: Irina Frey
: Die Lust am Töten - Der weibliche Vampir in der russischen Literatur von Aleksej Tolstoj und Ivan Turgenev
: Diplomica Verlag GmbH
: 9783842832688
: 1
: CHF 26.70
:
: Sprach- und Literaturwissenschaft
: German
: 84
: kein Kopierschutz/DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: PDF
Man nenne sie Lamia, Lillith und Empuse. Die Gestalt der Wiedergängerin, des weiblichen Vampirs, 'geistert' schon seit langem im kulturellen Gedächtnis der Menschheit herum und stellt, nicht zuletzt wegen ihres verworfenen Frauenbildes, ein interessantes Forschungsfeld dar. Als Personifikation der menschlichen Ängste vor Tod und Sexualität repräsentiert die Wiedergängerin einen männlichen Gedankenentwurf über die 'Dämonie des Weiblichen'. Das Sinnbild dieser verhängnisvollen, dämonenhaften Frau, die zeitgleich die Merkmale des Eros und des Thanatos impliziert, ist in der Geschichte des Altertums und in der Mythologie tief verankert. Beispiele für Personifikationen des dämonischen Weiblichen liegen dabei auf der Hand und sind entweder als Meduse und Salome oder als Helena und Loreley allseits bekannt. Die Gestalt des weiblichen Vampirs gliedert sich in diese scheinbar endlose Reihe von verhängnisvollen Frauen ein, die die männliche Angst vor der (sexuell) potenten Weiblichkeit widerspiegeln. Literarisch wurde das Motiv des weiblichen Wiedergängers bereits in der Antike erfasst und erfährt insbesondere im 19. Jahrhundert als ein Motiv des Literarischen eine große Beliebtheit. Während jedoch im Laufe des 19. Jahrhunderts in England, Frankreich und Deutschland eine Vielzahl an Schauergeschichten und Schauernovellen erschien, welche die Thematik des Vampirismus aufgriffen, geschah dies in Russland erst Mitte des 19. Jahrhunderts. Das Frauenbild der femme fatale in ihrer Funktion als Wiedergängerin tauchte im Vergleich zu ihren westeuropäischen Gegenbildern in der russischen Literatur kaum auf. Lediglich K. Tolstoj und Turgenev haben sich in ihren Werken (K. Tolstoj: 'Sem`ja vurdalaka`', 'Upir`', Turgenev: 'Prisraki') dieser Thematik zugewandt. Im Rahmen der vorliegenden Studie werden vor allem die drei zuletzt genannten Werke einer Betrachtung unterzogen, wobei im Vorfeld die Imago des westeuropäischen weiblichen Vampirs in den Mittelpunkt gerückt wird. Unter Zuhilfenahme der neuen Forschungsansätze des Wiedergängerin-Mythos soll auf diese Weise versucht werden festzustellen, ob die Imago der 'russischen' Wiedergängerin sich vom Pendant ihrer westlichen Genossinnen abhebt.

Irina Frey, M. A., wurde 1982 in der ehemaligen Sowjetunion geboren. Ihr Studium der russischen Literatur an der Universität Konstanz schloss die Autorin im Jahre 2012 mit dem akademischen Grad der Magistra Artium ab. Ihr Interesse an der europäischen Vampirliteratur und an deren Rezeption im osteuropäischen Raum, hat sie dazu bewogen, die Thematik des Vampirismus im Rahmen ihrer Studie aufzugreifen. Hierbei rückt die Autorin vor allem die Gestalt des weiblichen Vampirs in den Mittelpunkt.
Textprobe: Kapitel 2.1 Der, (un)tote Mythos und die 'Auferweckung' der Wiedergängerin: Die Mythen, die sich um die Gestalt der Wiedergängerin reihen, sind zahlreich und lassen ihren Ursprung bereits in der vorchristlichen Zeit vermuten. Einer der ältesten überlieferten Wiedergängerin-Mythen ist im Talmud zu finden und handelt von Lilith, der ersten Frau Adams. Der Legende nach weigert sich Lilith, sich Adam zu unterwerfen, und flieht, um sich schließlich in einer Wüste niederzulassen und mit einem Dämon eine Heerschar an Kindern zu zeugen. Als Gott davon erfährt, tötet er Hunderte ihrer Kinder, um sie zu einer Rückkehr zu Adam zu bewegen. Doch Lilith verweigert Gott den Gehorsam und schwört Rache. Fortan verfolgt sie der Überlieferung nach sowohl Männer als auch Wöchnerinnen und Kinder, saugt ihnen des Nachts das Blut aus und trachtet ihnen nach dem Leben. In der Dichtung der Antike erscheint die Blutsaugerin hauptsächlich in der Gestalt der Lamia und der Empuse, um auch hier vorwiegend männliche Opfer ihres Samens bzw. ihres Blutes zu berauben. So wird etwa in Philostratos Schriften über das 'Leben des Apollonions von Tyana' (entstanden etwa 217-238 n. Chr.) von einem Mann berichtet, der einer Empuse in menschlicher Gestalt beinahe zum Opfer fällt. Norbert Borrmann weist zudem darauf hin, dass in den 'Metamorphosen' (ca. 175 n. Chr.) von Apuleius oder in Ovids 'Fasti' (ca. 8 n. Chr.) ebenfalls Hinweise auf bluttrinkende Dämoninnen zu finden sind, die sich als nächtliche Succubi ihres Opfers bemächtigt haben. Abgesehen von den mythischen Überlieferungen über weibliche, bluttrinkende Dämonen sind diese antike Dichtungen wohl den ersten Zeugnissen der literarischen Abfassung des Wiedergängerin-Motivs zuzuordnen und sind außerdem bis ins 18. Jahrhundert hinein vorerst die letzten literarischen Spuren der Wiedergängerin. Als jedoch in den 1720er-1
Die Lust am Töten: Der weibliche Vampir in der russischen Literatur von Aleksej Tolstoj und Ivan Turgenev1
Inhaltsverzeichnis4
1. Einführung5
2. Pathologie einer “Mörderin”: Die literarische Genese der Wiedergängerin11
2.1 Der (un)tote Mythos und die “Auferweckung” der Wiedergängerin11
2.2 Blutige Küsse und romantische Gattung: Die (Un)Tote im Spiegel der Schwarzen Romantik15
2.3 Die Wiedergängerin als femme fatale und “New Woman”21
3. Die Rezeption des Wiedergängerin-Motivs in der russischen Literatur Mitte des 19. Jahrhunderts: Aleksej Tolstoj - Ivan Turgenev31
3.1 Von Wieder- und Doppelgängerinnen31
3.1.1 Die Wiedergängerin zwischen Wunschtraum und Double31
3.1.2 Die wiedergängerische Hexe: Die Frau als Teufelsweib41
3.2 Von femme fragile zu Vamp: Der “gefährliche” Eros47
3.2.1 Zdenka: Femme zwischen fragile und fatale47
3.2.2 Die (a)sexuelle Dimension der “russischen” Wiedergängerin52
3.3 Die Frage des Geschlechts oder das Versagen der “russischen” Wiedergängerin56
3.3.1 Das Blut. Die Kraft des “besonderen Saftes”: Ein Exkurs56
3.3.2 Die Wiedergängerin im Spannungsfeld der Geschlechter59
3.3.3 Der (un)gültige Tod oder die Frage nach dem Versagen der “russischen“ Wiedergängerin64
4. Schlussbetrachtung69
5. Literaturverzeichnis73
5.1 Primärliteratur73
5. 2 Sekundärliteratur75
5.3 Internetquellen79