: Peter Michael Lingens
: Drogenkrieg ohne/mit Ausweg
: Verlag Kremayr& Scheriau
: 9783218008303
: 1
: CHF 13.40
:
: Politikwissenschaft
: German
: 160
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Der Kampf gegen Drogen: Warum er scheitert. Wer ihn gewinnt. Wie es anders gehen könnte. In den Kriegen gegen die Drogen sterben mittlerweile mehr Menschen als durch ihren Konsum. Und die Zahl derer, die in Drogenabhängigkeit geraten, steigt weiter, statt zu fallen. Der mit Hilfe der USA geführte blutige Kampf in Afghanistan, in Kolumbien, in Mexiko scheitert: Die Gewinne aus dem Drogenhandel finanzieren Taliban, Rebellen und Drogenmafia. Mit den Erlösen werden neue Waffen angeschafft und der Kreislauf aus Unterdrückung und Gewalt dreht sich weiter. Richter, Staatsanwälte, Polizeioffiziere und Ärzte, die das Drogenproblem aus ihrer täglichen Arbeit kennen, fordern immer energischer ein radikales Umdenken. Peter Michael Lingens präsentiert in diesem Buch ein neues Modell der Drogenpolitik, abseits immer härterer Strafen und militärischer Einsätze, aber auch abseits der völligen Legalisierung. Die radikale Verstaatlichung des Drogenvertriebs und die kontrollierte Abgabe könnten den Teufelskreis aus Korruption, Gewalt und tödlichen Geschäften durchbrechen.

Peter Michael Lingens ist einer der ganz großen Journalisten Österreichs. Nach Stationen bei der 'Arbeiter Zeitung' und dem 'Kurier' holte ihn Oscar Bronner 1970 zum neu gegründeten 'profil', das er bis 1987 als Herausgeber und Chefredakteur leitete. 1990 übernahm er die Herausgeberschaft und Chefredaktion der österreichischen Ausgabe der deutschen 'Wirtschaftswoche'. 1993 wechselte er in die Chefredaktion des 'Standard'. Heute ist Peter Michael Lingens Kolumnist beim 'profil'.

Als ich dieses Buch zu schreiben beginne– im September 2010– hat der Drogenkrieg soeben in Mexiko 72 neue Opfer gefordert: Männer und Frauen aus Guatemala, Peru und Honduras, die hofften,über die mexikanische Grenze in die USA zu gelangen. Mitglieder der Drogenmafia boten an, ihnen dabei zu helfen, wenn sie sich bereit erklärten, bei dieser Gelegenheit Rauschgift zu schmuggeln. Als sie ablehnten, wurden sie erschossen.

Knapp davor, im Juli, hatte die Polizei 51 Leichen auf einer Müllhalde nahe der Stadt Monterrey gefunden, und im März war sie in einer verlassenen Mine südlich von Mexiko Stadt auf 55 Leichen gestoßen. Die Drogenmafia bevorzugt verlassene Minen, wenn sie die Spuren größerer Gemetzel beseitigen will.

Für denselben Monat listet eine Meldung von„Bild“ die Leichen auf, die an einem einzigen Wochenende zusätzlich zu den in der Mine gefundenen angefallen sind: 28 Menschen, darunter sechs Polizisten, wurden im Bundesstaat Guerrero erschossen, zehn sind bei einer Schießerei rivalisierender Drogenbanden in Acapulco umgekommen, und als die Polizei am Tatort eintraf, entdeckte sie auch gleich fünfältere Leichen in einem nahen Gebäude. Im Bundesstaat Sinaloa blieben acht Leichen zurück, als Bewaffnete eine Geburtstagsfeierüberfielen. In Ciudad Juárez ermordeten Drogengangster 19 Menschen, darunter eine Mitarbeiterin des US-Konsulats. Und im südlichen Bundesstaat Chiapas schleuderten Unbekannte aus einem fahrenden Auto Handgranaten gegen ein Gebäude der Staatsanwaltschaft, nur dass diesmal einer der Angreifer umkam, weil eine Granate im Auto explodierte.

Zwischendurch wurde die Leiche eines entführten Journalisten entdeckt. 30 Journalisten sind in Mexiko seit Beginn des„Krieges gegen die Drogen“ im Jahr 2006 verschwunden, weil sie sich zu intensiv mit dem organisierten Verbrechen beschäftigt haben– elf sind bisher als Leichen wieder aufgetaucht.

„El Diario“, die größte Zeitung der Drogenmetropole Ciudad Juárez, gestand im September 2010öffentlich das Ende kritischer Berichterstattung ein:„Wir wollen keine Toten mehr und auch keine Verletzten. Unter den gegebenen Umständen ist es uns unmöglich, unsere Aufgabe weiter auszuüben. Die Kartelle des organisierten Verbrechens sind derzeit die wahre Autorität in der Stadt“, schrieb der Herausgeber in einem Editorial.

Vorangegangen war die Ermordung des Fotoreporters Luis Carlos Santiago Orozco. Als er zusammen mit einem anderen„Diario“-Mitarbeiter auf die Straße trat, traf ihn ein Schuss in die Stirn und sein Kollege wurde schwer verletzt. Ein erster„Diario“-Mitarbeiter war schon 2008 umgebracht worden. Ein Journalist, der am Begräbnis seines Kollegen teilnehmen wollte, erhieltüber Handy die Warnung, dass er der nächste auf der Abschussliste sei, und zog es vor, in den USA um politisches Asyl anzusuchen. Das taten zum Zeitpunkt des„Diario“-Editorials gleich vier Journalisten aus Ciudad Juárez, unter ihnen die Kameramänner einer Fernsehstation, die berichteten, sie seien vom Sinaloa-Kartell gekidnappt worden, als sie den Tatort eines Massakers filmen wollten. Man habe ihnen mit dem Tod gedroht, wenn sie nicht durchsetzten, dass ihre Station einen Beitrag sendet, in dem Polizisten unter Folterüber ihre Zusammenarbeit mit einem konkurrierenden Kartell berichten.

Die Medien geben fast durchwegs nach: Die Herausgeber zensurieren, was dem jeweiligen lokalen Drogenkartell missfallen könnte, oder die Journalisten bringen es aus Vorsicht