: Karl-Heinz Göttert
: Abschied von Mutter Sprache Deutsch in Zeiten der Globalisierung
: S. Fischer Verlag GmbH
: 9783104025292
: 1
: CHF 13.00
:
: Sprache: Allgemeines, Nachschlagewerke
: German
: 368
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Die umfassende Bestandsaufnahme der Rolle der deutschen Sprache in der Welt! Wie steht es um die deutsche Sprache? Wird sie zunehmend von englischen Ausdrücken dominiert? Verliert sie an Einfluss in der Welt und der Wissenschaft? Welche Rolle spielt sie in Europa und den europäischen Institutionen? Wie wichtig ist Deutsch für die Wirtschaft? Welche Sprachpolitik ist sinnvoll? Karl-Heinz Göttert unternimmt eine umfassende Bestandsaufnahme des Deutschen: Historisch informiert, politisch engagiert und unter Rückgriff auf Zahlen und Fakten beantwortet er alle Fragen rund um die Stellung des Deutschen in Zeiten der Globalisierung - und ganz besonders die eine: Müssen wir uns Sorgen machen?

Karl-Heinz Göttert, geboren 1943, studierte Geschichte und Deutsch an der Universität zu Köln, promovierte und habilitierte sich dort und lehrte ebenfalls dort bis zu seiner Emeritierung als Professor für Ältere Deutsche Literatur. Im S.Fischer Verlag ist zuletzt ?Abschied von Mutter Sprache. Deutsch in Zeiten der Globalisierung? (2013) erschienen sowie ?Mythos Redemacht. Eine andere Geschichte der Rhetorik? (2015).

Sprachen in Deutschland


Zahlen vom Statistischen Bundesamt


Man kann es auch so sagen: Die vielen Sprachen stören und sind doch unverzichtbar. Wie löst man das Dilemma?

Schauen wir uns dazu einige Fakten in unserer direkten Umgebung an. Gut, die Welt ist vielsprachig, in fernen Kontinenten vor allem. Schon in Europa sieht es besser aus, auch wenn man über die vielen Sprachen etwa im Balkan einmal hinwegsieht, die die Gesamtzahl in Europa nach Haarmann immerhin auf143 hinauftreiben (anderswo rechnet man mit70). Aber Europa ist auch noch insofern eine Ausnahme, als hier die meisten Sprachen miteinander eng verwandt sind. Während zum Beispiel die vielen Sprachen in Papua-Neuguinea völlig unterschiedlichen Sprachstämmen angehören, dominiert in Europa eine gemeinsame Wurzel, die als Indogermanisch oder Indoeuropäisch bezeichnet wird. Man nimmt an, dass Europa von Völkern besiedelt wurde, die aus dem alten Zweistromland (dem heutigen Irak) stammten und sowohl nach Norden (Europa) wie nach Süden (Indien) vordrangen. Die Verwandtschaft wurde im19. Jahrhundert entdeckt und führte zu einer Blüte der Sprachwissenschaft. Auf einfachste Weise merkt man die Zusammenhänge an Wortgleichungen wie der Zahl »drei« mit englischthree, französischtrois, italienischtre usf. Es gibt heute den neuen Forschungszweig einer Eurolinguistik, der nicht mehr nach der gemeinsamen Herkunft der Sprachen fahndet, sondern ihre gemeinsame Entwicklung beobachtet: eine Art Herausbildung von Eurisch für Europa. Wir leben jedenfalls in Europa in einer sprachlich vergleichsweise homogenen Weltgegend.

Nur darf man sich nicht täuschen: Selbst in einem einzelnen europäischen Land wie Deutschland ist die Sprachenvielfalt groß, größer, als es sich die meisten wohl vorstellen. Dies hängt mit den modernen Migrationsverhältnissen zusammen, die Deutschland zu einem multikulturellen und eben auch multilingualen Land gemacht haben wie andere große Industriestaaten auch. Das Statistische Bundesamt bzw. der Ausländerbeauftragte der Bundesregierung legt regelmäßig Zahlen vor, die die schwer zu handhabende Charakterisierung von »Menschen mit Migrationshintergrund« differenzieren. Nach dem Stand vom Dezember2011 sind es15,3 Millionen, ohne Berücksichtigung derjenigen in zweiter oder dritter Generation.6,7 Millionen davon sind »Ausländer« (Personen ohne deutschen Pass), die Deutsch sprechen oder lernen, auf jeden Fall aber auch ihre eigene Sprache mitbringen.31 Prozent stammen ausEU-Ländern:520159 Italiener,468481 Polen,283684 Griechen,223014 Kroaten, um nur die größten Gruppen zu nennen. Dabei sind die Herkunftsländer oft mit mehr als nur einer Sprache vertreten. Bei den Italienern gibt es Albanischsprecher und Sizilianer mit jeweils ausgeprägten Dialekten. Bei den Spaniern haben die Katalanen den Rang einer eigenen Amtssprache bei derEU durchgesetzt. Natürlich bringen auch Personengruppen aus demEU-Raum, die ganz jenseits einer »Gastarbeiter«-Tradition stehen, ihre Sprachen mit: Franzosen, Engländer, Belgier, Niederländer (zum Beispiel im Rahmen militärischer Verbände).

Von den »Gastarbeitern« (Personen mit deutschem Pass also nicht mitgerechnet) stammen die meisten nicht aus der