II
Wie schon erwähnt, erblickte die beste Ehefrau von allen das Licht der Welt im altvorderen Orient. Mehr noch: auch ihre Eltern und einige ihrer Großeltern stammen von hier. Das bedeutet in dieser Gegend, ein Angehöriger der wahren Aristokratie zu sein. Ich hingegen werde für alle Zeiten der ewige Neueinwanderer bleiben. Mit anderen Worten: ein Zugereister mit Wohnrecht. Sie ist die Lady – ich bin der Tramp. Sie la belle – und ich le bête, sie die Prinzessin – ich der Frosch.
Unsere unterschiedliche Herkunft führt selbstverständlich hin und wieder zu Reibereien. Vornehmlich, wenn es um solche Dinge geht wie Wohnkultur, Eßkultur, Kultur, Gesellschaft, Kunst, Erziehung, Politik, Religion, Eheleben, das Leben im allgemeinen und den undefinierbaren Geschmack von schwarzen Oliven. Über alle anderen Punkte sind wir uns mehr oder weniger einig. Vor allem, wenn es um unsere gemeinsame Zukunft geht. Was unsere unvereinbare Vergangenheit betrifft, so möchte ich mich lieber nicht in Einzelheiten verlieren. Wann immer ich sie zum Beispiel zu einem ihrer jährlichen Klassentreffen begleite, komme ich mir vor wie von einem anderen Stern. Über diesen Krieg der Sterne habe ich bereits in einem meiner früheren Bücher eine höchst belehrende Abhandlung verfaßt, und dies scheint mir eine willkommene Gelegenheit zu sein, wieder einmal darauf zurückzugreifen.
Mein Verleger allerdings warnte mich mit jenem leicht hysterischen Brio in der Stimme, welches erfolgreiche von erfolglosen Verlegern zu unterscheiden pflegt, daß ich diesem neuen Buch unter keinen wie immer gearteten Umständen auch nur eine einzige alte Geschichte beifügen dürfe. Die Leute, so sagte er, wollen nur nagelneue Satiren aus meiner Feder fließen sehen, sonst schreiben sie ihm ordinäre Briefe und nennen ihn einen heruntergekommenen Altwarenhändler, obwohl er eher emporgekommen aussieht. Ich persönlich glaube nicht so fanatisch an die Meriten neuer Nägel. Im Laufe der Jahre habe ich auf jedes mögliche Thema, dem ich über den Weg lief, etliche Tropfen Honig wie auch Essig recht wahllos versprüht. Jetzt, bei Durchsicht meiner vielen Bücher, glaube ich berechtigt zu sein, einige meiner liebsten Geschichten, die demselben Thema gewidmet sind, unter einem Dach zusammenzuführen.
Der Disput zwischen mir und meinem geliebten Verleger war turbulent und kompromißlos und endete, so wie alles im Leben, mit einem Kompromiß. Ich erhielt die Erlaubnis, insgesamt sieben »klassische« Geschichten, weil sieben eine heilige Zahl ist, über die beste Ehefrau von allen diesem Buch einzuverleiben. Dies erreichte ich unter leidenschaftlichem Hinweis auf die Tatsache, daß die Auslassung dieser Geschichten die Figur meiner Frau »zu flach« machen würde.
Wie jeder weiß, ist eine Friedensverhandlung eine Sache sowohl des Gebens als auch des Nehmens. Also habe ich meinen verängstigten Verleger dadurch zum Schweigen gebracht, daß ich jede einzelne dieser sieben Geschichten mit einem warnenden Stigma versehen habe.
Nun kann der Leser selbst entscheiden, ob er das Risiko eingehen möchte, diese unsterbliche Geschichte nochmals zu lesen, oder ob er sie mit einem wissenden Lächeln überschlagen will. Ausschlaggebend für seine Entscheidung ist seine Kenntnis meiner gesammelten Werke, sein Geisteszustand und seine Beziehung zum Verlagswesen.
Beim genaueren Überlegen kommt mir der erstaunliche Gedanke, daß dies der erste Fall in der Literaturgesc