: Richard Wagner
: Wer als Meister ward geboren... Briefe und Schriften. Wagner ganz privat
: Edition Erdmann in der marixverlag GmbH
: 9783843803366
: 1
: CHF 7.00
:
: Briefe, Tagebücher
: German
: 224
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Richard Wagners Einfluss auf die europäische Kulturgeschichte ist unschätzbar, sein muskalisches Genie über jeden Zweifel erhaben. Und doch polarisiert Wagner als Denker wie als Künstler bis heute. Wer sich für den Menschen hinter dem unsterblichen Werk interessiert, kommt an der Lektüre der vorliegenden Auswahl seiner Briefe nicht vorbei. Wagner zeigt sich darin als leidenschaftlicher Liebhaber und sorgender Ehemann, Egomane und reflektierter Kritiker, als problematischer politischer Denker und einflussreicher Kunstphilosoph.

Richard Wagner wurde 1813 in Leipzig geboren. 1825 schreibt Wagner erste Gedichte und nimmt Klavierunterricht.. Von 1828 bis 1830 besucht Wagner das Gymnasium in Leipzig. Gleichzeitig erhält er Unterricht in Harmonielehre durch Christian Gottlieb Müller. Kleiner Kompositionen folgen. Sein Studium der Kompositionslehre nimmt er im Jahre 1831 auf. Seine ersten Opern entstehen zwischen 1834 und 1840. Im Jahr 1839 muss Wagner mit seiner Ehefrau Minna nach Paris fliehen. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland wird er 1843 zum sächsischen Hofkapellmeister ernannt. In den darauffolgenden Jahren komponiert Wagner seine bekanntesten Werke. 1872 siedelt er nach Bayreuth um, wo 1876 das Festspielhaus mit der Premiere des 'Rings der Nibelungen' eröffnet wird. Am 13. Februar 1883 stirbt Wagner in Venedig an einem Herzanfall.

Ich bin jetzt mit der Ausarbeitung der ersten Hälfte meines Aktes beschäftigt. Über die leidenden Stellen komme ich immer nur mit großem Zeitaufwand hinweg; ich kann da im guten Fall in einem Zuge nur sehr wenig fertigbringen. Die frischen, lebhaften, feurigen Partien gehen dann ungleich rascher vonstatten: So lebe ich auch bei der technischen Ausführung „leidvoll und freudvoll“ alles mit durch und hänge ganz vom Gegenstande ab. Dieser letzte Akt ist nun ein wahres Wechselfieber: tiefstes, unerhörtestes Leiden und Schmachten und dann unmittelbar unerhörtester Jubel und Juchzen. Weiß Gott, so ernst hat’s noch keiner mit der Sache genommen, und Semper hat recht. Das hat mich auch allerneuestens wieder gegen den Parzival gestimmt. Es ging mir kürzlich nämlich wieder auf, dass dies wieder eine grundböse Arbeit werden müsse. Genau betrachtet istAnfortas der Mittelpunkt und Hauptgegenstand. Das ist denn nun aber keine üble Geschichte das. Denken Sie um des Himmels willen, was da los ist! Mir wurde das plötzlich schrecklich klar: Es ist mein Tristan des dritten Aktes mit einer undenklichen Steigerung. Die Speerwunde, und wohl noch eine andre, im Herzen, kennt der Arme in seinen fürchterlichen Schmerzen keine andre Sehnsucht, als die zu sterben; dies höchste Labsal zu gewinnen, verlangt es ihn immer wieder nach dem Anblick des Grals, ob der ihm wenigstens die Wunden schlösse, denn alles andre ist ja unvermögend, nichts, nichts vermag zu helfen: Aber der Gral gibt ihm immer nur das eine wieder, eben dass ernicht sterben kann; gerade sein Anblick vermehrt aber nur seine Qualen, indem er ihnen noch Unsterblichkeit gibt. Der Gral ist nun, nachmeiner Auffassung, die Trinkschale des Abendmahles, in welcher Joseph von Arimathia das Blut des Heilands am Kreuze auffing. Welche furchtbare Bedeutung gewinnt nun hier das Verhältnis des Anfortas zu diesem Wunderkelch;er, mit derselben Wunde behaftet, die ihm der Speer eines Nebenbuhlers in einem leidenschaftlichen Liebesabenteuer geschlagen, er muss zu seiner einzigen Labung sich nach dem Segen des Blutes sehnen, das einst aus der gleichen Speerwunde des Heilands floss, als dieser, weltentsagend, welterlösend, weltleidend am Kreuze schmachtete! Blut um Blut, Wunde um Wunde – aber hier und dort, welche Kluft zwischen diesem Blute, dieser Wunde! Ganz hingerissen, ganz Anbetung, ganz Entzückung bei der