: Jane Austen
: Gefühl und Vernunft Roman
: S. Fischer Verlag GmbH
: 9783104022727
: Fischer Klassik Plus
: 1
: CHF 9.00
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: Hauptwerk vor 1945
: German
: 448
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Jane Austen gelang mit ihrem ersten großen Roman »Gefühl und Vernunft« ein Geniestreich - eine Geschichte, die die Leser bis heute nicht zur Ruhe kommen lässt. Die Anziehungskraft ihrer Charaktere ist ungebrochen. Elinor und Marianne sind so gegensätzlich wie Schwestern es nur sein können: Während Marianne ihr Herz auf der Zunge trägt, macht die vernünftige Elinor innere Konflikte mit sich alleine aus und scheint kühl, wenngleich es in ihr brodelt. Nach dem Tod ihres Vaters mittellos geworden, müssen sich die beiden ihren Weg durch eine Gesellschaft bahnen, in der vor lauter Pflichten kaum Platz für wahre Sehnsüchte bleibt. Der Wunsch nach einer ehrlichen Liebe treibt sie dabei immer wieder auf Irrpfade ...

Jane Austen wurde 1775 in Steventon (Hampshire) geboren. Mit sieben Geschwistern wuchs sie im Pfarrhaus von Steventon auf, zu Hause unterrichtet von ihrem Vater, der ihre literarischen Neigungen förderte. Sie blieb unverheiratet und teilte ihr zurückgezogenes Leben mit ihrer Mutter und ihrer Schwester Cassandra bis zu ihrem frühen Tod im Jahre 1817 in Winchester. Mit Romanen wie ?Stolz und Vorurteil? oder ?Verstand und Gefühl?, die feine Gesellschaftssatire mit der Geschichte vom romantischen Schicksal unverwechselbarer Heldinnen paaren, zählt sie heute zu den einflussreichsten und meist gelesenen Autorinnen der englischen Literaturgeschichte.

Erstes Buch


1. Kapitel


Die Dashwoods waren seit langem in Sussex ansässig. Ihr Besitz war groß, und sie wohnten mitten darin auf Norland Park, wo sie schon seit vielen Generationen ein respektables Leben führten, wohlangesehen unter all ihren Nachbarn. Der letzte Gutsherr war ein unverheirateter Mann gewesen, der uralt geworden war und über viele Jahre seines Lebens seine Schwester zur Gefährtin und Haushälterin gehabt hatte. Deren Tod allerdings, zehn Jahre vor seinem eigenen, hatte in dem Haushalt zu großen Veränderungen geführt, denn als Ausgleich für den Verlust hatte er seinem Neffen, Mr Henry Dashwood, dem rechtmäßigen Erben des Besitzes, dem er ihn auch zu hinterlassen gedachte, angeboten, bei ihm zu wohnen, und ihn mit seiner Familie bei sich aufgenommen. In der Gesellschaft seines Neffen mit Frau und Kindern verbrachte der alte Herr behaglich seine Tage und schloss sie alle in sein Herz. Mr und Mrs Henry Dashwood lasen ihm jeden Wunsch von den Lippen ab, nicht aus Eigennutz, sondern aus echter Warmherzigkeit; er genoss alle Aufmerksamkeit, die ein Mann seines Alters sich wünschen konnte, und die Fröhlichkeit der Kinder war die Freude seiner alten Tage.

Aus einer früheren Ehe hatte Mr Henry Dashwood einen Sohn, von seiner jetzigen Frau drei Töchter. Der Sohn, ein ruhiger, verlässlicher junger Mann, war aus dem Erbe seiner Mutter wohlversorgt; es war beträchtlich, und die Hälfte davon war ihm mit seiner Volljährigkeit zugefallen. Bald darauf hatte er geheiratet und seinen Wohlstand damit noch weiter gemehrt. Für ihn war also das Erbe des Gutes Norland von nicht so großer Bedeutung wie für seine Schwestern, denn deren Vermögen, jenseits dessen, was ihnen durch den Vater in Aussicht stand, würde nicht groß ausfallen. Die Mutter besaß nichts, und ihr Vater verfügte selbst nur über siebentausend Pfund, denn die zweite Hälfte des Vermögens seiner ersten Frau war ebenfalls dem Sohn vermacht, und ihm standen lediglich auf Lebenszeit die Einkünfte daraus zu.

Der alte Herr starb; sein Testament wurde verlesen und bescherte, wie es zu sein pflegt, ebenso viel Verdruss wie Freude. Er war weder so ungerecht noch so undankbar gewesen, dass er seinem Neffen den Besitz vorenthalten hätte; aber er vermachte ihn ihm unter Bedingungen, die ihn zugleich wieder um den halben Nutzen der Erbschaft brachten. Mr Dashwood hatte auf das Erbe eher um seiner Frau und seiner Töchter willen als um seinet- und seines Sohnes willen gehofft – doch an den Sohn und an dessen Sohn, einen Jungen von gerade einmal vier Jahren, ging das Vermächtnis, und das in einer Form, die es ihm nicht gestattete, diejenigen, die ihm am meisten am Herzen lagen und die seiner Unterstützung am meisten bedurften, zu versorgen, indem er den Besitz belieh oder dessen wertvolle Wälder verkaufte. Alles war so eingerichtet, dass es nur diesem Jungen zugute kam, der bei gelegentlichen Besuchen mit Vater und Mutter auf Norland so sehr die Zuneigung seines Großonkels gewonnen hatte – mit Attraktionen, die bei Kindern von zwei oder drei Jahren keineswegs ungewöhnlich sind: närrischer Rede, Starrköpfigkeit, kleinen Streichen und einer großen Menge Lärm –, dass diese mehr wogen als all die Aufmerksamkeiten, die er über Jahre hinweg von seiner Nichte und deren Töchtern erfahren hatte. Aber er wollte nicht herzlos sein, und als Zeichen seiner Zuneigung zu den drei Mädchen hinterließ er jeder von ihnen eintausend Pfund.

Anfangs war Mr Dashwood tief e