: Andreas Deffner
: Das Kaffeeorakel von Hellas Abenteuer, Alltag und Krise in Griechenland
: Größenwahn Verlag
: 9783942223492
: 1
: CHF 6.20
:
: Erzählende Literatur
: German
: 200
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Das legendäre 'Kaffeeorakel von Hellas' in vollständig überarbeiteter und ergänzter Neuauflage! Was wäre Griechenland ohne Kaffeetrinken? Undenkbar? Und weil es sich in 'parea' viel besser nachdenken und philosophieren lässt, gehört dieses 'In-Gesellschaft-Sein' wie selbstverständlich zum Alltag der Griechen dazu. Der 'ellinikós' - der griechische Mokka - hat das ganze Jahr Saison, und im Sommer wird der Frappé - ein eisgekühlter Kaffee - gemixt. Es dauert nicht lange und es gesellen sich Bekannte und neue Gesichter dazu, Stühle werden gerückt, Geschichten erzählt, Neuigkeiten ausgetauscht und Freundschaften gegründet. Spannender als jeder Krimi. Die Spontanität der Hellenen begünstigt es, dass häufig ein ganz normaler Tag 'relaxt' beim Kaffee im Kafenion beginnt und in irgendeinem ungeahnten Abenteuer endet. Andreas Deffner kennt die Gewohnheiten der Griechen, liebt Kaffee und dementsprechend hat er viele solcher abenteuerlicher Momente erlebt. Seit Jahren ist das Land seine 'zweite Heimat' und er nimmt den Leser mit, fernab von Touristen-Zentren, das unendlich schöne Griechenland zu entdecken. Eine Reise quer durch den Alltag eines Land und seiner Bewohner, das trotz der Finanzkrise, seine authentische Gastfreundlichkeit stets bewahrt hat. In dieser Neuauflage lüftet er zusätzlich Geheimnisse der Griechischen Küche. Zu jedem Kapitel wird das passende Rezept serviert. Denn: Griechenland ohne Essen und Trinken wäre unvollkommen. Von der Wildschweinkeule im Römertopf bis zur Wassermelone mit Feta. 19 Erzählungen laden Sie ein, in das manchmal rätselhaft wirkende Land der Hellenen zu reisen. Und wenn Sie Glück haben, treffen Sie eine der zahlreichen Kaffeesatz-Leserinnen, die auch heute noch in fast jedem Dorf zu finden sind. 'Ela, o kafés sou! - Komm, dein Kaffee!', wird sie sagen und Ihnen die Innenseite Ihrer Tasse zeigen, in der sich der Kaffeesatz zu Bildern geformt hat.

Andreas Deffner, 1974 in Gladbeck geboren, hat lange Zeit im Rheinland gelebt, wohnt heute mit seiner Frau und seinen zwei Söhnen in Potsdam. Seine 'Zweite Heimat' aber ist Griechenland. Seit er nach dem Abitur im Jahr 1993 das erste Mal nach Hellas gefahren ist, war er von Land, Leuten und Kultur begeistert. Und so fährt er, wann immer die Zeit es zulässt, 'nach Hause', nach Toló. In dem kleinen Fischerdorf auf dem Peloponnes fühlt er sich ebenso heimisch wie in Potsdam, Gladbeck oder Berlin. Und Oma Vangelió hat immer gesagt: 'Junge, du bist in Toló groß geworden!' Veröffentlichungen: 'Das Kaffeeorakel von Hellas - Abenteuer, Alltag und Krise in Griechenland', Re Di Roma-Verlag / Remscheid, 2010; Größenwahn Verlag, 2013 (Überarbeitete Neuaflage) 'Filotimo! - Abenteuer, Alltag und Krise in Griechenland' Größenwahn, Verlag, 2012 'Griechische Einladung - Geschichten, Geheimnisse und Rezepte' Anthologie, Größenwahn Verlag, 2013.

KAFFEEPLAUSCH IM ZOBELJÄCKCHEN


Krisenfestes Kolonaki


Kolonaki heißt Athens kleines Nobelviertel, mitten im Herzen der Stadt. Hier zwischen dem Vassilissis-Sofias-Boulevard und dem Lykabettoshügel erstreckt sich das teure Szeneviertel, in dem sich die Schönen und Reichen, und die, die das noch werden wollen, treffen. Edle Schuhgeschäfte, gepflegte Stadthäuser, teure Boutiquen und schicke Cafés reihen sich aneinander. Geschäftsleute, Politiker, Schauspieler: Die Straßencafés sind überfüllt mit illustren Prominenten. Hier in Kolonaki bin ich mit der berühmten griechischen Schriftstellerin Lena Divani zum Kaffee verabredet. Im Café »Da Capo«. Wo sonst! Es ist DAS In-Café und nur hier treffen sich die wirklich prominenten und reichen Athener.

Das Kaffeetrinken ist essentieller Bestandteil des griechischen Lebens. »Páme ja kafé – Gehen wir einen Kaffee trinken« bedeutet dabei sehr viel mehr, als nur das Trinken eines Getränks. Es ist gleichbedeutend mit dem Erledigen wichtiger geschäftlicher Dinge. Ein soziales Ereignis und zugleich Unterhaltung und Zeitvertreib. Anders gesagt: eine griechische Leidenschaft. Ich behaupte sogar, dass ein normales Leben in Griechenland ohne die Teilnahme an der Kaffeekultur gar nicht möglich ist. Den Mietvertrag für meine erste Athener Wohnung unterschrieb ich beispielsweise beim Kaffee.

Damals, 2003, war ich für einige Wochen zu einem Praktikum im griechischen Gesundheitsministerium in Athen. Ich war froh, leicht und unbürokratisch eine kleine, zentral gelegene Wohnung gefunden zu haben. Und zu meiner Überraschung fuhr mich mein Vermieter nach der Vertragsunterzeichnung auch noch in bester Laune und laut gegen den dichten Verkehr anbrüllend auf seinem Moped durch die Stadt. Ohne Helm versteht sich! Die Griechen legen eben besonderen Wert auf eine offene und allzeit gesprächige Art. Und dabei ist das In-Gesellschaft-Sein – die »Paréa« – stets präsent. Daher gehört das Kaffeetrinken zum griechischen Alltag ebenso selbstverständlich dazu wie Essen und Schlafen.

Der Taxifahrer, den ich nach dem »Da Capo« frage, deutet in Richtung der Platia–Kolonakiou. Die »Platia – der Platz« ist überall in Griechenland ein Zentrum, ein Ort, an dem man sich trifft. In den Dörfern ist sie meistdas kulturelle Zentrum. Hier gibt es das einzige oder gleich mehrere Kafeneions, die typischen griechischen Kaffeehäuser. Sind die echten Dorfkafeneions oft rauchgeschwängerte, karge Räume mit ausschließlich männlichen Gästen, so zeigen sich die modernen Cafés heute oft besonders schick oder extravagant eingerichtet und generationen- und geschlechterübergreifend besucht. Als ich mich vom Taxi bereits auf den Weg zum Kolonaki-Platz mache, ruft mir der Fahrer noch hinterher: »Das ist aber ein verdammt teures Ding!«

Teuer hin, teuer her, wir sind in Griechenland und da darf ein Kaffee in schicker Umgebung auch gerne 5 € oder sogar weit mehr kosten. Man gönnt es sich. Zumindest diejenigen, die es angesichts der wirtschaftlich schwierigen Lage noch können. Zum Kaffee bleibt der Grieche nicht vor der heimischen Filterkaffeemaschine, so er denn überhaupt eine hat, sondern er geht raus, mit Freunden in eines der zahlreichen Kafeneions, in eine der vielen, auch hier wie Pilze aus dem Boden schießenden Schnell-Imbissbuden mit integrierten Kaffeeecken oder in eines der modernen Cafés oder in Bars.

Kaffee ist omnipräsent. Sogar auf den Athener Hauptverkehrsstraßen wird er im Sommer an roten Ampeln verkauft. Dann schwärmen die fliegenden Händler aus, klopfen an die geschlossenen Scheiben der klimatisierten Autos, oder sie reichen ihren Kaffee gleich durch die geöffneten Fenster der Altwagen ohne Klimaanlage in das staubig-schwitzige Wageninnere. In den heißen Sommermonaten ist Kaffee-Frappé ein beliebter Begleiter auf den verstopften Athener Straßen. Der legendäre griechische Eiskaffee aus aufgeschäumtem Instantkaffee ist wegen seines festen Schaums bestens geeignet, während der Autofahrt getrunken zu werden. Es schlabbert nichts! Er wird dabei in verschiedenen Varianten angeboten. »Sketo – ohne Zucker«, »metrio – mittelsüß« und »glykó – süß«. Zusätzlich wählt man, ob er »me gála – mit Milch«, oder »horís gála – ohne Milch«, oder auch »me polí gála – mit viel Milch« serviert werden soll. An der Ampel kostet er meist nicht mehr als einen Euro. Dieser bleibt sicherlich immer unversteuert.

Das »Da Capo« liegt abseits der großen Hauptverkehrsstraßen. Hier in Kolonaki schmeckt der Kaffee edler, er ist allerdings auch ungleich teurer als der Straßen-Frappé. Im »Da Capo« trifft man sich nach dem Einkaufsbummel mit Freunden oder Geschäftspartnern, oder bevor man die Nacht zum Tag macht. Jetzt am Freitagnachmittag platzt das Exklusivcafé aus allen Nähten. Draußen gibt es schon keinen Sitzplatz mehr, ähnlich sieht es im Inneren aus. Viele Damen und Herren, die jüngere und ältere Schickeria, drängen sich in dem kleinen, schmalen und völlig verrauchten Raum. Ganz hinten in einer Ecke entdecke ich an einem kleinen runden Stehtisch Lena, die es sich bereits bei einem Cappuccino und einer Zigarette gemütlich gemacht hat. Freudig begrüßen wir uns in der Enge des Szenecafés.