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Seit längerem hatte Moshe Meirowitz das Gefühl, weder Fisch noch Fleisch zu sein, ein Jemand, den manwishy-washy nennt. Noch benahm er sich nicht wie einer dieser polnischen Nichtsnutze, die den ganzen Tag auf ihren Bauch starren und darüber nachdenken, ob Flöhe einen Nabel haben. Für solche Überlegungen hatte er keine Zeit, denn ihn quälten unaussprechliche Sorgen, zerrten an seinem Verstand. Der Rabbiner wusste, dass er weder im Tal noch auf dem Gipfel seiner manischen Depression wandelte, seit er das Wundermittel Fluotexin einnahm. Doch um welchen Preis. Bisher hatte er fest daran geglaubt, er wäre ein Auserwählter, denHa-Kodosh, der Allerheiligste, mit der Gabe der Eindringlichkeit beschenkt hatte. Nun zweifelte er, ein Rebbe der höchsten Initiation zu sein, einer, der Wunder vollbringt.
Nachdem er als Rabbiner die Gemeinde eines Kibbuz auf dem Golan an den Rand des Ruins getrieben hatte, indem er aus überzogener Mildtätigkeit die Armen reich beschenkte und die Reichen zu hochriskanten Börsengeschäften verleitete, dass auch sie arm wurden, dachte er lange nach und kam zu dem Schluss, dass nicht alle irdischen Wundertaten gelingen können, weilEl Eljon, Gott der Höchste, sonst leicht Konkurrenz bekäme und seine Geschäfte verdürben. Als man ihn in die Orthodoxengemeinde nach Monsey im Staate New York sandte, um dem Messianismus derchassidim einige Reformgedanken nahezubringen, ging auch das schief. Weil er, Moshe Meirowitz, einziger Sohn des Schuhmachers Abraham Meirowitz, es nicht schicklich fand, dass die Tänzerinnen in den gemeindeeigenen Table Dance Bars von Monsey auftraten, ohne jenes zu verhüllen, für das es im Hebräischen kein Wort gibt, vielmehr den Begriffossu makom – jener Ort –, und ihn von japanischen Touristen fotografieren ließen. Weswegen er beim Oberrabbi der Lubawitscher scharf protestierte und der ihm vorwarf, am Sabbat in einer der fensterlosen, schwarz lackierten Bars gesehen worden zu sein, was nicht den Tatsachen entsprach, weil er nie einen solchen Ort betreten hatte. Aber ein hiesiger Gerüchtemacher servierte ihm die Unappetitlichkeit ausgerechnet am Sabbat.
Zu Jom Kippur, dem letzten der zehn Bußtage nach dem Neujahrsfest, wo Juden die Verantwortung für alle Missetaten und Verfehlungen der Menschheit teilen, verfiel er in tiefe Depression und begab sich auf Anraten seines Arztes in psychiatrische Behandlung. Dr. Yankel, ein New Y