: Wolf S. Dietrich
: Letzter Abflug Calden
: Prolibris Verlag
: 9783954750368
: 1
: CHF 7.80
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: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 232
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Zuerst stirbt ein Flugzeugmechaniker. Dann stürzt eine einmotorige Propellermaschine bei Hofgeismar in den Wald. Nach offizieller Darstellung Unfälle. Ohne Zusammenhang. Für die Kasseler Hauptkommissarin Hanna Wolf geraten die Ermittlungen zum Albtraum, denn man gibt ihr zu verstehen, dass an höherer Stelle kein Interesse an der Aufklärung besteht. Dann fällt ihr - im wahren Sinn des Wortes - ein weiterer Toter vor die Füße. Wirklich nur ein weiterer Unfall? Hanna Wolf ermittelt allen Widerständen zum Trotz weiter und erkennt nach und nach das Ausmaß der Bedrohung hinter den Ereignissen.

Wolf S. Dietrich lebt heute als freier Autor in Göttingen und an der Nordseeküste bei Cuxhaven. Wolf S. Dietrich studierte in Göttingen Germanistik und Theologie, arbeitete als Lehrer, als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der dortigen Universität und als Didaktischer Leiter einer Gesamtschule. Der Müritz-Kreis gehört zu seinen bevorzugten Reisezielen. Der Autor ist Mitglied im Syndikat, der Autorengruppe deutschsprachiger Kriminalliteratur.

9

Zur Eröffnung der Wohnanlage war neben den lokalen Größen auch der Ministerpräsident erschienen. Mit grimmigem Vergnügen beobachtete Bollmann, wie Politiker der Stadt und des Landkreises um den MP herumscharwenzelten. Parteifreunde waren sie weiß Gott nicht, aber wie sie sich bemühten, ein wenig vom Glanz des hohen Herren auf sich zu lenken, wie sie darauf bedacht waren, möglichst an seiner Seite abgelichtet zu werden, und dann breit in die Kameras lächelten, erschienen sie wie Bewerber für hoheÄmter, die nach dem Grad ihrer Ergebenheit beurteilt würden.

Die sind doch alle gleich. Hofschranzen. Einer schleimt schlimmer als der andere. Könnte sich ja mal auszahlen. Hoffentlich gibt’s bald was zu essen.

Bollmann schielte nach den Kanapées, die in der Empfangshalle auf die Festgemeinde warteten. Aber noch war die Rede des Ministerpräsidenten nicht zu Ende. Was er sagte, war zwar weitgehend ausähnlichen Anlässen bekannt, aber das schienen die Lokalpolitiker vergessen zu haben. Sie klatschten mit einer solchen Begeisterung, als er an dasübliche, kaum getarnte Eigenlob eine großzügige Würdigung für dieörtlichen Entscheidungsträger anschloss, dass man glauben konnte, sie hätten eine Offenbarung gehört. Natürlich vergaß er nicht, den weitsichtigen Bauunternehmer zu erwähnen, der die Anlage so vorbildlich errichtet hatte und mit seinem gesunden Betrieb zur wirtschaftlichen Stabilität in Nordhessen beitrug. Bollmann lächelte pflichtschuldig und wartete auf den Schlusssatz. Der fiel genau so aus, wie er erwartet hatte.»Ich würde es begrüßen«, sagte der Regierungschef,»wenn weitere Projekte zur Förderung von Investitionen und Arbeitsplätzen in Nordhessen ebenso zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht werden könnten. Die Landesregierung, meine Damen und Herren, wird im Rahmen ihrer Möglichkeiten dazu beitragen, dass zukunftsorientierte Vorhaben— auch und gerade in dieser Region— zu einem guten Ende gebracht werden. Ich sage aber auch: Wer Arbeitsplätze will, wer Bewegung und Fortschritt will statt Stillstand und Beharrung, muss auch bereit sein, dafür gewisse Einschränkungen in Kauf zu nehmen. Wo gehobelt wird, da fallen Späne. Und wer wollte vom Schreiner verlangen, er möge das Holz glätten, ohne sein Werkzeug zu benutzen?«

Später, am kalten Büffet, stieß Bollmann seinen alten Gefährten aus Studienzeiten in die Rippen.

»Du hast mal wieder den Nerv getroffen. Die Zeitungen werden kaum anders können als dir zuzustimmen. Investitionen sind das A und O für Nordhessen.«

»Nicht nur für Nordhessen, mein Lieber. Gewisse Wahrheiten sind nun mal gültig— ob hier oder anderswo. Man muss die Leute nur immer wieder dran erinnern.« Freundlich in alle Richtungen lächelnd, schob sich der MP ein Lachshäppchen in den Mund.

»Apropos Wahrheit.« Bollmann senkte die Stimme.»Bleibt es bei den siebzig Millionen für den Flugplatzausbau? Oder hat die veränderte weltpolitische Lage zu einer neuen Bewertung geführt?«

Der Ministerpräsident schüttelte den Kopf.»Grundsätzlich nicht. Eventuell müssen wir das Projekt ein wenig nach hinten schieben. Alles, was mit Luftfahrt zu tun hat, ist ja zur Zeit am Boden. Wenn sogar die Swissair pleite geht ... Sei es wie es sei. Irgendwann haben die Leute verdrängt, was passiert ist. Dann fliegen sie wieder. Und deutsche Urlauber lassen sich ohnehin so schnell von nichts abhalten. Also ist alles nur eine Frage der Zeit.«

»Dein Wort in Gottes Ohr«, brummte der Bauunternehmer.»Oder vielmehr in das der Leute. Die haben da kürzlich wieder eine Umfrage gemacht ... das sieht nicht besonders gut aus. Vierunddreißig Prozent sind prinzipiell gegen den Ausbau. Und nur neun Prozent dafür.«

»Was sind schon vierunddreißig Prozent? Gerade mal ein Drittel. Vielleicht sollte man mal eine Bürgerinitiative für den Ausbau gründen.«

»Gibt es schon.« Bollmann machte eine abwertende Handbewegung.»Aber diese paar Leute können doch gegen die anderen nicht ... Außerdem nimmt die keiner richtig ernst.«

»Das muss man auch anders machen. Du kennst doch hier die richtigen Leute. Die musst du mal in Trab setzen. Alles andere ist nur eine Frage des Geldes. Lasst mal’n paar Mark springen und engagiert’ne professionelle Drückertruppe. Die sollen Unterschriften sammeln. In vier Wochen haben die ein paar Tausend zusammen. Glaub mir, Heinz, damit kann man Stimmung machen.«

»Das bezweifle ich nicht.« Bollmann nickte nachdenklich.»Ich werde es mirüberlegen. Danke für den Tipp.«

»Imübrigen tun wir auch unseren Teil. Aber das braucht seine Zeit. Jetzt schaffen wir erst mal das Verbandsklagerecht ab. Damit wirtschaftlich notwendige Projekte nicht mehr von Querulanten und Wichtigtuern torpediert werden können. Dann sehen wir weiter. Es gibt noch viel aufzuräumen in Hessen. So, mein Lieber, jetzt muss ich mich um die Parteifreunde kümmern. Die wollen auch mal gestreichelt werden. Mach's gut, Heinz.«

»Einen Moment noch.« Bollmann senkte die Stimme und nickte freundlich dem persönlichen Referenten des MP zu, der sich gerade Garnelen auf den Teller häufte.

»Eine kleine Bitte. Sie betrifft den Abgeordneten Altenburg. Ein br