: Gaby Hauptmann
: Das Glück mit den Männern und andere Geschichten
: Piper Verlag
: 9783492956604
: 1
: CHF 7.20
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 192
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Sie haben Appetit auf spritzig-bissiges Lesefutter? Hier wird er gestillt! Man nehme eine kräftige Prise Ironie, würze mit rasanten Episoden aus dem modernen Beziehungsdschungel nach, rühre mit leichter Hand um und schmecke mit einer Mischung aus weiblich-männlichem Augenzwinkern ab. Fertig sind 19 ebenso unterhaltsame wie hinterhältige Geschichten, die höchsten Lesegenuss garantieren. Freuen Sie sich auf »ganz besondere Sehnsüchte«, eine »französische Errungenschaft« sowie stürmische und heitere »Altersmarotten«.

Gaby Hauptmann, geboren 1957 in Trossingen, lebt als freie Journalistin und Autorin in Allensbach am Bodensee. Ihre Romane »Suche impotenten Mann fürs Leben«, »Nur ein toter Mann ist ein guter Mann«, »Die Lüge im Bett«, »Eine Handvoll Männlichkeit«, »Die Meute der Erben«, »Ein Liebhaber zuviel ist noch zuwenig«, »Fünf-Sterne-Kerle inklusive«, »Hengstparade«, »Yachtfieber«, »Ran an den Mann«, »Nicht schon wieder al dente«, »Rückflug zu verschenken«, »Ticket ins Paradies«, »Hängepartie«, »Liebesnöter«, »Zeig mir was Liebe ist«, » Die Italienerin, die das ganze Dorf in ihr Bett einlud« und »Scheidung nie - nur Mord!« sind Bestseller und wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt und erfolgreich verfilmt. Außerdem erschienen die Erzählungsbände »Frauenhand auf Männerpo« und »Das Glück mit den Männern«, ihr ganz persönliches Buch »Mehr davon. Vom Leben und der Lust am Leben«, das Kinderbuch »Rocky der Racker«, die mehrbändigen Jugendbuchreihen »Alexa, die Amazone« und die »Kaya«-Reiterbücher, sowie »Wo die Engel Weihnachten feiern« und die von ihr herausgegebene Anthologie »Gelegenheit macht Liebe«. Zuletzt erschien »Plötzlich Millionärin - nichts wie weg!«. 2019 moderierte Gaby Hauptmann die Runde 'Talk am See' im SWR, in der sie wöchentlich mit Prominenten und Gästen aus der Region zu aktuellen Themen sprach.

FRANZÖSISCHE ERRUNGENSCHAFT

DieÜberraschung war ihm gelungen. Als er in Croix-de-Mer die holprige Sandstraße entlangfuhr, glaubte sie noch immer an das Hotel, das er für die nächsten vierzehn Tage gebucht hatte. Sie hatten alle Fenster des kleinen Leihwagens heruntergelassen, der warme Wind fuhr durch das Wageninnere und zerrte an ihren Haaren, es war herrlich.

Er fuhr konzentriert, und um seine Mundwinkel spielte ein Lächeln. Es war ihr zehnter Hochzeitstag. Andere ließen sich nach zehn Jahren scheiden, sie hatten sich vierzehn Tage Flitterwochen geschenkt. Einfach so– in einer Sektlaune.

»Zehn Jahre«, hatte er gesagt und die Flugtickets auf den Tisch gelegt,»zehn Jahre!« Mehr Worte waren nicht nötig gewesen, sie hatten beide gewusst, wovon er sprach. Davon, dass sie beide mit Befürchtungen in diese Ehe gegangen waren, davon, dass viele befreundete Ehepaare inzwischen getrennt waren, und davon, dass sie nach zehn Jahren Ehe noch immer kinderlos waren.

Vierzehn Tage Entspannung hieß loslassen vom Job, vom Alltag, vom Sex nach Fruchtbarkeits-Stundenplan.

Die Luft roch nach Pinienwäldern und Meer. Ein bisschen staubig zwar, aber sie war samtig weich. Ines streckte ihren Kopf aus dem Fenster, um in vollen Zügen genießen zu können.

»Wir hätten ein Cabrio mieten sollen«, sagte sie.

»Die kleinen waren schon weg, die großen zu teuer«, erklärte er.»Und zu groß. Was wollen wir mit einem Viersitzer.«

Er hatte recht. Sie verdienten beide gut, ihr Bankkonto konnte sich sehen lassen, aber Michael war gegen unnötige Ausgaben.»Falls wir doch noch umziehen müssen, brauchen wir unser Kapital«, sagte er immer.

Mit dem Umziehen spielte er auf die Kinderzimmer an. In ihrer jetzigen Maisonettewohnung, dieüber zwei Etagen ging, gab es keine abgetrennten Räume, außerdem wäre sie bei Zuwachs zu klein. Die Pläne für ein entsprechendes Haus hatten sie in der Schublade liegen, allerdings waren sie von den zwei Kinderzimmern schon wieder abgerückt, jetzt, nach zehn Jahren, wären sie auch mit einem zufrieden.

Der Blicköffnete sich, und linker Hand sahen sie nun weit unten das Meer wie ein silbernes Band liegen.

»Wunderschön«, sagte Ines. Sobald sie ihre Zimmer bezogen hatten, wollte sie an einen der berühmten Strände von Saint-Tropez. Sie hatte extra an ihrer Bikinifigur gearbeitet und war zweimal in der Woche zur Sonnenbank gegangen. Es war Mai, und sie wollte sich nicht sofort einen Sonnenbrand einfangen– außerdem wollte sie mit den französischen Strandschönheiten konkurrieren können.

»Ist dasüberhaupt die richtige Zufahrtsstraße?«, wollte sie von Michael wissen, denn inzwischen kam ihr die Straße doch verdächtig holprig vor.

»Goldrichtig«, sagte er und lachte.

Er sah noch immer gut aus, fand sie. Eigentlich hatte er sichüberhaupt nicht verändert, außer, dass er vielleicht männlicher geworden war. Die Andeutung von Stirnfalten und die ersten grauen Strähnen im vollen, braunen Haar. Etwas früh vielleicht für vierzig, aber es stand ihm gut.

Ohne zu ihr hinüberzuschauen, griff er nach ihrer Hand.

»Wenn wir jetzt nicht anfangen zu leben, schaffen wir es nicht mehr«, sagte er.

Ines war sich nicht sicher, wie er das meinte. Klar, bisher hatten sie Tag und Nacht für den Job gelebt. Und sie war siebenunddreißig. Sie hatte noch drei Jahre, dann würde sie sich mit der Kinderlosigkeit abfinden. Diese Frist hatte sie sich selbst gesetzt. Mit einundvierzig noch. Höchstens mit zweiundvierzig.Älter wollte sie als junge Mutter nicht sein.

Michael bog in eine geteerte Straße ab. Er fuhr mit einer solch traumwandlerischen Sicherheit, als wäre er schon einmal da gewesen.

»Woher weißt du, dass es hier abgeht?«, wollte sie wissen.»Ich habe kein Hinweisschild gesehen.«

Er zuckte nur leicht mit den Schultern.

»Frauen haben halt keinen Orientierungssinn«, das war eines seiner liebsten Vorurteile. Sie antwortete nicht darauf. Frauen konnten auch nicht einparken, nicht rechnen, nicht grillen und hatten kein räumliches Vorstellungsvermögen.

Sie konnte damit leben. Dann grillte sie halt nicht.

Rechts der Straße, die parallel zum Meer verlief, reihten sich nun größere Grundstücke aneinander. Es war ein bisschen so, wie man sich Südfrankreich vorstellt: die Häuser etwas zurückversetzt in wild wuchernden Gärten, lange Tische unter schattigen Bäumen. Unzählige Rosen, die sich farbenprächtig an rissigen Hauswänden emporrankten, und verwitterte Fensterläden. Es roch würzig nach Kräutern.

»Ist das nicht ein Traum?«, fragte sie, und er nickte. Unwillkürlich sah sie ihre Maisonettewohnung vor sich. Chrom in der Küche und eine penible Aufgeräumtheit. Nirgendwo stand etwas herum, in der ganzen Wohnung nicht. Kein Nippes, keine Andenken, die nicht zur klaren Einrichtung mit den weißen Wänden passten. Der Innenarchitekt hatte ihr ein paar moderne Bilder empfohlen, an denen ihr Herz nicht hing, die aber dazugehörten.

Hier, in dieser bilderbuchhaften Umgebung, kam ihr ihre Vorzeigewohnung plötzlich leer und kalt vor. Sollten sie doch noch Kinder bekommen, dann würde sie dasändern. Mehr Leben, mehr Seele.

Sie schaute zu Michael, denn der Wagen hielt vor einem rostroten, verzierten Eisentor.

Er sagte nichts, und sie folgte seinem Blick zu dem Haus, das hinter dem Tor lag. Es war schlicht, aber gleichzeitig von einem bestechenden Charme. Vom Gartentor führte ein schmaler Kiesweg zu einer hölzernen Veranda, und ein wenig abseits blitzte etwas Blaues zwischen demüppigen Grün hervor, offenbar der sichtgeschützte Swimmingpool.

»Hübsch«, sagte Ines.»Sehr hübsch!«

Sie wartete darauf, dass Michael weiterfuhr, aber er verharrte mit beiden Händen auf dem Lenkrad.

»Was willst du zuerst hören«, fragte er schließlich.»Die gute oder die schlechte Nachricht?«

Ines spürte, wie sich ihre Härchen aufrichteten. Eine schlechte Nachricht? Was konnte das sein? Hier in Südfrankreich, zu Beginn ihrer Flitterwochen?

»Die schlechte«, sagte sie und verkniff sich ein:»Was soll das?«

Michael schaltete den Motor aus und griff seitwärts in den Spalt zwischen seinem Sitz und der Autotür. Er legte ihr ein DIN-A4-Blatt auf den Schoß, auf dem sie nur»Gutachten« las.

»Gutachten, was?«, fragte sie.

»Die zehn Jahre Kinderlosigkeit liegen an mir«, sagte er leise.»Meine Samen sind nicht besonders beweglich.« Er machte eine Pause.»Eigentlichüberhaupt nicht.« Er stockte wieder.»Oder wie der Be