: Swenja Rolfes, Andreas Otto, Daniel Fischer
: Sterben ohne Leiden. Selbstbestimmt dank Patientenverfügung Selbstbestimmt dank Patientenverfügung
: Science Factory
: 9783656498407
: 1
: CHF 27.10
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: Sonstiges
: German
: 193
: kein Kopierschutz/DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB/PDF
In Würde zu sterben ist der Wunsch eines jeden Menschen. Und möglichst frei von Leiden soll es sein. An Maschinen angeschlossen zu sein und so am Leben erhalten zu werden, ist für viele Menschen eine Horrorvorstellung, gepaart mit der Angst, das Selbstbestimmungsrecht bei der Behandlung zu verlieren. Mit einer Patientenverfügung können Sie selbst festlegen, wie Sie sterben möchten. Doch wie funktioniert das genau? Für wen und wann ist sie sinnvoll? Dieses Buch klärt die wichtigsten Fragen rund um Patientenverfügungen und ihre rechtlichen Grundlagen. Aus dem Inhalt: Definition der Patientenverfügung, Historische Entwicklung, Rechtliche Grundlagen, Anforderungen an eine Patientenverfügung, Autonomie des Patienten.

Problemstellung und Vorgehensweise

Der enorme Fortschritt in der Medizin hat es möglich gemacht, Krankheiten in kürzester Zeit z.B. mittels Antibiotika zu heilen, die noch vor einhundert Jahren tödlich verliefen. Magnetresonanztomographie undähnliche Verfahren helfen, minimal invasiv Gewebeanomalien oder Verletzungen zu lokalisieren, wo früher ein Einblick nicht möglich war, wie z.B. innerhalb des Gehirns. Strahlen- und Chemotherapie werden immer wirksamer im Kampf gegen Krebs. Die Lebenserwartung konnte erheblich verlängert werden. Moderne Intensivmedizin erlaubt es auch, den Ausfall ganzer Organe durch Maschinen zu kompensieren und einen Menschen nochüber Jahre hinweg am Leben zu erhalten, während er früher noch innerhalb von Tagen oder Stunden verstarb.

Allerdings beunruhigt die künstliche Lebensverlängerung mittels Intensivmedizin die Menschen zunehmend. Viele fürchten sich vorÜbertherapie und einer aus ihrer Sicht sinnlosen Verlängerung des Sterbeprozesses verbunden mit einer Verlängerung des Leidens.[3] Daher beschäftigen sich mehr und mehr Bürger mit der Frage, wie sie ihr Lebensende und ihr Sterben gestalten wollen sowie der Frage, wie sie ihren Willen durchsetzen können, wenn sie ihn nicht mehr nach außen kundtun können.[4] In diesem Zusammenhang wurden sogenannte Patientenverfügungen zuletzt heftig im Bundestag diskutiert– wie man an den drei Gesetzentwürfen erkennen kann– die auch nach Verlust jeglicher Kommunikations- und/oder Einwilligungsfähigkeit den in gesunden Tagen gefassten Willenüberbringen sollen. Dabei kam ein„Drittes Gesetz zurÄnderung des Betreuungsrechts“ heraus, womit die Patientenverfügung ab 01.09.2009 im BGB geregelt sein wird.

Diese Arbeit soll einen Einblick in die Dimensionen jener Problematik geben. Am Anfang stehen die Grundlagen wie Begriffsdefinition und Abgrenzungen. Nach dieser Grundlagenarbeit wird der medizinische Hintergrund der Diskussion anhand von zwei Krankheitsbildern aufgezeigt, die typischerweise Anlass für die Abfassung einer Patientenverfügung sind. Schließlich soll diese Thematik aus der Sicht der betroffenen Grundrechte, des Straf- sowie des Zivilrechts beleuchtet werden. Ein Exkurs in die rechtliche Lage des Lebensendes in Belgien wird gegeben. Es erfolgt eine Darstellung der bisherigen Rechtslage im Zivilrecht, sodann die Präsentation der künftigen Rechtslage ab 01.09.2009. Auch das Arzthaftungsrecht spielt eine Rolle. Zusammenfassung und Ausblick bilden den Abschluss. Bei den§§ des„Dritte[n] Gesetz[es] zurÄnderung des Betreuungsrechts“ wird auf Drucksache 593/09[5] Bezug genommen. Zur Vereinfachung wird bei den§§ das Kürzel„n.F.“ angefügt.

Patientenverfügung im Detail

Der Begriff„Patientenverfügung“ war bislang gesetzlich nicht normiert. Auch ist der Wortlaut„Verfügung“ unscharf. Folglich ist es erforderlich, zunächst die neue gesetzliche Definition des Begriffes„Patientenverfügung“ zu betrachten und von anderen rechtlichen Termini abzugrenzen.

Definition„Patientenverfügung“

Gemäß§ 1901a I S.3 BGB n.F. wird in der schriftlichen Patientenverfügung antizipiert von einem Volljährigen in gesunden Tagen der Wille geäußert, was später medizinisch in bestimmten Situationen geschehen oder unterlassen werden soll, wenn man zum fraglichen Zeitpunkt nicht mehr einwilligungsfähig ist. Sie umfasst Fragen der Behandlung der Haupterkrankung, z.B. künstliche Beatmung im Koma, wie auch von auftretenden Nebenerscheinungen, z.B. Antibiotikabehandlung gegen eine Lungenentzündung, wer den Patientenwillen durchsetzen soll, sofern man dies nicht bereits separat z.B. in einer Betreuungsverfügung geregelt hat, etc.[6] So soll eine selbstgestaltete Kontrolle des Lebensendes gewährleistet und der Patientenautonomie aus Art. 2 I GG Ausdruck verliehen werden. Mit„bestimmte“ kommt zum Ausdruck, dass die konkrete Behandlungssituation zu schildern ist. Formulierungen wie„wenn ich nur noch daliege, will ich nicht mehr behandelt werden“, sind davon nicht umfasst.[7]

Abgrenzung von der Willenserklärung

Wichtig ist die Unterscheidung von Patientenverfügung und Willenserklärungen, da sich dies auf die Bindungswirkung auswirkt. Unter einer Willenserklärung ist eine auf Erreichung einer bestimmten Rechtsfolge abzielende Willensäußerung einer Person zu verstehen.[8] Es muss also ein Rechtsbindungswille[9] vorliegen. Eine Willenserklärung kann gem.§ 130 I S. 2 BGB nur bis zum Zugang selbiger widerrufen werden. Di