: Angie Sage
: Septimus Heap - Flyte
: Carl Hanser Verlag München
: 9783446242098
: Septimus Heap
: 1
: CHF 8.80
:
: Kinderbücher bis 11 Jahre
: German
: 472
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Septimus Heaps Abenteuer geht weiter: DomDaniel, der machtbesessene Magier, ist zurückgekehrt und bedroht den Frieden über der Burg mehr als je zuvor. Septimus' ältester Bruder Simon neidet seinem Bruder die Ausbildung bei der außergewöhnlichen Zauberin Marcia Overstrand und wird schon bald zum Werkzeug von DomDaniel. Noch ist der Schwarze Herrscher ein kaum handlungsfähiges Skelett, aber er verfolgt einen tückischen Plan: Simon soll für ihn die Herrschaft über die Burg zurückgewinnen. Wird Septimus das verhindern können?

Angie Sage, 1952 in London geboren, lebt als Autorin und Illustratorin in Cornwall. Sie studierte Grafikdesign an der Art School of Leicester. Mit ihrer großen Fantasy-Saga Septimus Heap erlangte sie Weltruhm. Die Reihe wurde in 16 Sprachen übersetzt, stand monatelang auf Platz 1 der New York Times-Bestsellerliste und wurde für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert. Bei Hanser erschien 2005 der erste Septimus Heap-Band Magyk, gefolgt von Flyte (2006), Physic (2007), Queste (2008), Syren (2010), Darke (2011) und Fyre (2013). Die Erweiterung Septimus Heap: Darke Toad - Die Dunkelkröte (2013) ist nur als E-Book erhältlich. 2017 folgte die neue Trilogie der Erfolgsautorin mit den Bänden TodHunter Moon - FährtenFinder, TodHunter Moon - SandReiter sowie TodHunter Moon - SternenJäger.

*2*
DIE ZAUBERERALLEE


 

 

Septimus trat auf die silberne Wendeltreppe in der Spitze des Turms.

»Zur Halle, bitte«, sagte er.

Die Treppe setzte sich langsam in Bewegung, und während sie sich wie ein riesiger Korkenzieher nach unten drehte, hielt Septimus das Spinnenglas in die Höhe und betrachtete seine Insassen. Ihre Zahl war mittlerweile auf fünf geschrumpft, und er fragte sich, ob er das haarige Exemplar nicht schon einmal gesehen hatte.

Die haarige Spinne starrte ihn hasserfüllt an. Sie hatte ihn mit Sicherheit schon einmal gesehen. Viermal, um genau zu sein, wie die Spinne grimmig dachte. Viermal hatte er sie eingefangen, in das Glas gesperrt und draußen wieder ausgekippt. Der Lümmel konnte von Glück sagen, dass sie ihn nicht schon früher gebissen hatte. Aber diesmal war wenigstens anständige Verpflegung im Glas. Die zarten jungen Spinnen hatten trefflich gemundet, auch wenn sie die beiden eine ganze Weile im Glas hatte herumhetzen müssen. Die Haarige machte es sich bequem und fand sich damit ab, dass sie wieder einmal unfreiwillig auf Reisen ging.

Die silberne Wendeltreppe drehte sich langsam, und während sie Septimus und seinen Fang durch den Zaubererturm nach unten beförderte, winkten ihm mehrere Gewöhnliche Zauberer freundlich zu, die in den unteren Stockwerken wohnten und soeben ihr Tagewerk begannen.

Die Aufregung war groß gewesen, als Septimus im Zaubererturm eintraf. Marcia Overstrand kehrte nicht nur im Triumph zurück, nachdem sie den Turm und die ganze Burg von einem Schwarzkünstler befreit hatte, sondern brachte obendrein auch noch einen Lehrling mit. Davor hatte sie das Amt der Außergewöhnlichen Zauberin zehn Jahre lang ohne einen Lehrling versehen, so dass man unter den Gewöhnlichen Zauberern hinter vorgehaltener Hand schon gemäkelt hatte, sie sei viel zu wählerisch.»Meine Güte, was hofft Madam Marcia denn zu finden? Den siebten Sohn eines siebten Sohns? Haha!« Aber genau das war Madam Marcia Overstrand geglückt. Sie hatte Septimus Heap gefunden, den siebten Sohn des mittel- und talentlosen Zauberers Silas Heap, der wiederum der siebte Sohn des ebenso mittellosen, aber weitaus talentierteren Gestaltwandlers Benjamin Heap war.

Die silberne Wendeltreppe kam im Erdgeschoss des Zaubererturms sachte zum Stehen. Septimus hüpfte herunter und durchquerte die große Eingangshalle, wobei er von einer Seite zur anderen sprang und versuchte, die flüchtigen Farben zu fangen, dieüber den weichen, sandartigen Fußboden huschten. Der Fußboden hatte ihn kommen sehen, und die WorteGUTEN MORGEN, HERR LEHRLING flimmerten vor ihmüber die tanzenden Muster, als er auf die Tür aus massivem Silber zusteuerte, die den Eingang zum Turm bewachte. Septimus murmelte das Losungswort, und lautlos schwang die Tür vor ihm auf. Ein heller Sonnenstrahl fiel in die Halle und ließ die magischen Farben verblassen.

Septimus trat hinaus in den warmen Sommermorgen. Er wurde bereits erwartet.

»Marcia lässt dich heute aber früh gehen«, rief ihm Jenna Heap entgegen. Sie hockte auf der untersten Stufe der riesigen Marmortreppe, die in den Zaubererturm führte, und ließ unbekümmert die Füße gegen den warmen Stein baumeln. Sie trug ein einfaches rotes Kleid mit goldener Borte, dazu eine goldene Schärpe um die Hüfte und feste Sandalen an den schmutzigen Füßen. Ihr langes dunkles Haar bändigte ein schmales goldenes Diadem, das wie eine Krone auf ihrem Kopf saß. Ihre dunklen Augen blitzten schelmisch, als sie ihren Adoptivbruder anschaute. Er sah so unordentlich aus wie eh und je. Sein gelocktes strohblondes Haar war ungekämmt und seine grüne Lehrlingstracht voller Staub aus der Bibliothek, doch der goldene Drachenring an seinem rechten Zeigefinger funkelte so hell wie immer.

Jenna freute sich, ihn zu sehen.

»Hallo, Jenna«, grüßte Septimus lächelnd und blinzelte mit seinen leuchtend grünen Augen in die Sonne. Er winkte ihr mit dem Spinnenglas zu.

Jenna fuhr von der Stufe in die Höhe und starrte auf das Glas.»Dass du die Spinnen ja nicht in meiner Nähe freilässt!«, warnte sie ihn.

Septimus hopste die Treppe hinunter und schlenkerte im Vorbeigehen mit dem Glas vor ihrem Gesicht herum. Er lief zu dem Brunnen am Rand des Hofes und schüttelte die Spinnen vorsichtig aus dem Glas. Sie fielen alle in den Eimer. Die Haarige stärkte sich noch rasch mit einem Imbiss und krabbelte dann an dem Seil entlang wieder nach oben. Die drei verbliebenen Spinnen blickten ihr hinterher und beschlossen, vorerst im Eimer zu bleiben.

»Manchmal«, sagte Septimus, als er wieder bei Jenna an der Treppe war,»habe ich den Verdacht, dass die Spinnen postwendend in die Bibliothek zurückkehren. Heute habe ich sogar eine wiedererkannt.«

»Red keinen Quatsch, Sep. Wie willst du denn eine Spinne wiedererkennen?«

»Nun ja«, erwiderte er,»ich bin mir ziemlich sicher, dass sie mich erkannt hat. Darum hat sie mich auch gebissen, glaube ich.«

»Sie hatdich gebissen? Ist ja schrecklich! Wo denn?«

»In der Bibliothek.«

»Nein, wo sie dich gebissen hat.«

»Ach so. Hier.« Er hielt ihr den Daumen hin.

»Ich kann nichts sehen«, mäkelte sie.

»Weil Marcia Gift drauf getan hat.«

»Gift?«

»Tja, bei uns Zauberern macht man das so«, sagte Septimus mit wichtiger Miene.

»Ach, ihr Zauberer«, lachte Jenna spöttisch, stand auf und zupfte ihn amÄrmel seiner grünen Kutte.»Ihr Zauberer seid alle verrückt. Und da wir gerade von Verrückten reden, wie geht es Marcia?«

Septimus stieß mit dem Fuß einen Kieselstein zu Jenna hinüber.

»Sie ist nicht verrückt«, sagte er verteidigend.»Aber der Schatten folgt ihr auf Schritt und Tritt. Und es wird immer schlimmer. Selbst ich kann ihn inzwischen sehen.«

»Iiih, ist ja gruselig.« Jenna kickte den Stein zu ihm zurück, und Steinfußball spielend liefen