: Charlotte Otter
: Balthasars Vermächtnis
: CULTurBOOKS
: 9783944818160
: 1
: CHF 8.00
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 186
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Ein schneller, tougher Krimi aus Südafrika: Kriminalreporterin Magdalena Cloete hat vielleicht einen Fehler gemacht, als sie den Anrufer mit der leisen Stimme abwimmelte. Denn jetzt ist er tot. Jemand hat Balthasar vier Kugeln in die Brust gejagt. Es ist das Post-Apartheid-Südafrika der Jahrtausendwende. In Pietermaritzburg, Hauptstadt der Provinz KwaZulu-Natal, regiert jetzt der ANC. Doch in den Townships und Dörfern regieren auch Angst und Aberglaube ... War es ein politischer Mord? Maggies Instinkte schlagen Alarm und auf der Suche nach der Wahrheit legt sie sich mit lokalen Politikern und Gangstern an - und hat auf einmal Schlägertypen an der Hacke. Doch Drohungen und selbst Anschläge verstärken nur Maggies Sturheit. Denn mittlerweile weiß sie genug über Balthasars Leben und sein Engagement in der Aidshilfe, um ihre professionelle Distanz in den Wind zu schießen und mit gefährlichen Stunts ihren Hals zu riskieren.

Die Südafrikanerin Charlotte Otter schreibt in englischer Sprache, lebt aber seit vielen Jahren in Deutschland. Sie hat als Kriminalreporterin, als Zeitungsredakteurin sowie als freie Journalistin und Autorin gearbeitet, gegenwärtig jobbt sie in der IT-Branche. Charlotte Otter lebt mit ihrem Mann, ihren drei Kindern und Tonnen von Büchern in Heidelberg. »Balthasars Vermächtnis« ist ihr erster Roman.

1


Dienstag, 7 Uhr früh


Sonnenlicht glitzerte auf der Klinge. Es hätte auch eine Armbanduhr sein können oder das Display eines Handys, die blinkende Schnalle eines Gürtels, aber es war ein Messer. Sie erkannte es an der verstohlenen Bewegung, mit der er das gezackte grinsende Ding aus seiner Jeanstasche zog und der Frau an die Rippen drückte. Sein Komplize plünderte ihre Einnahmen, schaufelte Münzen in eine Plastiktüte. Die Frau hielt den Kopf verschämt gesenkt, als sei das Schlimmste die Schande, in allerÖffentlichkeit ausgeraubt zu werden. Ihre Beine drohten zitternd nachzugeben. Nur die Grimasse des Messers hielt sie aufrecht.

Im frühmorgendlichen Berufsverkehr konnten die ihr das Messer in den Leib rammen, ohne dass es jemand mitbekam. Man würde ihren hingestreckten, blutenden Körper erst entdecken, wenn die Menschenmassen sich in ihre Büros, Fabriken, Läden und Schnellrestaurants verfügt und dort ihre Arbeitsgesichter, Uniformen und Namensschilder angelegt hatten. Maggie sah das Ganze von der Straße aus mit an, wo sie zwischen verkeilten Vorstadtlimousinen und Minibustaxis im Chaos des Stoßverkehrs festsaß.»Haltet sie auf!«, brüllte sie, doch die Polsterung ihres Helms verschluckte die Worte. Niemand hörte sie.

Der Messermann verpasste dem Stand der Straßenhändlerin einen Tritt, und ihre Waren– eine bunte Mischung ausÄpfeln, Orangen und Basecaps mit dem Logo der hiesigen Footballmannschaft– kullertenüber den Boden. Sein Kumpan schubste die Frau, sie taumelte, fiel hin, und ihr Kopf traf das Pflaster mit einem scheußlichen Knack, das Maggie durch ihren Helm undüber den Lärm der Motoren hinweg zu hören glaubte.

Ihr Schrei gellte in Maggies Ohren.

Die Ampel sprang auf Grün, und Maggie riss den Gaszug auf. Es roch scharf nach Benzin. Sie verfolgte die auf und nieder wippenden Köpfe der Diebe in der Menschenflut auf dem Bürgersteig. Sah, wie sich das rote und das gelbe T-Shirt durch die Menge schlängelten, Blicke gesenkt, nicht rennend, aber mit schnellem Schritt. Zielstrebig hielten die beiden auf den nahen Taxistand zu, wo sie der Innenstadt und der Gefahr des Entdecktwerdens entrinnen konnten. Maggie blieb auf gleicher Höhe mit ihnen, der Motor ihrer Yamaha knurrte tief.

Sie querten die Longmarket Street, Maggies Weg zur Arbeit. Eigentlich sollte sie hier rechts abbiegen, noch ein Stück fahren, ihr Bike parken und sich im Büro an ihr Tagwerk begeben, aber eine süße Mischung aus Benzindunst, Adrenalin und Grimmüber den großspurigen Auftritt der Diebe trieb sie weiter hinter ihnen her. Sie gab wieder Gas, und der eine Kerl wandte sich um. Stumm blickte er ihr direkt in die Augen. Sie funkelte ihn drohend an. Er packte den anderen Mann am Arm und zog. Sie rannten los. Maggie peitschte ihre Maschine hoch.

Die Männer rempelten Fußgänger an, wichen aus, hasteten im Zickzack weiter. Sahen sichüber die Schulter nach dem Motorrad um, schwenkten an der nächsten Ecke scharf nach rechts. Die Ampel stand auf Grün, und sie folgte ihnen. Hier waren weniger Leute unterwegs, die Männer rannten schneller. Sie würde sie verlieren. Gleich kamen die Querstraßen, die zu den Gassen der Innenstadt führten. In diesem Gewirr konnten sie abtauchen und endgültig verschwinden.

Sie schaltete runter, die Maschine brüllte auf, doch der Abstand zwischen ihr und den Männern vergrößerte sich weiter. Sie entkamen ihr.

Es gab nur eine Möglichkeit. Sie hielt auf den Bordstein zu und riss den Lenker hoch. Auf dem Gehweg kam sie schneller voran. Ein Mann im Anzug mit Handy am Ohr japste entgeistert und presste sich schleunigst an ein Schaufenster. Jetzt holte sie auf. Schon sah sie die Armmuskeln der beiden Kerle pumpen, hörte ihr Keuchen. Eine Frau, die gerade ihren Wagen geparkt hatte, schrie auf und warf hastig die Autotür zu. Im Rückspiegel sah Maggie kurz das dunkle O ihres Mundes.

Das Motorrad berührte beinahe schon die Fersen. Die T-Shirts waren dunkel von Schweiß.

»Halt!«, schrie sie. Keine Reaktion.

Vor ihr lag die Auffahrt zu einem Parkhaus. Die beiden drehten ab und sprinteten hinein. Maggie hinterher, doch da trennten sich die Männer. Einer rannte zurück auf die Straße. Der andere– gelbes Shirt, der Messermann– kletterte hastig die Holzstreben hoch, die auf dieÜberdachung des seitlich offenen Carports führten. Schon zog er sich aufs Dach.

Maggie drehte den Motor ab, zerrte die Maschine auf ihren Ständer und setzte ihm nach.

Die Hände schmierig vom Dachpappenteer, kämpfte sie um Halt, um sich aufs Dach zu wuchten, dann gelang es ihr, ein Knieüber die Kante zu schieben. Sie hakte die Finger hinter ein paar Blechschindeln, die schon in der Morgensonne glühten, und zog sich vollends hoch. Das Dach bebte unter den Schritten des Mannes, als erüber die Längsseite des Carports rannte. Maggie stürmte hinterher, in ihren Ohren donnerte das Blut.

Er erreichte das Ende des Dachs, schwang sichüber die Begrenzungsmauer. Sie hörte einÄchzen, als er unten aufkam. Dann stand sie an der Kante, sah die Betonfläche zwei Meter tiefer. Der Mann rappelte sich hoch und kam auf die Füße, aber er hinkte. Er hatte sich v