: Anonymus
: Klassiker der Erotik 15: Julchen und Jettchen oder Die reizenden Verkäuferinnen
: Math. Lempertz
: 9783943809350
: 1
: CHF 1.30
:
: Erzählende Literatur
: German
: 163
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Gegenstand der Handlung sind zwei junge heißblütige Verkäuferinnen, die einen Studenten und einen Kaufmannsgehilfen kennen lernen, sich in diese verlieben und sich ihnen schließlich in wollüstigen Liebesspielen hingeben.

DerÜberfall


Fritz und Karl sehen dies wonnige Schauspiel. Bewundernd, staunend und verblüfft von der letzten noch ungewohnten Erscheinung wagen sie anfangs nicht zu sprechen; doch ihre dadurch erregte Sinnlichkeit muss sich Luft machen.

»O mein Jettchen«, haucht leise atmend derältere Bruder mit erstickter Stimme.»O mein Julchen, mein teures Julchen!« seufzt der Handlungsdiener nach. Und sie finden sich entzündet, entflammt zum kühnsten Wagnis.

»Ich muss hinüber«, stammelt Karl,»ich muss zu meinem Jettchen!«

»Und ich zu meinem Julchen«, schreit Fritz feurig.»Ich gehe mit und sollte es meinen Kopf kosten!«

Gesagt, getan! Im Nu fliegen die Ferngläser aus den Händen; die Morgenröcke sind abgeworfen, die Hüte ergriffen, und beide eilen leichtfüßig die Treppe hinab,über die Straße hinweg und halten erst im Hausflur einige Augenblicke still.

»Doch wie kommen wir in ihr Zimmer?« fragt Fritz.»Es wird sicherlich verschlossen sein.«

»Komm nur, komm, und verliere keine Minute!«, ruft

Karl leise und ganz außer Atem.»Komm nur hinauf, und es wird sich alles machen!«

Und Fritz folgt ohne Widerrede. Sie steigen die drei Treppen hinauf und stehen nun angestrengt horchend an der Tür des Stübchens, das ihnen Freud und Leid in so hohem Maße verursacht hat.

Das Glück begünstigt die Kühnen. Das ist ein altes Sprichwort, und alte Sprichwörter treffen allemal ein, wenigstens hier war es der Fall.

»Sie sind vielleicht wieder eingeschlafen, die lieben Kinder«, flüstert Karl seinem Bruder zu, als sich nichts rührt.»Die Erregung war zu groß!«

Fritz schüttelt den Kopf und gebietet ihm durch Blinken mit den Augen und unwillige Handbewegungen Stillschweigen.

Und beide horchen weiter.

Jetzt macht sich ein Geräusch im Zimmer bemerkbar, und ein tiefer Seufzer dringt zu ihrem Ohr.

»Tritt jetzt hierher«, flüstert Fritz.»Ich will anpochen. Wenn sie die Türeöffnen, sehen sie uns nicht sogleich. Doch sowie sie aufmachen, dringen wir in die Stube.« Und Karl, seinem Bruder gehorsam, trat hinter denselben, und Fritz pochte leise zweimal an. Das Geräusch verstummte sogleich, und leise Tritte, die sich der Tür näherten, ließen sich hören.

»Wer ist draußen?« tönte hierauf Julchens Silberstimmchen.»Sind Sie es, Frau Schubert?«

Karl nickte frohlockend seinem Bruder zu. Fritz schnippte leise mit beiden Händen und antwortete, indem er die Stimme einerälteren Frau nachahmte:»Nun freilich, wer denn sonst. Machen Sie nur auf!«

Und wiederum ließ sich ein Geräusch hören: Flinke Füßchen trippelten hin und her, und es rauschte wie beim Anziehen von Kleidungsstücken. Dann näherten sich die Schritte der Tür, und die freudigen Brüder hörten den Nachtriegel knirschen und die Türklinke klappen.

Julchenöffnete die Tür. Ein leichtes Tuch um die blendenden Schultern und ein weißes Unterröckchen um die wunderschöne Hüfte geschlagen, steckte sie ihr neugieriges, sorgenloses Rabenköpfchen heraus und wollte die Wirtin hereinlassen, die jeden Morgen Waschwasser und dünnen Kaffee brachte.

Doch Himmel, wie erschrak sie, als die Sehnsucht ihrer Träume, das böse Brüderpaar, mit liebesflammenden Augen sich ihren entsetzten Blicken darbot.

Einige Augenblicke stand sie wie erstarrt da; die Sprache war ihr versagt. Die so heiß ersehnte Erscheinung erfüllte sie jetzt mit Schrecken.

»Mein Gott, mein Gott«, schrie sie deshalb in höchster Verwirrung, und der liebliche Körper zitterte fieberhaft,»was wollen Sie denn hier?«

»Was ist denn und wer ist da?« rief Jettchen neugierig und gleichfalls erschrocken durch denängstlichen Ausruf ihrer Schwester.»Warum schreist du so?«

»Wer, o Gott, wer? Sie, sie sind es!« rief Julchen mit kreischender Stimme zurück, und zugleich suchte sie die Tür wieder in das Schloss zu werfen und den Nachtriegel vorzuschieben.

Armes Julchen! Du hast noch wenig Erfahrung und noch weniger Kräfte, und du, neugieriges Jettchen, hättest besser getan zu schweigen. Hättest du Julchensängstlichen Schrei durch deine Stimme verstärkt, so dass das ganze Haus aufgeschreckt und euch zu Hilfe gekommen wäre— es stände besser mit euch beiden.

Doch Jettchen eilte pfeilschnell herbei, neugierig den Gegenstand zu sehen, der ihre Schwester so fürchterlich erschreckt hatte, und schrie gleichfalls erschrocken:»Wo, wo? Wer sind sie, lass sie mich doch auch einmal sehen.« Und zugleich drängte sie ihre Schwester von der Türöffnung weg, und auch ihr vorwitziges Köpfchen lugte zur Tür hinaus und sah, sah . . . Und auch sie kreischte laut auf:»Himmel, Sie sind es, Sie! O, wir Unglücklichen! Was sollen wir tun?«

»Hilf mir die Tür zumachen«, schrie Julchen atemlos,»sonst -«

Und Jettchen fasste den innen an der Tür befindlichen Knopf und bot alle ihre Kräfte auf, die Tür schließen zu helfen; doch sie ging nicht zu, sie wurde zu fest von außen gehalten.

Die armen Mädchen zogen und zogen, und doch bewegte sich die Tür nicht von der Stelle.

»Mein Gott«, seufzte Julchen.

»Mein Gott, mein Gott!« stöhnte Jettchen. Und beide machten die schrecklichsten Anstrengungen, die Tür zuzuziehen. Doch sie konnte nicht zugezogen werden, denn der eine des bösen Bru