: Angelika Glöckner
: Lieber Vater, liebe Mutter... Sich von den Schatten der Kindheit befreien
: Kreuz
: 9783451800443
: 1
: CHF 8.00
:
: Lebensführung, Persönliche Entwicklung
: German
: 216
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Die Autorin zeigt lebendig und anschaulich, wie sich jeder vom zürnenden und klagenden Blick in seine Kindheit befreien kann und zu einer wohlwollenden, zustimmenden Rückschau auf seine Kindheit und seine Eltern kommt. Und damit schafft er eine stabile, tragfähige Basis für ein zufriedenes, glückliches Leben .

Angelika Glöckner ist langjährige Lehrtherapeutin der Deutschen Gesellschaft für Transaktionsanalyse. Eine der bedeutendsten Persönlichkeiten der deutschsprachigen TA-Szene. Praktiziert in Heidelberg.

II. Zum Thema Rituale und ritueller Satzvollzug


Im folgenden möchte ich eine Einführung zu diesem Gedankengut machen. Mir Bedeutsames zum Thema Rituale will ich Ihnen nahebringen, Ihnen helfen, das Verständnis für rituelle Vollzüge zu vertiefen und den persönlichen Gebrauch (im Verlauf des Buches) zu erleichtern. Den heilenden Effektüber das geschriebene Wort spürbar zu machen ist nicht unbedingt leicht, doch wo Sie späterhin vielleicht den Mut haben, angebotene Sätze selbst auszusprechen, wird Ihnen die Wirkung begreifbar werden.

1. Was ist ein Ritual? (Definition)


Ganz allgemein betrachtet ist ein Ritual ein menschliches Widmungsverhalten, das in verschiedenen Zusammenhängen und für verschiedene ZweckeÜbergänge symbolisiert und Veränderungen markiert.

Ein solcher Brauch besteht aus einer regulären Abfolge von Schritten, am rechten Ort und zur rechten Zeit getan. Ein Ritual geschieht in Worten, Gesten und/oder Handlungen und verbindet den Ausübenden mit bestimmten Werten, Idealen, Absichten und Seinsebenen.

1.1 Bestimmte Begrüßungsrituale der Japaner, z. B. Teezeremonien markieren denÜbergang vom Nichtkennen des Gegenübers zum Kennenlernen und sind oft mit einer Geste der Würdigung (Verbeugung) verbunden. Sie erleichtern z. B. denÜbergang zu einer sachbezogenen Diskussion in gesellschaftlichen Zusammenhängen und bereiten durch die Ritualisierung des Wertes„Höflichkeit“ das Klima für eine fruchtbare Zusammenarbeit.

1.2 Danksagungsritual

In einer Therapiegruppe wird eine Familienkonstellation aufgestellt. Der Klient stellt sein Gegenwartssystem mit seiner Frau und den beiden gemeinsamen Kindern (einige Gruppenmitglieder stehen für die Beteiligten). Hinzu kommen 4 Kinder aus der 1. Ehe des Mannes (zum Zeitpunkt des Stellens 6–14 Jahre alt). Nach dem Tod der 1. Frau (Krankheit)übernahm die 2. Frau die Kinder und versorgte sie zuverlässig und engagiert. Es stellt sich heraus, daß der Mann ihren Einsatz zu wenig zu würdigen wußte, und diese seit Jahren ausgebliebene Würdigung wird im Ritual nachgeholt und vollzogen. Der Mann steht seiner jetzigen Frau gegenüber und sagt zu ihr:„Du hast für meine Kinder gesorgt und mich unterstützt. Ich danke dir und will deinen Einsatz achten und beachten, dies jetzt und in Zukunft.“

Hier wird, wie auch oft bei Ritualen anderer Art, eine Absicht im Kontakt lebendig gemacht und durch langsames und konzentriertes Aussprechen bekräftigt.

Mann und Frau (für letztere steht ein Gruppenmitglied) sind beide bewegt, und der Mann findet Tage später einen Weg, seiner 2. Frau auch real zu danken.

2. Formen des Rituals (wichtige Unterschiede)


Es gibt ein weitgefächertes Spektrum möglicher Rituale. Sie unterscheiden sich sehr in Absicht und Auswirkung.

2.1 Das„entleerte“ und das„gefüllte“ Ritual

Manche Rituale habenüber die Zeit ihren Gehalt eingebüßt und sind„leer“ geworden: Ihre Bedeutung ist verlorengegangen, und die Seele bleibt bei ihrem Vollzug unberührt. So kann in der„modernen“ Welt ein religiöser Brauch wie Abendmahl– Kommunion– eine entfremdete und gewohnheitsmäßige Handlung geworden sein („entleertes“ Ritual) oder auch von tiefgreifender seelischer Wirksamkeit sein: Dann verbindet sie den jungen Menschen seiner religiösen Neigung und nimmt ihn in die Gemeinschaft der Gläubigen auf („gefülltes“ Ritual).

2.2 Das nicht-magische und magische Ritual

Beim nicht-magischen Ritual geht es häufig um den Austausch von Förmlichkeiten, Gewohnheiten und Zweckmäßigkeiten: z. B. das zuvor erwähnte Teetrinkritual der Japaner, der tägliche Abschiedskuß der Partner beim morgendlichen Auseinandergehen oder auch Alltagsrituale wie Gutenachtgeschichten für Kinder. Solcherlei Rituale helfen oft den Tag zu strukturieren, vermögen durch ihre regelmäßige Wiederholung Ruhe in den Ablauf der Tage zu bringen, und sie können recht bedeutsam für die Seele sein, soweit sie„gefüllt“ und nicht„entleert“ sind.

Das magische Ritual gehtüber die Einflußsphäre des gewöhnlichen Bewußtseins hinaus und verbindet den Menschen anderen Seinsebenen: Es berührt die Welt desÜbersinnlichen (das, wasüber die Sinne hinaus geht).

So wissen wir z. B. von indianischen oder auch afrikanischen Stämmen, daß sie die Geisterwelt anrufen oder sich die