DIE MACHT DER WAHLFREIHEIT Ein Tag wie jeder andere Mittwochmorgen. Sie sind gerade aufgestanden, und das einzig Ausgeschlafene in diesem Moment ist die 'Einen wunderschönen guten Morgen!'-Stimme der Radiomoderatorin, die das heutige Telefonspiel erklärt. Eine Reise nach Mauritius können Sie gewinnen, wenn Sie jetzt ganz schnell anrufen und den Werbespruch des Senders vorsingen. Auf Mauritius, tja, da wäre es jetzt wärmer. Dort bräuchten Sie nicht den Bericht zu schreiben, den der Chef Ihnen gestern zur 'Überarbeitung' wieder auf den Schreibtisch gelegt hat. Und es würden nicht diese gelben Klebezettel an der Tür hängen: 'Stromrechnung überweisen!', 'Leere Flaschen wegbringen!' Der Wasserhahn tropft, und Sie erinnern sich dunkel, dass Sie sich schon vor drei Wochen darum kümmern wollten. Ein Tag, nicht besser oder schlechter als die meisten in Ihrem Leben. Wenn Sie nach Hause kommen, werden Sie auf die immer gleiche Frage 'Wie war's heute im Büro?' die gleiche Antwort wie gestern und an den Tagen zuvor geben: 'Wie immer.' Vielleicht haben Sie sich früher einmal alles anders vorgestellt. Aber das ist lange her. Es hat sich halt so ergeben. Fast wie von selbst. Inzwischen wissen Sie, dass 'man sich nach der Decke strecken muss'. Sie funktionieren. Nur manchmal, wenn zusätzlich der Wagen nicht anspringt, der Mantel sich in der Autotür verklemmt und der Hausmeister Sie zum zehnten Mal daran erinnert, das Garagentor zu schließen, möchten Sie das alles abschütteln wie ein nasser Hund den Regen. Von wegen Mauritius! Neben vielen kleinen Dingen, die einem das Leben schwer machen, gibt es noch die wirklich belastenden Probleme: Vor Kurzem ist auch in Ihrem Unternehmen der Begriff Stellenabbau gefallen. 'Sie wissen ja, wir sind in unserem Unternehmen eine große Familie. Und nun hat unser Familienoberhaupt einen Beschluss gefasst: Sie werden bald das Nest verlassen müssen.' Wen wird es zuerst treffen? Welche Zukunft erwartet Sie, wenn Sie den Schwarzen Peter ziehen? In diesen Zeiten scheint es auf jeden Fall klug, sich ruhig zu verhalten und nicht unangenehm aufzufallen. Vielleicht hätten Sie vor einem Jahr die Stelle in München annehmen sollen, die Ihnen angeboten worden war. Damals dachten Sie aber an die Kinder, denen Sie einen Umzug nicht zumuten wollten (sie hatten sich gerade gut eingewöhnt, die lang ersehnten Freunde gefunden - es ging einfach nicht!). Außerdem war da das Häuschen, das Sie wenige Jahre zuvor gekauft und gerade fertig eingerichtet hatten. Vielleicht sind es auch andere Lebensumstände, die Sie beschäftigen: Sie hetzen von einer Verpflichtung zur anderen und reiben sich auf. In Ihrer B |