: Hunter S. Thompson
: Alexander Wagner
: Der Fluch des Lono
: Heyne
: 9783641071356
: 1
: CHF 7.80
:
: Erzählende Literatur
: German
: 240
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Endlich! Hunter S. Thompsons legendäres Meisterwerk jetzt in deutscher Sprache
Hunter S. Thompson erhält den Auftrag, über den Honolulu-Marathon zu berichten: für ihn in erster Linie ein bezahlter Urlaub. Doch wie immer bei Thompson entwickelt sich die Reise zu einem durchgeknallten Trip, in den neben dem Marathon-Wahnsinn auch Surfer, Orkane, ein Riesen-Marlin und natürlich der hawaiianische Gott Lono irgendwie verwickelt sind. Der König des Gonzo-Journalismus beweist einmal mehr seine Meisterschaft: ein halluzinogenes Vergnügen.

Hunter S. Thompson wurde 1937 in Louisville, Kentucky, geboren. Er begann seine Laufbahn als Sportjournalist, bevor er Reporter für denRolling Stoneund als Begründer des Gonzo-Journalismus zu einer Ikone der Hippiebewegung wurde. Zu seinen großen Büchern zählen nebenFear and Loathing in Las Vegasdie journalistischen RomaneHells Angels,Königreich der Angst undRumDiary. Thompson nahm sich am 20.02.2005 in seinem Wohnort Woody Creek, Colorado, das Leben.

DER BLAUE ARM


San Francisco lag ungefähr 40 Minuten hinter uns, als die Crew sich endlich entschloss, das Problem in Toilette 1B anzugehen. Seit wir abgehoben hatten, war die Tür ununterbrochen verriegelt gewesen, und jetzt hatte die Chefstewardess den Copiloten aus dem Cockpit herbeigerufen. Er stand plötzlich direkt neben mir im Gang und hielt ein merkwürdiges schwarzes Gerät in der Hand, das aussah wie eine Taschenlampe mit Propellerblättern oder eine Art Schlagbohrmaschine. Er nickte gelassen, während er dem eindringlichen Flüstern der Stewardess lauschte. »Ich kann zwar mit ihm sprechen«, sagte sie und wies mit einem langen roten Fingernagel auf das »Besetzt«-Zeichen an der geschlossenen Toilettentür. »Aber ich krieg ihn da nicht raus.«

Der Kopilot nickte nachdenklich und kehrte den Passagieren den Rücken zu, während er irgendwelche Einstellungen an seinem martialischen Werkzeug vornahm. »Weiß man, wer er ist?«, fragte er.

Sie warf einen Blick auf ihr Klemmbrett mit der Passagierliste. »Mister Ackerman«, sagte sie. »Adresse: Box 99, Kailua-Kona.«

»Die Große Insel«, sagte er.

Sie nickte, während sie immer noch ihr Klemmbrett studierte. »Mitglied im Red Carpet Club«, sagte sie. »Vielflieger, bisher völlig unauffällig … in San Francisco an Bord gegangen, Hinflug erster Klasse nach Honolulu. Ein perfekter Gentleman. Keine Anschlussflüge gebucht.« Sie fuhr fort: »Keine Hotelreservierungen, kein Mietwagen …« Sie zuckte die Achseln. »Sehr höflich, nüchtern, entspannt …«

»Tja«, sagte er. »Die Sorte kenne ich.« Der Pilot musterte kurz sein Werkzeug und hob dann die andere Hand, um laut an die Tür zu klopfen. »Mister Ackerman«, rief er. »Hören Sie mich?«

Es kam keine Antwort, aber ich saß dicht genug an der Tür, um von drinnen Geräusche zu hören: zuerst ein Toilettensitz, der aufs Becken schlug, dann Wasserrauschen …

Ich kannte Mr. Ackerman nicht, aber ich erinnerte mich, ihn gesehen zu haben, als er an Bord kam. Er sah aus wie ein Mann, der irgendwann in Hongkong Tennisprofi gewesen war und sich anschließend lukrativeren Geschäften zugewandt hatte. Die goldene Rolex, die Safarijacke aus weißem Leinen, die thailändische Goldkette um seinen Hals, der schwere lederne Aktenkoffer mit Kombinationsschlössern … das waren nicht die äußeren Attribute eines Mannes, der sich unmittelbar nach dem Start auf der Toilette einschließt und nach fast einer Stunde immer noch nicht herausrührt.

Das ist definitiv zu lange, egal, auf welchem Flug. Wer sich so aufführt, provoziert Fragen, die schließlich kaum mehr zu ignorieren sind – besonders im geräumigen Erste-Klasse-Abteil einer 747 auf einem fünfstündigen Flug nach Hawaii. Leute, die für ein Ticket derart viel Geld hinblättern, können sich keinesfalls mit dem Gedanken anfreunden, vor der einzigen benutzbaren Toilette Schlange zu stehen, während in der anderen etwas definitiv Unerquickliches vorgeht.

Zu diesen Leuten zählte auch ich … In meinen Augen berechtigte mich mein geschäftliches Übereinkommen mit United Airlines, jederzeit problemlos eine mit einem Türschloss ausgestattete Blechzelle zur persönlichen Hygiene nutzen zu können. Schließlich hatte ich sechs Stunden im Red Carpet Room im Flughafen von San Francisco verbracht, um dieses Ticket zu ergattern, hatte mich an Schaltern auf Streitgespräche einlassen müssen, eine ganze Menge getrunken und mich ständig seltsamer Erinnerungen erwehrt, die mich in Wellen heimsuchten …

So ungefähr auf halber Strecke zwischen Denver und San Francisc