: Beate Maly
: Der Fluch des Sündenbuchs Historischer Roman
: Ullstein
: 9783843706346
: 1
: CHF 6,60
:
: Erzählende Literatur
: German
: 480
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
1618: Die junge Apothekerin Jana und ihr Mann Conrad reisen in die Neue Welt. Sie folgen den Hinweisen des geheimnisvollen Sündenbuchs auf der Suche nach einem sagenumwobenen Schatz im Herzen Amerikas - El Dorado. Doch Gefahren lauern überall: Auf dem Meer entkommen sie nur knapp Piraten, und an Land erwarten die Schatzsucher dessen feindselige Bewohner. Und dann ist da noch der dunkle Mönch, der Jana und Conrad folgt, seit sie die Alte Welt verlassen haben.

Beate Maly, geboren in Wien, ist Bestsellerautorin zahlreicher Kinderbücher, Sachbücher und historischer Romane. Ihr Herz schlägt neben Büchern für Frauen, die gegen alle Widerstände um ihr Glück kämpfen.

Gran Canaria,

Oktober 1618

Janas Füße sanken knöcheltief im feinen weißen Sand ein. In jeder Hand trug sie einen ihrer Lederschuhe, gleichzeitig hielt sie den Rock ihres leichten Sommerkleides hoch, um nicht zu stolpern. Die Luft roch frisch und schmeckte nach Salz. Lachend lief sie auf die türkisblauen Wellen zu, auf denen winzige weiße Schaumkrönchen tanzten. Im regelmäßigen, sanften Rhythmus drängten sie rauschend an den Strand.

Jana drehte sich um. Conrad war nur eine Armeslänge hinter ihr. Gleich würde er sie eingeholt haben. Als sie einen weiteren Sprung nach vorne machte, spürte sie, wie seine Hand sich um ihren Oberarm legte. Augenblicklich geriet Jana ins Stolpern, ihre Schuhe fielen in den Sand, und kurz darauf landete sie ebenfalls auf dem weichen Untergrund. Sie zog Conrad mit sich.

Der Aufprall war sanft, wie der Kuss, der folgte. Jana wehrte sich nicht dagegen. Ganz im Gegenteil. Seine Lippen waren weich und salzig wie das Meer. Mit jeder Faser ihres Körpers drängte sie sich ihm entgegen. Bereitwillig ließ sie ihn das Oberteil ihres Kleides aufschnüren und seufzte zufrieden, als sie seine heiße Haut spürte. Ihre Körper bewegten sich im Rhythmus, der dem des Meeres glich. Aber Jana hörte weder das Rauschen der Brandung noch die Schreie der Möwen, die über ihnen kreisten.

Sie sah die weißen, majestätisch dahingleitenden Tiere erst, als Conrad etwas später neben ihr in einen zufriedenen Halbschlaf sank. Sie selbst blinzelte in den wolkenlosen, tiefblauen Himmel und beobachtete die Vögel. In den letzten Wochen und Monaten hatte sie immer wieder Möwen gesehen, wie sie am Hafen neben den Fischerbooten hockten und gierig auf Abfälle warteten. Dann erschienen sie ihr plump, ungeschickt, viel zu groß und schwer, um mühelos über ihrem Kopf zu segeln. Dasselbe galt für ihre Schreie. An Land klangen sie in Janas Ohren schrill und unmelodisch. Sobald die Tiere aber in der Luft segelten, konnte sie sich keine verheißungsvolleren Laute vor­stellen. Jana verband die Schreie der Möwen mit Meer, Freiheit und Abenteuer. Begriffe, die für gewöhnlich den Männern dieser Welt vorbehalten waren, aber Jana hatte in den letzten Monaten dafür gekämpft, auch ein Stückchen davon abzubekommen. In Conrad hatte sie einen Mann gefunden, der ihre unkonventionelle, ja skandalöse Art zu leben guthieß und sie unterstützte.

Sie hätte die Tiere noch Stunden beobachten können, aber der etwas kühler werdende Wind trieb ihr eine feine Gänsehaut über Arme und Rücken. Langsam suchte Jana ihre Kleidungsstücke wieder zusammen und zog sich an. Bevor sie ihr Oberteil zuschnürte, hielt sie für einen Moment das goldene Amulett ihres Vaters fest. Es wog schwer in ihrer Hand. War wirklich erst ein halbes Jahr vergangen, seit er es ihr nach Prag geschickt hatte? Jana konnte es kaum glauben. Ihr Lebe