Hinter der Turnhalle
Es war ein trüber Herbsttag und Jill Pole stand hinter der Turnhalle und weinte.
Sie weinte, weil sie sie gepiesackt hatten. Da dies keine Schulgeschichte werden soll, werde ichüber Jills Schule so wenig wie möglich sagen, denn sie ist kein erfreuliches Thema. Sie war»koedukativ«; das heißt, Jungen und Mädchen wurden durcheinander unterrichtet, wie man früher sagte. Manche meinten allerdings, es ginge dort nicht annähernd so durcheinander zu wie in den Köpfen der Leute, die sie leiteten. Diese Leute hatten die Vorstellung, dass Jungen und Mädchen alles dürfen sollten, was ihnen Spaß macht. Und leider hatten zehn oder fünfzehn von den größten Jungen und Mädchen am meisten Spaß daran, die anderen zu piesacken Da passierten alle möglichen Dinge, ganz miese Sachen, die in einer gewöhnlichen Schule schon nach ein paar Wochen herausgekommen und unterbunden worden wären. Doch an dieser Schule war das nicht so. Oder wenn, dann wurden die Leute, die dahintersteckten, nicht etwa von der Schule geworfen oder bestraft. Die Direktorin sagte lediglich, es seien psychologisch interessante Fälle, ließ sie zu sich kommen und unterhielt sich stundenlang mit ihnen. Und wenn man nur wusste, was man zu der Direktorin sagen musste, hatte das im Großen und Ganzen eher zur Folge, dass man sich bei ihr beliebt machte, als alles andere.
Deshalb stand Jill Pole an jenem trüben Herbsttag auf dem feuchten schmalen Pfad, der zwischen der Rückwand der Turnhalle und den Büschen entlangführte, und weinte. Und sie war noch lange nicht mit dem Weinen fertig, als ein Junge pfeifend und mit den Händen in den Taschen um die Ecke der Turnhalle kam. Beinahe hätte er sie umgerannt.
»Kannst du nicht aufpassen, wo du hingehst?«, fragte Jill Pole.
»Ist ja schon gut«, sagte der Junge,»du brauchst nicht gleich…«, und dann bemerkte er ihr verheultes Gesicht.»He, Pole«, sagte er,»was ist denn los?«
Zur Antwort verzog Jill nur das Gesicht, wie man es macht, wenn man etwas sagen will, aber merkt, dass man gleich wieder anfangen wird zu weinen, sobald man den Mund aufmacht.
»Die mal wieder, schätze ich– wieüblich«, sagte der Junge grimmig und vergrub seine Hände noch tiefer in den Taschen.
Jill nickte. Es war gar nicht nötig, dass sie noch etwas sagte, selbst wenn sie es gekonnt hätte. Sie wussten beide Bescheid.
»Sieh mal«, sagte der Junge.»Es hat doch keinen Zweck, wenn wir alle…«
Er meinte es zwar gut, aber er redete so ziemlich wie einer, der einen Vortrag halten will. Jill platzte plötzlich der Kragen (was leicht passieren kann, wenn man mitten im Weinen unterbrochen worden ist).
»Ach, hau doch ab und kümmere dich um deinen eigenen Kram«, sagte sie.»Hat dich etwa jemand gebeten, dich hier einzumischen? Du bist ja wohl gerade der Richtige, um uns zu sagen, was wir alle tun sollten, oder? Du meinst wohl, wir sollten uns alle ständig beidenen einschleimen und uns lieb Kind machen und um sie herumscharwenzeln so wie du.«
»Och, Mensch!«, sagte der Junge, setzte sich auf die Grasböschung am Ende der Büsche und stand sogleich wieder auf, weil das Gras klatschnass war. Er hatte das Pech, Eustace Scrubb zu heißen, aber er war kein schlechter Kerl.
»Pole!«, sagte er.»Findest du das fair? Habe ich dieses Schuljahr etwa schon mal so etwas gemacht? Habe ich mich etwa nicht wegen des Kaninchens mit Carter angelegt? Und habe ich etwa nicht dichtgehalten, was Spivvins angeht&n