Das leicht entzündbare Herz:
Marie-Louise
(12. Dezember 1791 – 17. Dezember 1847)
»Verkauft« an den Erzfeind Napoleon, erfüllte Marie Louise ihre ehelichen Pflichten, gebar dem Kaiser der Franzosen den ersehnten Sohn – und setzte dann doch ihr Recht auf Liebe durch. Eine Liaison mit einem verheirateten Mann und zwei außereheliche Kinder – das hatte vor ihr noch keine Kaisertochter geschafft!
Edle Vorfahren
Kaiser Franz II. war alles andere als ein dynamischer Herrscher. Er scheute Entscheidungen ebenso wie das Hofzeremoniell, er hielt sich am liebsten in seinen vier Wänden auf, tischlerte, liebte Hausmusik und bequeme Kleidung und war am glücklichsten in seinem Schloss in Laxenburg. Schon im Alter von 16 Jahren wurde er von Joseph II. als »Kaiserlehrling« aus Florenz nach Wien geholt und strengsten Erziehungsmethoden unterzogen. Spätestens 1792, als er mit 24 nach dem überraschenden Tod seines Vaters Leopold II. zum Herrscher in den österreichischen Erblanden, König von Ungarn und Böhmen und zum römischdeutschen Kaiser wurde, war jedoch klar, dass er es noch lange nicht zum »Kaisermeister« gebracht hatte.
Der junge Kaiser stöhnte vom ersten Tag an unter der Lastseiner neuen Aufgaben und Würden. Als eine seiner wichtigsten Pflichten hatte er es schon vor seiner Thronbesteigung betrachtet, dem Erzhaus Habsburg Söhne zu schenken. Auch das erwies sich jedoch als weit schwieriger als geahnt. Elisabeth Wilhelmine von Württemberg, seine erste Gattin, hatte 1790 eine Tochter geboren, sie selbst war noch bei der Geburt gestorben, das Kind im folgenden Jahr. Im September 1790 heiratete der Erzherzog zum zweiten Mal. Diesmal schloss er den Bund der Ehe mit seiner Cousine Maria Theresia. Sie war die Tochter der energischen und lebenslustigen, mit König Ferdinand von Neapel-Sizilien verheirateten Maria Karolina und die Enkelin der großen Maria Theresia.
In Neapel war Maria Theresia auf Grund ihrer Anmut und Schönheit »die Gazelle« genannt worden. Sie hatte von ihrer Mutter Lebenslust und Sinnlichkeit und dazu einen kräftigen Schuss Unbekümmertheit geerbt. Den Wiener Hof krempelte sie um, sobald ihr Mann die Kaiserwürde erlangt hatte. Jetzt wurde gelacht und getanzt, die junge Kaiserin liebte nichts mehr als Theateraufführungen und Singspiele, Redouten und Maskenbälle und tanzte mit Leidenschaft den neu in Mode gekommenen Walzer. Und, ganz zwischendurch, schenkte sie zwölf Kindern das Leben. Das erste war Marie Louise.
Marie Louise war am 12. Dezember 1791 zur Welt gekommen. Bei ihrer Taufe am nächsten Tag gab ein Bataillon auf dem Bürgerspitalplatz die dreimalige Salve ab, die von den auf den Wällen der Stadt aufgestellten Kanonen wiederholt wurde. Das war zwar nur Jubel im Taschenformat, für die Geburt einer Erzherzogin sah das Protokoll aber nicht mehr vor.
Die kleine Erzherzogin wuchs in Wien wohl behütet und umsorgt auf. Als sie acht Jahre alt war, wurde Gräfin Victoria Colloredo zu ihrer Aja ernannt. Das erwies sich als besonderer Glücksfall, denn die Gräfin hatte aus ihrer ersten Ehe eine kleine Tochter namens Victoire de Poutet. Zwischen ihr und der gleichaltrigen Marie Louise entspann sich eine herzliche und innige Freundschaft, die ein Leben lang andauern sollte.
Die Mutter bekam Marie Louise nicht oft zu sehen, die war mit dem Organisieren von Unterhaltungen und Vergnügungen beschäftigt. Noch als Kind schrieb Marie Louise nieder, sie habe sich nach nichts mehr gesehnt als nach einer Umarmung ihrer Mutter – vergebens. Der kaiserliche