Mein Leben aus den Löchern
Frage ich ihn, wer er sei, dann sagt er, er sei Erinnerungslochstopfer. Ich brauche ihn nur zu rufen, dann komme er. Er sei einer, auf den man sich verlassen könne. Immer habe er Nadel und Zwirn bereit, sozusagen. Sozusagen, das soll wohl heißen, bildlich gesprochen, oder? Frage ich ihn, was das sei, wofür er sozusagen Nadel und Zwirn benötige, dann antwortet er ohne Umschweife kryptisch: »Sie wissen es, rufen Sie mich bloß!«
Nun, eigentlich bestehe ich aus Löchern, Erinnerungslöchern, zwischen denen sich, kunterbunt durcheinander gewürfelt, selten schön zusammengefügt nach Vorher und Nachher, Ursache und Wirkung, kleine Ansammlungen von Erinnerungshäufchen finden. Manchmal schwebt da auch, mitten in einem riesigen Erinnerungsloch, wie ein schwaches Irrlicht im Dunkel der Nacht, eine insulare Reminiszenz. Ich habe keine Ahnung, woher sie kommt. Ich zermartere mir mein Gehirn, in welchem verflixten Zusammenhang ich sie mir eingefangen haben könnte: nichts, nur das Schweigen des Loches rundum.
Das kennen Sie doch, oder? Sie denken über Ihre Vergangenheit nach. Sind Sie etwa, in Ihren wilden jungen Jahren, für Väterchen Stalin gewesen? War Ihr Pferd beim BSA? Haben Sie den Schuh, den Sie seit Jahrzehnten vermissen, in einem Sumpf bei Hainburg verloren, als Sie das Mao-LiedDen Djinggangschan wieder hinauf intonierten? Fragen über Fragen und ein schier endloses Patchwork an Erinnerungslöchern, in die Sie hinein- und herausfallen. Das erinnert Sie, zack, an den Nowhere Man. Spielte den nicht Jürgen Prochnow in dem FilmDas Hausboot? Oder war’s dochYellow Submarine, die Serie über Japans U-Boot-Krieg? Während Sie so hin und her grübeln – ist jener Fluss damals wirklich der Djinggangschan gewesen? –, kommt Ihnen vor, Ihr verlorener Schuh sei irgendwann irgendwie irgendwo aufgetau