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Mercy trat nach einem trockenen Zweig, der ihr im Weg lag, und starrte ihn böse an. „Blöder Ast.“ Natürlich hatte der wehrlose Ast ihr nichts getan – er hatte nur das Unglück, auf dem Weg zu liegen, als sie jetzt frustriert vom Festplatz des Rudels und der Feier zu Ehren von Dorians und Ashayas Verbindung flüchtete.
Es machte sie ganz krank, mit anzusehen, wie verliebt ihr bester Freund in seine Gefährtin war. Im Grunde fand sie inzwischen auch alle anderen Wächter zum Heulen. „Clay hat doch nur noch Augen für Tally, ganz zu schweigen von Luc und Sascha, diesen Turteltäubchen.“
Aber die Schlimmsten waren Nate und Tamsyn. Wie konnten sie es wagen, nach all den Jahren immer noch so verrückt aufeinander zu sein! „Dagegen sollte es Gesetze geben“, knurrte Mercy. Über Vaughn und Faith wollte sie gar nicht erst nachdenken.
Stattdessen ging sie auf die Jagd.
Eine Stunde später befand sie sich so tief im Wald, dass sie nur noch die leisen Geräusche der Nachttiere hören konnte, die im Dunkeln umherhuschten. Sie ließ sich auf einem mit Moos bewachsenen Baumstamm nieder und seufzte. In Wahrheit war sie natürlich weder auf die Wächter noch auf deren Gefährtinnen wütend. Nein, sie freute sich so sehr für sie, dass es fast wehtat. Aber sie war auch eifersüchtig. Überall Paare. Nur sie war allein.
„Da haben wir’s“, grummelte sie. „Ich geb’s ja zu. Ich bin ein eifersüchtiges altes Mädchen.“
Es war keinesfalls schlecht, zu den dominanten Weibchen in einem Gestaltwandlerrudel zu gehören. Weibliche Alphatiere waren nichts Besonderes. Aber es war ziemlich scheußlich, eine dominante Frau in einem Leopardenrudel zu sein, wenn es keinen dominanten Mann gab, der einen wirklich anmachte. Und es setzte dem Ganzen die Krone auf, als dominante Leopardin in einem Gebiet zu leben, das von Leoparden und Wölfen beherrscht wurde – und ausgerechnet auf den Falschen scharf zu sein.
Dabei war sie ja nicht auf dieses Gebiet angewiesen – Dorian hatte sie sogar gedrängt, den Staat zu verlassen, um in einem anderen Rudel einen Gefährten finden zu können, aber sie brachte es nicht über sich, die DarkRiver-Leoparden zu verlassen – nicht solange alles so auf der Kippe stand. Sicher, es war ein wenig ruhiger geworden, seit die Entführung von Dorians Gefährtin Ashaya fehlgeschlagen war, aber es war eine trügerische Ruhe. Jeder wartete auf den nächsten Schlag – sei es von dem verdächtig ruhigen Rat der