: Andrea Grill
: Das Schöne und das Notwendige
: Otto Müller Verlag
: 9783701361694
: 1
: CHF 14.10
:
: Erzählende Literatur
: German
: 261
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Zwei Männer, viel Kaffee und eine Schleichkatze. Das Schöne und das Notwendige ist eine ökologische Parabel, ein witziger und herzklopfenerregender Roman, in seiner Wirkung dem Kaffee nicht unähnlich: Er weckt die Sinne. Zwei Freunde, die vor dem finanziellen Ruin stehen, fassen einen gewagten Plan: Sie wollen in den Kaffeehandel einsteigen und mit einem originellen Einfall die mitteleuropäische Kaffeekultur revolutionieren. Die geniale Idee hat nur einen Haken: Für ihre Umsetzung benötigen die beiden Männer eine asiatische Schleichkatze. Ein nachtaktiver, pelziger Bewohner der Baumkronen indischer Regenwälder. Denn auf dem Speiseplan dieser Katzen stehen unter anderem Kaffeebohnen ... Woher bekommt man aber ein solches Tier, und wie hält man es in einer Wohnung im fünften Stock? Andrea Grill erzählt mit großer Leichtigkeit, hintergründig und berührend. Ihr neuer Roman ist eine literarische Ernte der überraschenden und manchmal auch bitteren Früchte des Lebens.

Andrea Grill geboren 1975 in Bad Ischl, studierte u.a. in Salzburg und Thessaloniki und promovierte an der Universität Amsterdam über die Evolution endemischer Schmetterlinge Sardiniens. Sie schreibt Romane, Erzählungen und Gedichte, arbeitet als Übersetzerin aus dem Albanischen und veröffentlicht in Zeitungen und Zeitschriften. Für ihre Werke erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen, so den Förderpreis der Stadt Salzburg 2010, den Otto Stoessl-Preis 2010 sowie den Förderpreis zum Bremer Literaturpreis 2011. Nach Aufenthalten in Tirana, Cagliari (Sardinien), Neuchatel, Bologna und New York lebt sie in Wien.

1  Coffea arabica

Der erste kultivierte Kaffeebaum. Bekannt unter dem Namen „Arabica Kaffee“. Wird bis zu fünf Meter hoch, zur Erleichterung der Ernte meist aber auf zwei Meter gestutzt. Zwei bis vier Jahre nach der Pflanzung beginnen die Bäume weiß und stark duftend zu blühen. Ihr Duft ähnelt dem des Jasmins. Aus den Blüten entwickeln sich die Kaffeekirschen

Der April hat so vielversprechend begonnen, mit seinem elastischen Mund, voll Blühpflanzen und knospender Bäume. Jetzt ist August, ein Monat wie ein Sonntag, dem Sehnsüchtigen alles versprechend, um nichts zu halten außer einer erstickenden Temperatur. Von den Wäscheleinen, wo sie zwischen feuchten Socken und Unterwäsche eine letzte Zuflucht gesucht haben, hängen vertrocknete Regenwürmer. Die Erde bricht, ausgedörrt. Am ganzen Kontinent herrscht eine Trockenperiode. Auch das andere Land glüht, sein Adoptivland. Er ist nie dort gewesen, hat es nur vorhin in der Zeitung gelesen, die einer der Fabrikarbeiter, die in die Frühschicht gefahren sind, liegen gelassen hat. Von ihnen ist nichts zu erwarten. Deshalb beginnt er später. Es wird ein schlechter Tag für ihn werden. Die meisten morgendlichen Zugfahrer blättern in der Zeitung, sie würden es auch wissen: Rumänien vertrocknet, wie ganz Europa, in Rumänien brennt der Wald. Er steht auf, geht durch den Waggon, wankend, die Strecke ist kurvig, er stützt sich an jeder zweiten Sitzlehne ab.

Einmal greift er dabei in Haare, so lang, dass sie wie ein eigenes Wesen auf dem Stoff liegen. Der Kopf, zu dem sie gehören, lehnt einen Sitz weiter. Erst als ein böser Blick ihn trifft, bemerkt er ihn. Der Kopf schüttelt sich, Arme bündeln die Haare über eine Schulter.

Vom Fenster aus sieht er draußen wieder die Frau, die er jeden Tag sieht, ihr gelbes Kopftuch leuchtet zwischen den abgeernteten Stängeln, den Plastikkuppeln über den Salatbeeten. Er möchte sie fragen, was sie tut, wenn sie nicht am Feld arbeitet. Ob sie Zeit hat. Immer wenn der Zug durch die Peripherie der Stadt fährt, sieht er sie dort zwischen den Beeten stehen.

Er macht sich an di