EINFÜHRUNG
Reisen erweitert den Horizont – wer möchte das bestreiten. Doch mit einem kurzen Zwischenstopp im Rahmen einer Rundreise oder einem Wochenendausflug mit dem Billigflieger wird dies kaum gelingen. Um ein Land und seine Kultur wahrhaft zu erfassen, bedarf es schon längerer Zeiträume; der Erfahrung vieler Jahre, wenn nicht gar eines ganzen Lebens.
Das Erste, was uns in einem fremden Land auffällt, ist das Vordergründige, das uns angenehm, merkwürdig, ungewöhnlich oder zumindest harmlos vorkommen kann; entweder bestätigen diese Eindrücke unsere Vorurteile oder werfen Fragen auf, die uns zu näherer Betrachtung einladen. Also knabbern wir eifrig an den Rändern des Landes herum und reden uns bei jedem Bissen ein, dass seine Mitte ganz genauso schmecken wird – nur, um uns gegen die Fülle von Kulturschocks abzusichern, die einen als Fremden im Ausland erwarten. Doch nach und nach kommen wir auf den Geschmack und machen ihn uns, wer weiß, am Ende schließlich sogar zu eigen. Ich wählte dieses Bild ganz bewusst, um eine interessante und tiefsinnige These ins Spiel zu bringen; nämlich, dass der Genuss von Essen mehr ist als ein Spektakel, etwas, das außerhalb unserer selbst liegt. Vielmehr kann dieser Vorgang letzten Endes verinnerlicht und zum ureigenen Besitz werden, bis er einen Teil unserer selbst bildet. Der spanische Romancier Manuel Vicent geht so weit, Essen als mystischen Akt zu bezeichnen; das, was man verzehrt, wird umgewandelt in einen selbst.
Als ich als Teenager im Nachtzug aus Paris kommend die Grenze bei Port Bou passierte, war dies mein erster Abstecher nach Spanien. Bis dahin hatte ich, als Spross einer Mittelstandsfamilie aus dem wohlhabenden Süden Englands, meine Somme