: Lee Child
: Sein wahres Gesicht Ein Jack-Reacher-Roman
: Blanvalet
: 9783641092573
: Die-Jack-Reacher-Romane
: 1
: CHF 7.80
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: Spannung
: German
: 512
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Tiefe Trauer - und erhöhte Wachsamkeit veranlassen Jack Reacher, den genialen Ex-Ermittler, an der Beerdigung seines ehemaligen Vorgesetzten und väterlichen Freundes bei der Militärpolizei, Leon Garber, teilzunehmen. Weshalb ließ dieser nach so vielen Jahren unter dem Namen seiner Tochter Jodie nach ihm fahnden? Und was hat sie, Jacks unerfüllte große Liebe, damit zu tun? Jodie, bildschön und eine clevere Anwältin, steht selbst vor einem Rätsel. Erst die unangenehme Begegnung mit Killern und verstümmelten Leichen bringt die beiden auf eine heiße Spur - und ins Fadenkreuz der Mörder.

Jack Reacher greift ein, wenn andere wegschauen, und begeistert so seit Jahren Millionen von Lesern. Lassen Sie sich seine anderen Fälle nicht entgehen. Alle Bücher können unabhängig voneinander gelesen werden.


Lee Child wurde in den englischen Midlands geboren, studierte Jura und arbeitete dann zwanzig Jahre lang beim Fernsehen. 1995 kehrte er der TV-Welt und England den Rücken, zog in die USA und landete bereits mit seinem ersten Jack-Reacher-Thriller einen internationalen Bestseller. Er wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u. a. mit dem Anthony Award, dem renommiertesten Preis für Spannungsliteratur.

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Jack Reacher sah den Kerl durch die Tür hereinkommen. Tatsächlich gab es dort gar keine Tür. Der Kerl trat einfach durch den Teil der Fassade, der nicht da war. Von der Bar aus gelangte man direkt auf den Gehsteig. Dort draußen standen Tische und Stühle unter einem vertrockneten Rankengewächs, das eine Art nominellen Schatten lieferte. Das Ganze war ein Innenaußenraum, durch den eine nicht existierende Wand verlief. Reacher vermutete, dass es ein Scherengitter oder dergleichen geben musste, mit dem die Öffnung verschlossen werden konnte, wenn die Bar zumachte. Falls sie jemals schloss. Reacher hatte sie jedenfalls nie geschlossen erlebt, obwohl er sie zu ziemlich extremen Zeiten aufsuchte.

Der Kerl stand ungefähr einen Meter weit im Inneren des dunklen Raums und wartete blinzelnd darauf, dass seine Augen sich nach dem blendenden Licht der Sonne von Key West ans Dunkel gewöhnten. Es war Juni, Punkt vier Uhr nachmittags im südlichsten Winkel der Vereinigten Staaten. Weit südlicher als der größte Teil der Bahamas. Eine grellweiße Sonne und sengende Hitze. Reacher saß an seinem Tisch im Hintergrund, trank mit kleinen Schlucken Mineralwasser aus einer Plastikflasche und wartete.

Der Kerl sah sich um. Die Bar war ein niedriger Raum aus verwitterten dunkelbraunen Holzbohlen. Sie sahen aus, als stammten sie von alten, abgewrackten Segelschiffen. An den Wänden hing allerlei nautischer Trödel. Es gab alte Sachen aus Messing und grüne Glaskugeln. Große Stücke alter Netze. Fischnetze, vermutete Reacher, obwohl er in seinem ganzen Leben noch nie einen Fisch gefangen hatte. Oder auf einem Boot gesegelt war. Überlagert wurde alles von zehntausend Visitenkarten, die, mit Reißzwecken befestigt, jeden freien Quadratzentimeter der Wände und sogar des Plafonds bedeckten. Manche von ihnen waren neu, manche waren alt und wellig – Erinnerungen an Unternehmen, die schon vor Jahrzehnten Pleite gemacht hatten.

Der Kerl trat weiter ins Dunkel hinein und hielt auf die Theke zu. Er war alt. Ungefähr sechzig, mittelgroß, stämmig. Ein Arzt hätte ihn übergewichtig genannt, aber Reacher sah nur einen fitten Mann, der den Zenit seiner Leistungsfähigkeit überschritten und schon eine gewisse Strecke hügelabwärts zurückgelegt hatte. Ein Mann, der den Lauf der Zeit würdevoll hinnahm, ohne großes Theater darum zu machen. Gekleidet war er wie ein Großstädter aus dem Norden, der überraschend in eine heiße Gegend reisen musste. Hellgraue Hose, oben weit, unten eng, zerknittertes beiges Sakko, weißes Oberhemd mit weit offenem Kragen, der an seiner Kehle bläulich weiße Haut sehen ließ, schwarze Socken, Stadtschuhe. New York oder Chicago, vermutete Reacher, vielleicht auch Boston, verbrachte seine Sommer überwiegend in klimatisierten Gebäuden oder Autos. Hatte diese Hose und dieses Sakko irgendwo hinten in seinem Kleiderschrank vergraben, seit er sie vor zwanzig Jahren gekauft hatte, holte sie gelegentlich hervor und verwendete sie zweckdienlich.

Der Kerl erreichte die Theke, griff in seine Jacke und zog eine Geldbörse heraus. Sie war ein prall gefülltes altes Stück aus feinem schwarzen Leder. Reacher sah, wie der Mann sie mit geübter Bewegung aufklappte und dem Barmann zeigte, wobei er eine halblaute Frage stellte. Der Angesprochene sah weg, als sei er beleidigt worden. Der Kerl steckte seine Geldbörse wieder ein und strich sein schütteres graues Haar auf seiner von Schweiß glänzenden Kopfhaut glatt. Er mu