Sonntag, 3. Mai 1778
Eine Sanduhr, ein dreiarmiger Leuchter, ein Totenschädel, eine Bibel und ein beschriebenes Blatt Papier – mehr erblickte der Gefangene nicht. Zum wiederholten Male las er den aufgeschlagenen BibeltextAm Anfang war das Wort, was seine Verzweiflung nicht minderte.Betrachte diese Sanduhr, mein Bruder, hatten sie gesagt.So, wie ihr Sand verrinnt, läuft auch die Zeit deines Lebens ab, unaufhaltsam. Sieh auf diesen Schädel – dein Antlitz wird ihm bald schon gleichen. Blicke auf diese Kerzen: so kurz sind sie schon! So wie sie wird dein irdisches Leben in Kürze verlöschen.
Der traurige Geselle wusste, dass es mit ihm zu Ende ging. Er schien unfähig, sich dagegen zu wehren, seine Glieder waren schon wie leblos. Anfangs hatte er sich noch gesträubt und an Flucht gedacht. Jetzt erkannte er die Zwecklosigkeit dieses Ansinnens. Es gab nur einen Weg aus dieser fensterlosen Kammer, und dieser Weg war der Tod.
Es klopfte dreimal an die Tür seines Gelasses. Der Schlüssel ging. Ein Mann trat ein. Er hieß ihn seinen Rock ausziehen, das Hemd aufknöpfen und die Hemdsärmel aufrollen. Langsam folgte er diesen Befehlen. Er wurde umgedreht und rückwärts ins Dunkel geführt. Allein stand er da in der Schwärze. Die Tür, auf die er sah, wurde geschlossen. Hinter ihm flammte ein Licht auf. Er spürte die Anwesenheit seiner Richter.
Das Gericht fällte in seinem Beisein das Urteil. Peinigend, wie sie ihn befragten, ohne dass er die Fragenden sah! Quälend zu hören, wie das eigene Testament vor einem unsichtbaren Publikum verlesen wurde!
»Bruder Erster Aufseher, warum brennen die Lichter so schwach?«,