: Anna Ehrlich
: Auf den Spuren der Josefine Mutzenbacher Eine Sittengeschichte
: Amalthea Signum Verlag GmbH
: 9783902862372
: 1
: CHF 11.50
:
: Geschichte
: German
: 272
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Österreichische Geschichte aus erotischer Sicht Josefine Mutzenbacher wurde zur berühmtesten Wiener Dirne, ja, zum Synonym für die Wiener Dirne schlechthin. Sie hat nicht ein-, sondern tausendfach gelebt, nicht nur im ausgehenden 19. Jahrhundert, sondern zu allen Zeiten. Anna Ehrlich führt uns ohne erhobenen Zeigefinger durch die Wiener (Un)Sitten vergangener Jahrhunderte. Der Bogen dieses amüsanten und höchst informativen historischen Sachbuches spannt sich von den mittelalterlichen Bademägden und Hübschlerinnen über die Grabennymphen und Stubenmädchen der Barockzeit bis hin zum 'süßen Mädl' und dem Vamp um 1900. Mitglieder des Kaiserhauses mit ihren Skandalgeschichten kommen darin ebenso vor wie die einfachen Menschen von der Straße. Ein augenzwinkernder Streifzug durch die Sittengeschichte Wiens.

DDr. Anna Ehrlich ist promovierte Juristin und Historikerin und bietet seit über dreißig Jahren informative und unterhaltsame Führungen in Wien an (www.wienfuehrung.at). Sie widmet sich neben der Religionsgeschichte vor allem den Randthemen der Geschichte, so wie der Sitten-, Medizin- und Rechtsgeschichte. Aus ihren Vorträgen zum Thema 'Magie und Erotik am Kaiserhof' und der Beschäftigung mit der Kunstkammer des Kunsthistorischen Museums in Wien ist der Roman 'Szepter und Rose' entstanden. Zuletzt bei Amalthea erschienen: 'Auf den Spuren der Josefine Mutzenbacher', 'Hexen, Mörder, Henker', 'Ärzte, Bader, Scharlatane', 'Heiden, Christen, Juden und Muslime' sowie 'Karl Lueger' und 'Wien für kluge Leute'. Ausgezeichnet mit der Ehrenmedaille der Bundeshauptstadt Wien in Bronze.

Frauen treten erstmals aus dem Dunkel der Geschichte–»Josefine« und das Mittelalter


Die fruchtbaren Markgräfinnen

Ganz einfach war es nicht, heidnische Vorstellungen und christliches Gedankengut miteinander zu verbinden: Eifrig wurde diskutiert, ob Frauen dennüberhaupt Menschen wären. Den reichen und mächtigen Damen gestand man dies bald zu, denn der Wert der Frau hing eng mit ihrer sozialen Stellung zusammen. Und so ist es nicht weiter erstaunlich, wenn wir aus dem frühen Mittelalter nur von Privilegierten Kunde haben, besonders von den Frauen der Markgrafen. Seit 976 n. Chr. die Babenberger von Kaiser Otto II. mit der neu gebildeten Mark im Osten belehnt worden waren, strebten diese danach, ihre Macht und ihr Ansehen zu vergrößern. Ein probates Mittel dazu waren günstige Eheverbindungen.

Markgraf Leopold II. (?–1095) vermählte sich mit Itha von Formbach-Ratelnberg, derÜberlieferung nach war sie die Erbin von Wien4. Sie war nicht nur reich, sondern auch wunderschön und so fromm, dass ihr Sohn Leopold (III.) es bis zum Heiligen und Landespatron brachte. Die fruchtbare Markgräfin gebar ihrem Mann sieben Kinder, aus einer früheren Ehe hatte sie bereits zwei Söhne. Als 55-jährige Witwe ging ihre Abenteuerlust mit ihr durch, und sie zog mit Kreuzfahrern, die sich damals in Wien versammelten, ins Heilige Land. Die Teilnahme an einem Kreuzzug war damals große Mode und ein unvergessliches Erlebnis: Voran zogen Krieger und Kriegerinnen, dahinter im Tross unzählige Händler, Köchinnen, Wäscherinnen und Prostituierte, die sich fern der Heimat der Gläubigen erbarmten. Itha ritt zwischen den Kriegern, als diese im September 1101 auf den Feind trafen. Wie die Legende erzählt, geriet die anmutige Markgräfin in türkische Gefangenschaft, kam in den Harem des Sultans und wurde dessen Lieblingsfrau.

An Liebeskraft wurde Itha von ihrer Schwiegertochter, der zweiten Gattin des heiligen Markgrafen Leopold III. (1075–1136) und Königstochter Agnes, bei weitemübertroffen. Sie war die Witwe Friedrichs I. von Staufen und hatte bereits zwölf Kinder, als sie 1106 den Markgrafen heiratete. Von ihm bekam sie weitere 19, von denen sieben jung verstarben. Macht zusammen 31! Unglaublich, doch hat man anhand ihres Skeletts nachgewiesen, dass sie tatsächlich mehr als 25 Kinder geboren hat. Diese erstaunliche Frau erreichte ein Alter vonüber siebzig Jahren. Unter ihrem Sohn Leopold (IV.) wurde Wien 1137 als»civitas« bezeichnet, war also endlich zu einer richtigen Stadt mit allen Privilegien geworden.

Leopolds Bruder Heinrich (II.) vermählte sich in zweiter Ehe mit der 15-jährigen Prinzessin Theodora Komnena, einer Nichte des Kaisers von Byzanz. Sie wurde 1156 gemeinsam mit ihrem Mann mitÖsterreich als Herzogtum belehnt, das in Zukunft– im Falle des Aussterbens des Mannesstammes– auch an Töchter vererbt werden konnte. 1155 machte das Herzogspaar Wien zu seiner Residenz.

Die Herzogin hatte Handwerker aus Byzanz mitgebracht, darunter Baumeister. Sie errichteten neben festen Häusern für die wachsende Bevölkerung einen Wirtschaftshof mit zwei Kapellen und einen großen Saal für das Herzogspaar, davor ein Kloster für irische Mönche und eine schöne neue Kirche. Hof und Bürger suchten in ihr seelische Erbauung, aber außerhalb wollten sie mit Wein, Weib und Gesang unterhalten werden. Gaukler, Spielleute und Sänger fanden ihr Publikum. Reinmar von Hagenau, ein geborener Elsässer, machte Wien zu seiner neuen Heimat und sang hier das»Lob der Frauen«:

»Und ist daz mirs mîn sælde gan…«
Und sollte mir mein Glück vergönnen,
dass ich von ihrem Munde, wäh