: Leena Lehtolainen
: Das Nest des Teufels Ein Finnland-Krimi
: Rowohlt Verlag Gmbh
: 9783644311619
: Die Leibwächterin
: 1
: CHF 10.00
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 448
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Hilja Ilveskero hat sich als Leibwächterin der frisch verlobten Julia Gerbolt engagieren lassen, die sie zum Skifahren in die Schweiz begleitet. Als sie dort Julias Vater begegnet, fühlt sich Hilja sofort bedroht: Schließlich ist dieser Ivan Gezolian der weißrussische Waffenhändler, den Hiljas Ex-Freund und Agent David Stahl um illegales radioaktives Material erleichtert hat. Als wenig später der als verschollen geltende David selbst vor Hilja steht, stellt sie fest, dass sie noch immer Gefühle für ihn hat. Da David undercover weiterhin versucht, Gezolian zu überführen, steckt Hilja bald tiefer in dem Fall, als ihr lieb ist. Zudem erfährt sie, dass ihr Vater in Kürze Hafturlaub bekommen wird. Der Mörder ihrer Mutter hat auch sie selbst schon bedroht, und so fürchtet Hilja um die Sicherheit ihre Halbschwester. Zurück in Finnland kommt es zu einer Konfrontation, die sie nie wollte. Auch zwischen David und Hilja ist es an der Zeit, Klarheit zu schaffen. Als die beiden Gezolian eine Falle stellen, muss sich erweisen, ob sich Hilja dieses Mal auf David verlassen kann. In einem Showdown auf Leben und Tod schlägt sich Hilja den Weg frei in eine hellere Zukunft.

Leena Lehtolainen, 1964 geboren, lebt und arbeitet als Literaturwissenschaftlerin, Kritikerin und Autorin in Degerby, westlich von Helsinki. Sie ist eine der auch international erfolgreichsten finnischen Schriftstellerinnen, ihre Ermittlerin Maria Kallio gilt nicht nur als eine Art Kultfigur der finnischen Krimiszene, sondern erfreut sich auch bei deutschen Leserinnen und Lesern seit dem Erscheinen des ersten Bandes der Reihe 1994 ungebrochener Beliebtheit.

2


Mike Virtue hätte meine Selbstbeherrschung gelobt. Obwohl in meinem Inneren eine Lawine niederging, zuckte ich mit keiner Wimper.

«Schön, dass wir uns hier treffen.» Gezolian ließ meine Hand los und deutete auf seinen Leibwächter. «Aleksej Petuchkow, Hilja Ilveskero», machte er uns bekannt, wobei er Schwierigkeiten hatte, meinen Familiennamen auszusprechen. «Aleksej Nikolajewitsch hat schon im Dienst unserer Familie gestanden, als Julia noch ein kleines Mädchen war.»

Ich drückte meinem Kollegen kurz die Hand. Wir hatten beide die Aufgabe, unsere Auftraggeber zu schützen, aber Freundschaft brauchten wir deshalb nicht zu schließen. Das wollte ich auf keinen Fall. Lescha arbeitete für einen der schlimmsten Verbrecher, von dem ich je gehört hatte. Ich musste telefonieren, und zwar dringend. Hatte Juri Trankow etwa nicht gewusst, wer Julia Gerbolts Vater war? Man sollte doch annehmen, dass er seine Hausaufgaben gemacht hatte, bevor er sich bei Usko Syrjänen verdingte. Allerdings hatte ja auch ich nur Syrjänen ausgeforscht, nicht Julia.

Iwan Gezolian handelte mit schmutzigen Bomben. Er hatte Usko Syrjänens Geschäftspartner Boris Wasiljew einSR-90-Isotop verkauft, doch dabei war etwas schiefgelaufen, weil einer von Wasiljews Leibwächtern sich als Verräter entpuppt, Syrjänens JachtI believe in die Luft gejagt und das Isotop entwendet hatte. Gerüchten zufolge hatte dieser Mann auch einen Teil der Gezolian zustehenden Kaufsumme in die eigene Tasche gesteckt und stand deshalb auf Gezolians Abschussliste. Gezolian hatte einen Informanten bei der finnischen Zentralkripo gehabt – Martti Rytkönen, den Trankow erschossen hatte. Sicherlich hatte Rytkönen alles an Gezolian weitergegeben, was er über den Mann wusste, der sich das Isotop unter den Nagel gerissen hatte, unter anderem den Namen der finnischen Freundin dieses Mannes. Meinen Namen.

Es war natürlich möglich, dass Gezolian Frauen nicht als gefährliche Gegner betrachtete. Das war jedoch ein magerer Trost, auf den ich nicht bauen durfte. Sekundenlang sah ich ein Fangnetz, das über einen Luchs geworfen wurde. Anschließend brauchten die Jäger nur noch sorgfältig zu zielen, um das teure Fell nicht unnötig zu durchlöchern. Juri Trankow hatte mich in die Falle gelockt. Das war seine Rache, nachdem ich ihn vor den Augen seines Vaters schwer blamiert hatte. Nicht einmal die Tatsache, dass Laitio und ich ihn nach dem Mord an Rytkönen gedeckt hatten, hatte Trankow davon abgehalten, mich an Gezolian auszuliefern.

Gezolian trank Champagner und plauderte auf Russisch mit seiner Tochter. Ich wusste, dass Julia in Moskau geboren und russische Staatsbürgerin war, deshalb war ich nicht auf die Idee gekommen, ihr Vater könnte Weißrusse sein. In der Sowjetzeit hatte man die Einwohner des großen Reiches nach Belieben umgesiedelt. Vielleicht war Gezolian zu dem Schluss gekommen, dass Weißrussland der bessere Standort für seine schmutzigen Geschäfte war. Gegen die Verbrechen, die dort geschahen, war selbst Europol machtlos. Gezolian verstand sich blendend mit dem Präsidenten seines Landes, was in der Praxis bedeutete, dass er über dem Gesetz stand.

Da ich nichts tun konnte, setzte ich mich wieder an den Tisch. Der Espresso war kalt geworden und schmeckte bitter. Ich strengte mich an, um wenigstens Bruchstücke des Gesprächs zwischen Julia und ihrem Vater zu verstehen. Es schien um die bevorstehende Hochzeit zu gehen. Gezolian wollte, dass sie in Witebsk stattfand, aber Julia zögerte.

Seit ich den Dienst als Julia Gerbolts Leibwächterin angetreten hatte, war keine einzige Freundin bei ihr zu Besuch gewesen. Alle Gäste waren Geschäftsfreunde von Syrjänen. Zuerst hatte ich geglaubt, Julias Bekannte seien in Russland zurückgeblieben, dann hatte ich mich gefragt, ob sie überhaupt welche hatte. Doch ihren Vater liebte Julia Gerbolt, und er liebte sie, das konnte selbst dem Dümmsten nicht entgehe