: Raphael Zehnder
: Müller und die Schweinerei
: Emons Verlag
: 9783863582494
: 1
: CHF 7.60
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 224
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Weshalb mussten die Säuli auf dem 'Schwendihof' in Oberlunkhofen sterben? Wer hat den Schweinkübel im Bio-Restaurant 'Sumatra' in Zürich vergiftet? Und wie kommt ein mannshoher Rollschinken in den Schweinestall? Kriminalpolizist Müller Benedikt - eigentlich immer noch wegen eines Schusswaffentraumas vom Dienst suspendiert - macht sich inoffiziell an die Ermittlungen. Seine Intuition leitet ihn vom 'Verband der fleischfressenden Industrie' über die Esoterik zur Kunst, aber damit ist der Fall noch lange nicht gelöst....

Raphael Zehnder, geboren 1963 in Baden (Schweiz), Dr. phil., Romanist und Latinist, 26 Jahre Stadt Zürich, 27 Jahre Kulturjournalismus (v. a. Rock 'n' Roll), Gesellschafts- und Multimedia-Redakteur beim Schweizer Radio und Fernsehen SRF.

Tag 3

Die Sonne klettert auch heute ungetrübt über den einzigartigen Horizont von Zürich. Zürich ist an einem Sommermorgen eine Wucht. Der See, die Hügel drum herum und darüber, die Alpen in der Ferne und der Himmel blauer als auf dem Rest der Welt. Die Sonne noch tief, aber bereits kräftig. Sie findet den Weg zu den verschlossenen Augenlidern von Müller in Wiedikon im dritten Stock. Die Strahlen bescheinen ihn und bescheinen ihn und bescheinen ihn, bis er sich gegen das Aufwachen nicht mehr wehren kann, er blinzelt und regt sich. Wir schauen weg, denn der Müller macht gleich seine Morgentoilette, und das geht uns nichts an. Erst nach dem Frühstück ist er wieder unser Mann, parat für unsere Geschichte »Müller und die Schweinerei«. Denn, na klar, er wird weiterermitteln. Braucht nur einen Kaffee und zwei – lachen Sie nicht – Nutellabrote. Gelegentlich tut das auch Volljährigen gut. Deshalb Energieeinschuss und Treppe hinunter und Haustür hinaus: sofort zur nächsten Ermittlungsstation. Im Schlaf hat er eine ganze Gedankenkette geknüpft. Wohin es geht, liegt auf der Hand: Bioschweine  Fleisch  Fleischerzeugung  »Verband der Fleischfressenden Industrie (VFI)«. Ist der Dachverband der Fleischerzeuger.

Hat man vielleicht Vorurteile: Sehen dort sicher alle aus wie Schweinshaxen mit Gesichtern wie Schwartenmagen, vollfett mit Mastförderungszusatz und unempfindlich gemacht mit Stressninspritze. Gesamterscheinungsbild vergleichbar mit Kater Karlo + einem deutschen Altkanzler + dem weltbekannten Sumoringer Hokuhito Okinori. Aber das sind billige Unterstellungen und Klischees, perfid, weil in Wirklichkeit beimVFI allesamt kraftstrotzende, prächtige Mannsbilder und Frauenzimmer von einer Anmut, die alles Schondagewesene hinwegfegt. Werden wir gleich sehen.

Domizil desVFI residiert an der Baslerstrasse in Altstetten, zwischen Letzigrund-Stadion und Schlachthof. Passt doppelt, weil drüben werden die Tiere geschlachtet und hüben die Bratwürste und Burger gegessen. Dazwischen gibt derVFI seinen Senf dazu.

Der Müller mit dem 32er-Bus bis Militär-/Langstrasse, dort umsteigen auf den 31er, fünf Minuten stadtauswärts  Herdernstrasse und zwei Minuten zu Fuss  Verbandssitz. Altes gelbes Backsteingebäude, frisch aufgepeppt, Empfangsloge, darin eine junge Frau, die in einem Computer blättert. Sie hebt den Kopf und schaut freundlich Müller an, dem die braunen Haare schon wieder am Kopf kleben, der auf der anderen Seite des Möbels vor ihr steht.

»Guten Tag, ich möchte zum Geschäftsführer«, sagt der Müller.

»Haben Sie einen Termin? Wie ist Ihr Name?«, fragt sie, während des Müllers Röntgenblick auf ihrer petrolblauen Bluse, genauer: auf dem Namen »C. Büttikofer« kleben bleibt.

C., denkt der Müller: Carmen? Carmela? Christina? Concepcion? Chastity? Claudia?

Aber er sagt: »Nein und Müller Benedikt, Polizei Zürich.«

Dazu schaut er treuherzig, weil beim Namen »Polizei« geschieht in vielen Menschen Ungeahntes. Nicht nur in Menschen unreinen