: Hera Lind
: Verwechseljahre Roman
: Diana Verlag
: 9783641091347
: 1
: CHF 7.80
:
: Erzählende Literatur
: German
: 400
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Das halbe Leben ist vorbei - höchste Zeit, endlich unvernünftig zu werden
Drei Frauen in der Mitte des Lebens: Carin lebt allein und mag nicht ihren Nachbarn heiraten, nur weil ihre Mutter das prima fände. Sonja arbeitet hart an ihrer Traumfigur, doch ihre Tochter ist tausendmal schöner als sie. Billi, Hausfrau mit Mann und Kindern, die sie auffressen, überlegt, noch den Doktor zu machen. Sie halten zusammen wie Pech und Schwefel - bis ein junger Mann auftaucht, der das Leben der drei Frauen kräftig durcheinanderwirbelt und ihre Freundschaft auf eine harte Probe stellt.

Hera Lind studierte Germanistik, Musik und Theologie und war Sängerin, bevor sie mit zahlreichen Romanen sensationellen Erfolg hatte. Seit einigen Jahren schreibt sie ausschließlich Tatsachenromane, ein Genre, das zu ihrem Markenzeichen geworden ist. Mit diesen Romanen erobert sie immer wieder die SPIEGEL-Bestsellerliste. Hera Lind lebt mit ihrem Mann in Salzburg, wo sie auch gemeinsam Schreibseminare geben.

1

Nebenan wurde was für dich abgegeben.« Meine Mutter saß mit ihrer Lieblingswolldecke vor dem Fernseher. Sie war gerade einundneunzig geworden und wohnte noch bei mir. Na ja, die Wahrheit war: Ich wohnte noch bei ihr. Das Schicksal hatte es so gewollt, dass wir seit sechsundvierzig Jahren eine eingeschworene Zweck- und Wohngemeinschaft waren. Abgesehen von meinem schrecklichen Aufenthalt in dieser grauenhaften Klinik damals, waren Mutter und ich noch nie länger als drei Tage getrennt gewesen.

»Bei welchem Nebenan?« Schwungvoll stellte ich die Einkaufstüten auf den Tisch und schob Mutter ein Kissen in den Rücken. Bitte sag jetzt nicht: »Bei Rainer«, flehte ich innerlich.

Rainer Maria Frohwein war unser direkter Nachbar im Sechsparteienhaus. Ein früh pensionierter Lehrer, der mich aus irgendeinem Grund vergeblich liebte. Es war wirklich anstrengend, ihm ständig begegnen zu müssen.

»Bei Rainer!«

Ich schluckte. Anscheinend gab es kein Entrinnen. Ich meine, Rainer Frohwein war nett, keine Frage. Aber irgendwas in mir stellte sich quer. Ich konnte auch ohne Rainer leben.

»So ein hilfsbereiter Mann.« Mutter richtete sich auf und lächelte mich an. Im Schein der Nachmittagssonne, die durch denVorhangspalt fiel, sah ich ihre tausend lieben Fältchen. Sie streckteihre mageren Hände nach mir aus. »Komm, Kind, setz dich!«

Ich ließ mich auf die Lehne ihres Rollstuhls sinken. Mutters Augen wurden wässrig: »Carin, Liebes. Der Rainer ist doch so ein netter Kerl.«

»Ja, Mutter. Ich weiß.«

»Und er schreibt dir so nette Briefe.«

Ich verdrehte die Augen.

»Mutter, was wurde bei Rainer für mich abgegeben?«

»Ein Zettel. Mit einer Telefonnummer. Ich hatte meine Brille nicht griffbereit, deshalb habe ich zu Rainer gesagt, er soll ihn dir doch nachher selber geben.«

Wenn das nicht ein Trick war. Rainer gab mir ständig Zettel. Da standen Gedichte drauf.

Kostprobe gefällig?

Dort,

wo ich

immer hinwollte –

am