haben nur Kontrolleüber die Dinge, die wir selbst in der Hand haben. Es bringt wenig, sichüber die Fehler, die andere Menschen haben und machen, zuärgern. Diese Dinge liegen in der Regel außerhalb unseres Einflussbereiches. Aber wir können schauen, wiewir mit der Situation umgehen können. Um Alternativen zu finden, müssen wir sie auch suchen.

Stellen Sie sich auf der einen Seite all Ihre schmerzvollen Momente des Scheiterns, all Ihre Niederlagen vor, und auf der anderen Seite all Ihre Erfolge. Welche Erinnerungen würden Sie lieber behalten, wenn Sie auf eine Seite vollständig verzichten müssten? Aus Fehlern wird man klug. Fehler und Misserfolge holen uns aus der Komfortzone. Alltägliche Routine, liebgewonnene Rituale, kuschelige Gewohnheiten oder eingespielte Abläufe– Fehler im System zwingen uns zum Nachdenken. Und trotzdem ist