: Friedrich Christian Delius
: Warum ich schon immer Recht hatte - und andere Irrtümer Ein Leitfaden für deutsches Denken
: Rowohlt Verlag Gmbh
: 9783644112612
: 1
: CHF 10.00
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: Essays, Feuilleton, Literaturkritik, Interviews
: German
: 160
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Von A (wie Achtundsechzig) bis Z (wie Zweifel) führt Friedrich Christian Delius' kleiner lexikalischer Leitfaden. Hier finden sich Antworten auf die drängenden Fragen der Gegenwart: Wo bleibt der Roman zur deutschen Einheit? Sind Steuerzahler Anarchisten? Wie wild wird der Westen? Wem nützt die Literatur? Warum Preußen? Wie funktioniert der Hitlertest? Wer war Helmut Horten? Einer der vielseitigsten deutschsprachigen Schriftsteller fügt vermischte Texte aus dreißig Jahren zu einem Wörterbuch ganz eigener Art - eine unterhaltsame literarisch-politische Zeitlese. Ganz nebenbei entsteht das Porträt einer Generation, die einst keinem über dreißig traute und heute mit Vergnügen sechzig wird.

Friedrich Christian Delius, geboren 1943 in Rom, gestorben 2022 in Berlin, wuchs in Hessen auf und lebte seit 1963 in Berlin. Zuletzt erschienen der Roman «Wenn die Chinesen Rügen kaufen, dann denkt an mich» (2019) und der Erzählungsband «Die sieben Sprachen des Schweigens» (2021). Delius wurde unter anderem mit dem Fontane-Preis, dem Joseph-Breitbach-Preis und dem Georg-Büchner-Preis geehrt. Seine Werkausgabe im Rowohlt Taschenbuch Verlag umfasst derzeit einundzwanzig Bände.

Achtundsechzig

Die Bilder, Berichte und Dokumente aus alten Zeiten lügen nicht, aber sie lügen doch. Sie zeigen die Leute aus den ersten Reihen, die wildesten Gesichter, die nacktesten Kommunarden, die plakativsten Plakate, die unordentlichsten Wohnungen, die rotesten Fahnen, die spektakulärsten Aktionen. Zitiert werden die kämpferischsten Reden, das auffälligste Polit-Kauderwelsch, die euphorischen – und nicht die skeptischen Stimmen.

Zu diesem schlechten, aber mediengerechten Brauch gehört es, daß bei allen entsprechenden Jubiläumsfeierlichkeiten in unziemlich privilegierter Weise meistens solche Veteranen zu Wort kommen, die schon 1968 Wortführer waren. Zeitzeugen, die sich im Kreise drehen und vor unsern Augen fossilieren, selbst wenn sie selbstkritisch Richtiges, Nachdenkenswertes sagen. Seit dreißig Jahren vermitteln sie das gleiche Bild: Wir haben den Durchblick.

Keine politische Bewegung ist so auf ihre eigenen Mythen und Klischees hereingefallen wie die 68er. Die meisten diese