: Nikolai Gogol
: Phantastische Geschichten Phantastische Kinder- und Jugendliteratur mit Magischen Welten, Fantasy und Science-Fiction Referenzen
: e-artnow
: 9788074841521
: 2
: CHF 1.60
:
: Abenteuer, Spielgeschichten, Unterhaltung
: German
: 325
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Dieses eBook: 'Phantastische Geschichten' ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Die phantastische Kinder- und Jugendliteratur kennzeichnet im Allgemeinen ein Aufeinandertreffen der realen, gewöhnlichen und einer magischen, irrationalen Welt (sogenanntes Zwei-Welten-Modell). Im Gegensatz zu Horror- und Schauergeschichten, die wegen ihrer Wirkung auch nur zum Teil für Kinder und Jugendliche geeignet sind, wird der Leser bei der rein phantastischen Geschichte über die außergewöhnlichen Begebenheiten der magischen Welt nicht aufgeklärt. Weiterhin wird vorliegend das im weitesten Sinn zur Fantasy gehörende Science-Fiction-Genre nicht behandelt und nur als Referenz hinzugezogen. Inhalt: Die Weihnacht Der Wij Wie Iwan Iwanowitsch und Iwan Nikiforowitsch sich entzweiten

Der Wij



Übersetzt von Lolly König


Der Wij ist eine ins Riesenhafte gehende Schöpfung der Volksphantasie. So heißt nämlich bei den Kleinrussen der Fürst der Gnomen, dessen Augenlider bis an die Erde reichen. Die ganze folgende Erzählung ist eine Volkssage. Ich wollte sie völlig unverändert lassen, und erzähle sie daher fast ebenso schlicht und einfach, wie ich sie gehört habe.

Sowie die helle Glocke ertönte, die an der Pforte des Bruderschaftsklosters zu Kiew hing, kamen die Schüler und Seminaristen von allen Enden der Stadt in dichten Scharen herbeigeeilt. Die Grammatiker, die Rhetoriker, die Philosophen und Theologen, sie alle strebten mit ihren Heften unter dem Arm der Schule zu. Die Grammatiker waren noch sehr klein; sie balgten sich unterwegs und schimpften sich mit ihren feinen Sopranstimmen. Fast immer hatten sie zerrissene, schmutzige Kleider an, und ihre Taschen waren stets mit allerlei Plunder wie Knöcheln, Federkielpfeifen und angebissenen Pasteten vollgestopft. Manchmal trugen sie sogar junge Spatzen in der Tasche, und mitunter begann wohl der eine oder der andere, wenn tiefe Stille in der Klasse herrschte, zu zwitschern, was seinem Besitzer ein paar tüchtige Schläge auf beide Hände, und ab und zu auch eine Tracht Prügel mit der Rute aus jungen Kirschbaumzweigen eintrug. Bei den Rhetorikern ging es schon solider zu; ihre Kleider waren oft noch vollkommen heil, aber dafür waren sie im Gesicht fast immer mit einer Trophäe in Form einer rhetorischen Trope geschmückt: Entweder versteckte sich ein Auge ganz unter der geschwollenen Stirn, oder man bemerkte statt der Lippen eine große Blase oder auch ein anderes charakteristisches Merkzeichen. Diese Rhetoriker sprachen und fluchten im Tenor, die Philosophen aber griffen eine ganze Oktave tiefer. Ihre Taschen enthielten nichts außer kräftigen Tabakblättern. Sie legten sich keine Vorräte an, denn alles, was ihnen unter die Finger kam, wurde sofort verzehrt. Sie rochen oft schon von weitem so stark nach Tabak und Schnaps, daß ein vorübergehender Handwerker stets stehenblieb und wie ein Jagdhund in der Luft herumschnüffelte.

Um diese Zeit begann der Marktplatz langsam zu erwachen. Die Händlerinnen breiteten ihre Brezeln, Semmeln, Wassermelonen und Mohnsamen mit Honig aus und zupften die Vorübergehenden, die Kleider aus feinem Tuch oder schmuckem Baumwollstoff trugen, an den Rockschößen.

»Junge Herren, junge Herren, hierher! hierher!« riefen sie von allen Seiten. »Sehen Sie nur, was für Mohnkuchen, was für schöne Brötchen und Brezeln – sie sind ganz ausgezeichnet, bei Gott! Von feinstem Honig – ich habe sie selbst gebacken!«

Eine andere hielt ein langes, gew