: Jack Slade
: Lassiter 2110 Die Töchter des blinden Buck
: Verlagsgruppe Lübbe GmbH& Co. KG
: 9783838725840
: Lassiter
: 1
: CHF 1.80
:
: Spannung
: German
: 64
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB

Es war lange nach Mitternacht und im Hotel war es still wie auf einem Friedhof. Die Gäste schliefen. Nur im Foyer brannte Licht. Benson, der Nachtportier, blätterte in einem Katalog mit vielen Abbildungen. Er mochte Bilder von schönen Frauen in Unterwäsche. Plötzlich hörte Benson ein Geräusch im Haus. Er lauschte angespannt. Oben auf der Galerie tappten Schritte. 'Hallo? Ist dort jemand?', rief er. Als keine Antwort kam, nahm er einen Kerzenständer und stieg die Treppe hinauf. Er betrat den Flur, von dem die Zimmer abgingen. Benson erschrak, als eine Gestalt in den Lichtschein der Kerze trat: der blinde Buck Lewis von Zimmer neun. Der Mann hatte offenbar die Orientierung verloren. 'Kann ich Ihnen helfen, Sir?', fragte Benson. 'Wage es nicht, mich anzufassen!', knurrte der Blinde.

»Und? Hast du ihn angefasst?«, fragte Lassiter.

»Gott bewahre!« Benson seufzte. »Was hättest du an meiner Stelle getan?«

Lassiter überlegte kurz. »Ich hätte ihn in seine Stube expediert. Zur Not auch gegen seinen Willen. So ein alter Starrkopf! Was wäre, wenn er auf der Treppe gestürzt wäre?«

Sie saßen inDanny’s Saloon und tranken – Lassiter Bier, Benson kalten Kaffee mit Whiskey. Draußen dämmerte es. Der Wind hatte am Nachmittag die Richtung geändert und wehte nun längs der Main Street entlang. Hank Benson war Lassiters Kontaktmann in Belleville, Kansas. Benson war ein kleiner, dünner Mann mit Knopfaugen und schütterem Haar. Im nächsten Jahr wollte die Zentrale ihn durch einen jüngeren ersetzen. Benson war Mitte sechzig. Als Nachtportier half er nur noch aus, wenn an der Rezeption Not am Mann war. Das Hotel gehörte seinem Bruder John.

»Ich weiß, dass es Quatsch ist, aber Buck Lewis jagt mir irgendwie Angst ein.« Benson betrachtete sein Glas. »Du hättest ihn sehen sollen, mit seinen toten Augen, der spitzen Nase und dem grausig verzerrten Mund. Ein Bild des Schreckens.«

Lassiter trank einen Schluck Bier. »Wie ich hörte, ist er mit seinen beiden Töchtern hier. Will hoffen, die Süßen haben nicht allzu viel von ihrem Daddy geerbt.«

»Nein, zum Glück nicht. Sie sind nach der Mutter geraten, zumindest äußerlich. Gail und Allie sind ganz nett anzuschauen. Kaum zu glauben, dass Buck Lewis ihr Erzeuger ist.«

»Ich werde sie mir bei Gelegenheit mal aus der Nähe anschauen«, meinte Lassiter.

Benson lachte freudlos. »Wäre ich du, würde ich die Finger von ihnen lassen.«

»Und warum, wenn man fragen darf?«

»Die Beiden sind giftig wie Nattern.«

Lassiter winkte ab. »Na, und? Als Schlangenbeschwörer hatte ich bisher schon große Erfolge.«

»Du bist unverbesserlich.« Benson leerte kopfschüttelnd seinen Kaffeebecher.

Da sprang die Vordertür auf. Fünf, sechs junge Burschen in Weidekleidung polterten herein. Zwei von ihnen trugen ihre Revolver in tief sitzenden Schnellziehholstern. Rogers, der Wirt, ermahnte sie, sich gesittet zu benehmen, andernfalls würde er jeden Zweiten von ihnen erschießen.

Die Cowboys grölten und johlten. Danny Rogers war ein Spaßvogel. Er kannte jede Menge Witze, einer verrückter als der andere. Lautstark forderten die Cowboys, dass er einen zum Besten gab.

Rogers ließ sich nicht lange bitten. »K