: Frances Hodgson Burnett
: Der kleine Lord Mit Bildern aus dem Film
: Null Papier Verlag
: 9783954181117
: Kinderbücher bei Null Papier
: 4
: CHF 0.90
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: Vorlesebücher, Märchen, Sagen, Reime, Lieder
: German
: 255
: kein Kopierschutz/Wasserzeichen/DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: PDF/ePUB
Überarbeitete und korrigierte Fassung Der siebenjährige Cedric Errol lebt mit seiner Mutter in armen Verhältnissen in Amerika. Sein liebenswertes Wesen bezaubert alle Menschen in seinem Umkreis. Eines Tages ändert sich Cedrics Leben jedoch plötzlich: Sein griesgrämiger Großvater, Graf Dorincourt, möchte ihn zu sich nach England holen und einen kleinen Lord aus ihm machen... Null Papier Verlag

Frances Hodgson Burnett (geb. 24. November 1849 in Manchester, England; gest. 29. Oktober 1924 in Plandome, New York; gebürtig Frances Eliza Hodgson) war eine britische Schriftstellerin. ekannt und geliebt ist Burnett wegen ihrer drei Kinderbücher Der kleine Lord (Little Lord Fauntleroy), Eine kleine Prinzessin (A Little Princess) sowie Der geheime Garten (The Secret Garden). Alle drei Bücher wurden teilweise mehrfach verfilmt.

Erstes Kapitel


Eine große Überraschung


Ce­drik selbst wuss­te kein Ster­bens­wört­chen da­von, nie war et­was Der­ar­ti­ges in sei­ner Ge­gen­wart auch nur er­wähnt wor­den. Dass sein Papa ein Eng­län­der ge­we­sen, wuss­te er, weil sei­ne Mama ihm das ge­sagt hat­te, aber dann war die­ser Papa ge­stor­ben, als er noch ein ganz klei­ner Jun­ge ge­we­sen, und ihm war von dem­sel­ben nicht viel mehr in Erin­ne­rung ge­blie­ben, als dass er eine hohe Ge­stalt und blaue Au­gen und einen lan­gen, schö­nen Schnurr­bart ge­habt und dass es herr­lich ge­we­sen, auf sei­nen Schul­tern in der Stu­be her­um­zu­rei­ten. Nach des Va­ters Tode hat­te Ce­drik dann die Ent­de­ckung ge­macht, dass es am al­ler­bes­ten sei, mit der Mama gar nicht von ihm zu spre­chen. Als der Papa er­krank­te, war Ce­drik fort­ge­bracht wor­den, und als er wie­der nach Hau­se kam, war al­les vor­über ge­we­sen, und sein Müt­ter­chen, das auch eine schwe­re Krank­heit durch­ge­macht, fing eben wie­der an, in ih­rem Lehn­stuh­le am Fens­ter zu sit­zen; al­lein sie war bleich und ma­ger und all die lus­ti­gen Grüb­chen wa­ren aus ih­rem hüb­schen Ge­sich­te ver­schwun­den; die Au­gen sa­hen so groß aus und so trau­rig, und ihr Kleid war ganz schwarz.

»Herz­lieb«, sag­te Ce­drik – so hat­te sein Papa sie im­mer ge­nannt, und der klei­ne Jun­ge mach­te es ihm nach – »Herz­lieb, geht’s Papa bes­ser?«

Er fühl­te, wie ihr Arm zit­ter­te, wand­te plötz­lich sein lo­cki­ges Köpf­chen und sah ihr ins Ge­sicht, und als er sie so an­sah, war’s ihm, als ob er selbst bald zu wei­nen an­fan­gen müs­se.

»Herz­lieb«, frag­te er noch ein­mal, »ist Papa wohl?«

Dann gab ihm sein klei­nes zärt­li­ches Herz plötz­lich ein, bei­de Ärm­chen um den Hals der Mut­ter zu schlin­gen und sie wie­der und wie­der zu küs­sen und sei­ne wei­che, war­me Wan­ge fest an die ih­ri­ge zu schmie­gen, und sie drück­te ihr Ge­sicht an sei­ne Schul­ter und hielt ihn um­schlun­gen, als ob sie ihn nie mehr von sich las­sen woll­te, und wein­te bit­ter­lich.

»Ja, ihm ist wohl«, schluchz­te sie; »ihm ist ganz, ganz wohl, aber wir – wir ha­ben nichts mehr auf der Welt als ein­an­der. Kei­ne Men­schen­see­le sonst.«

So klein er war, hat­te er doch be­grif­fen, dass sein großer, schö­ner, jun­ger Papa nicht mehr wie­der­kom­men wer­de, dass er tot sei, wie er es von an­de­ren Leu­ten auch schon hat­te sa­gen hö­ren, ob­wohl er nicht recht wuss­te, was das für ein selt­sa­mes Ding war, das so viel Her­ze­leid in sei­nem Ge­fol­ge hat­te, und weil sein Müt­ter­chen im­mer wein­te, wenn er von dem Papa sprach, kam er ganz in al­ler Stil­le auf den Ge­dan­ken, dass es bes­ser sei, nicht von ihm zu spre­chen, und all­mäh­lich fand er auch, dass es bes­ser sei, sie nicht ganz ru­hig da­sit­zen und zum Fens­ter hin­aus oder ins Feu­er star­ren zu las­sen. Be­kann­te hat­ten er und sei­ne Mama nicht vie­le, und man konn­te ihr Le­ben sehr ein­sam nen­nen, ob­gleich Ce­drik da­von kei­ne Ah­nung hat­te, bis er äl­ter wur­de und man ihm dann sag­te, wes­halb sie kei­ne Be­su­che er­hiel­ten. Er er­fuhr dann, dass sei­ne Mama eine Wai­se war und ganz al­lein in der Welt ge­stan­den hat­te, ehe sie Pa­pas Frau ge­wor­den. Sie war sehr hübsch und hat­te als Ge­sell­schaf­te­rin bei ei­ner rei­chen al­ten Frau ge­lebt, die nicht gü­tig ge­gen sie ge­we­sen war. Ei­nes Ta­ges hat­te Ka­pi­tän Ce­drik Er­rol, der Be­such bei der Dame mach­te, sie die Trep­pe hin­auf­ei­len se­hen mit schwe­ren di­cken Trä­nen­trop­fen an den lan­gen Wim­pern, und da­bei hat­te sie so un­schul­dig und trau­rig und wun­der­lieb­lich aus­ge­se­hen, dass der Ka­pi­tän es nicht mehr hat­te ver­ges­sen kön­nen. Dann wa­ren man­cher­lei merk­wür­di­ge Din­ge ge­sche­hen, sie hat­ten ein­an­der ken­nen ge­lernt und hat­ten sich sehr lieb und wur­den schließ­lich Mann und Frau, ob­wohl die­se Hei­rat ih­nen die Miss­bil­li­gung ver­schie­de­ner Per­so­nen zu­zog. Am meis­ten er­zürnt dar­über war der Va­ter des Ka­pi­täns, der in Eng­land leb­te und ein sehr rei­cher und vor­neh­mer Herr von lei­den­schaft­li­cher Ge­müts­art und ei­ner hef­ti­gen Vor­ein­ge­nom­men­heit ge­gen Ame­ri­ka und die Ame­ri­ka­ner war. Ka­pi­tän Ce­drik war der drit­te Sohn und hat­te also für sein Teil we­nig Aus­sich­ten auf die äu­ßerst be­deu­ten­den Gü­ter und Ti­tel sei­nes Hau­ses.

Die Na­tur ver­teilt ihre Gü­ter je­doch nicht nach dem Erst­ge­burts­recht, und es kommt vor, dass drit­te Söh­ne Din­ge be­sit­zen, die den bei­den äl­te­ren ver­sagt sind. Ce­drik Er­rol hat­te ein hüb­sches Ge­sicht, eine kräf­ti­ge, schlan­ke, elas­ti­sche Ge­stalt, ein hel­les La­chen und eine wei­che, fröh­li­che Stim­me; er war tap­fer, frei­mü­tig und hat­te das bes­te Herz von der Welt, und es war, als ob ihm ein Zau­ber ver­lie­hen sei, der alle Men­schen zu ihm zog und an ihn fes­sel­te. Bei sei­nen äl­te­ren Brü­dern war dem nicht so; der eine wie der and­re war we­der hübsch noch be­gabt, noch gut­her­zig. Als Kna­ben in der Schu­le zu Eton mach­ten sie sich sehr un­be­liebt; auf der Uni­ver­si­tät be­trie­ben sie kei­ner­lei Stu­di­en, ver­geu­de­ten Zeit und Geld und ge­wan­nen we­nig Freun­de. Was der Va­ter an ih­nen er­leb­te, wa­ren Ent­täu­schun­gen und De­mü­ti­gun­gen; der Erbe sei­nes ed­len Na­mens mach­te dem­sel­ben kei­ne Ehre und ver­sprach, nichts zu wer­den, als ein selbsti­scher, ver­schwen­de­ri­scher un­be­deu­ten­der Mensch ohne jeg­li­che rit­ter­li­che Tu­gend. Es war sehr bit­ter für den al­ten Herrn, dass der Sohn, wel­cher die un­be­deu­ten­de Stel­lung des Jüngs­ten ein­nahm und nur ein sehr mä­ßi­ges Ver­mö­gen er­hal­ten konn­te, al­les be­saß, was an Ta­lent, Lie­bens­wür­dig­keit, Kraft und äu­ße­rer Er­schei­nung in sei­ner Fa­mi­lie zu ent­de­cken war.

Zu­wei­len hass­te er den fri­schen jun­gen Ge­sel­len bei­na­he, der sich un­ter­fing, all’ die gu­ten Din­ge zu be­sit­zen, die doch mit Fug und Recht zu dem großen Ti­tel und dem herr­li­chen Be­sitz­tum ge­hört hät­ten, und doch hing sein stol­zes, ei­gen­wil­li­ges al­tes Herz ins­ge­heim un­end­lich an sei­nem Jüngs­ten. In ei­nem der­ar­ti­gen An­fall von Ge­reizt­heit war’s, dass er ihn auf eine Rei­se nach Ame­ri­ka ge­schickt hat­te; Ce­drik soll­te ihm eine Zeit lang aus den Au­gen kom­men, da­mit er nicht durch den im­mer­wäh­ren­den Ver­gleich sich über das Trei­ben der bei­den Äl­tes­ten, die ihm ge­ra­de da­mals wie­der viel zu schaf­fen mach­ten, noch mehr auf­zu­re­gen brauch­te.

Aber kaum war der Sohn ein hal­b­es Jahr fort, als der alte Herr Sehn­sucht nach ihm emp­fand und ihm den Be­fehl zur Heim­kehr sand­te. Die­ser Brief kreuz­te sich mit ei­nem des jun­gen Man­nes, in dem die­ser dem Va­ter von sei­ner Lie­be zu der hüb­schen Ame­ri­ka­ne­rin und sei­ner Ab­sicht, die­sel­be zu hei­ra­ten, sprach, was den Gra­fen in fürch­ter­li­che Wut ver­setz­te. Wie ent­setz­lich sei­ne Zor­nes­aus­brü­che auch sein le­ben­lang, ge­we­sen wa­ren, so schran­ken­los hat­te er noch nie ge­tobt, wie nach dem Empfang von Ka­pi­tän Ce­driks Brief, und sein Kam­mer­die­ner, der eben im Zim­mer war, mach­te sich auf einen Schlag­an­fall ge­fasst. Eine Stun­de lang ras­te er wie ein wil­des...

Titel2
Impressum3
Inhaltsverzeichnis4
Danke5
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Erstes Kapitel – Eine große Überraschung8
Zweites Kapitel – Cedriks Freunde25
Drittes Kapitel – Abschied von der Heimat61
Viertes Kapitel – In England71
Fünftes Kapitel – Im Schlosse87
Sechstes Kapitel – Der Graf und sein Erbe112
Siebentes Kapitel – In der Kirche136
Achtes Kapitel – Reiten lernen145
Neuntes Kapitel – Schwere Sorgen163
Zehntes Kapitel – Amerika in Ängsten192
Elftes Kapitel – Die Nebenbuhler209
Zwölftes Kapitel – Der Retter in der Not223
Dreizehntes Kapitel – Unliebsame Überraschungen232
Vierzehntes Kapitel – Der achte Geburtstag240
Das weitere Verlagsprogramm253