Soziale Bewegungen entstehen aus sozialem Handeln, das Konflikte und Spannungen innerhalb einer Gesellschaft sichtbar werden läßt. Doch gibt es stets mehr strukturelle Spannungen und soziale Antagonismen als soziale Bewegungen. Eine Mobilisierung sozialen Handelns tritt erst ein, wenn es auf bestimmte Orientierungsmuster und Zielvorstellungen gerichtet wird. Entscheidend für eine erfolgreiche Mobilisierung sozialer Bewegungen ist daher ihre kognitive Konstitution. Es kommt darauf an, daß zumindest die Trägergruppen eine kognitive Identität gewonnen haben, ein symbolisches System der Selbstverständigung und Selbstgewißheit. Diese kognitive Konstitution wird in der Regel bestimmt durch Ordnungsentwürfe von Intellektuellen, die es ermöglichen, Ereignisse und Strukturprobleme zu deuten, Protestursachen zu definieren sowie Unzufriedenheit und Unbehagen zu lenken, auf Ziele zu orientieren. Betrachtet man die 68er Bewegungen, die, ihrem Selbstverständnis nach, neue linke Bewegungen waren, ging dem Mobilisierungsprozeß dieser Bewegungen – in den Vereinigten Staaten, in der Bundesrepublik, in Frankreich und Italien – jeweils die Formierung einer intellektuellen New Left, Neuen Linken, Nouvelle Gauche und Nouva Sinistra voraus.