[…] Natürlich hatte Scribe dies so gut wie unbeachtet gelassen. Nichtsdestoweniger gab ich meine Pläne nicht auf, ich ging vielmehr im Sommer1839 mit Lebhaftigkeit wieder darauf ein, und vermochte kurz und gut meine Frau, sich mit mir an Bord eines Segelschiffes zu begeben, welches uns bis London bringen sollte. Diese Seefahrt wird mir ewig unvergeßlich bleiben; sie dauerte drei und eine halbe Woche und war reich an Unfällen. Dreimal litten wir von heftigstem Sturme, und einmal sah sich der Kapitän genötigt, in einem norwegischen Hafen einzulaufen. Die Durchfahrt durch die norwegischen Schären machte einen wunderbaren Eindruck auf meine Phantasie; die Sage vom fliegenden Holländer, wie ich sie aus dem Munde der Matrosen bestätigt erhielt, gewann in mir eine bestimmte, eigentümliche Farbe, die ihr nur die von mir erlebten Seeabenteuer verleihen konnten. Von der äußerst angreifenden Fahrt ausruhend, verweilten wir acht Tage in London; nichts interessierte mich so, als die Stadt selbst und die Parlamentshäuser, – von den Theatern besuchte ich keines. In Boulognesur mer blieb ich vier Wochen: dort machte ich die erste Bekanntschaft Meyerbeers, ich ließ ihn die beiden fertigen Akte meines »Rienzi« kennen lernen; er sagte mir auf das Freundlichste seine Unterstützung in Paris zu. Mit sehr wenig Geld, aber den besten Hoffnungen betrat ich nun Paris. Gänzlich ohne alle Empfehlungen war ich einzig nur auf Meyerbeer angewiesen; mit der ausgezeichnetsten Sorgsamkeit schien dieser für mich einzuleiten, was irgend meinen Zwecken dienlich sein konnte, und gewiß dünkte es mich, bald zu einem erwünschten Ziele zu kommen, hätte ich es nicht so unglücklich getroffen, daß gerade während der ganzen Zeit meines Pariser Aufenthaltes Meyerbeer meistens und fast immer von Paris entfernt war. Auch aus der Entfernung wollte er mir zwar nützlich sein, nach seinen eigenen Voraussagungen konnten briefliche Bemühungen aber da von keinem Erfolge sein, wo höchstens das unausgesetzteste persönliche Eingreifen von Wirkung werden kann. Zunächst trat ich in Verbindungen mit dem Theaterde la Renaissance, welches damals Schauspiele und Opern zugleich aufführte. Am geeignetsten für dieses Theater schien mir die Partitur meines »Liebesverbotes«; auch das etwas frivole Sujet wäre gut für die französische Bühne zu verarbeiten gewesen. Ich war dem Direktor des Theaters von Meyerbeer so dringend anempfohlen, daß er nicht anders konnte, als mir die besten Versprechungen zu machen. Demzufolge erbot sich mir einer der fruchtbarsten Pariser Theaterdichter,Dumersan, die Bearbeitung des Sujets zu übernehmen. Drei Stücke, die zu einer Audition bestimmt wurden, übersetzte Dumersan mit dem größten Glücke, so daß sich meine Musik zu dem neuen französischen Texte noch besser, als auf den ursprünglichen deutschen ausnahm; es war eben Musik, wie sie Franzosen am leichtesten begreifen, und Alles versprach mir den besten Erfolg, als sofort das Theaterde la Renaissance Bankerott machte. Alle Mühe, alle Hoffnungen waren so vergebens gewesen. In demselben Winterhalbjahre,1839 zu1840, komponierte ich außer einer Ouvertüre zu Goethes »Faust«, I. Teil, mehrere französische Lieder, unter andern auch eine für mich gemachte französische Übersetzung der beiden Grenadiere von H. Heine. An eine möglich zu machende Aufführung meines »Rienzi« in Paris habe ich nie gedacht, weil ich mit Sicherheit voraussah, daß ich wenigstens fünf bis sechs Jahre hätte warten müssen, ehe s