: Sebastian Jutzi
: Der Gorilla Die letzten schwarzen Riesen im Kongo - ein dokumentarischer Thriller
: Ludwig
: 9783641083151
: 1
: CHF 18.10
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 352
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Dramatischer Kampf um die Letzten ihrer Art

Der Silberrücken Kabirizi ist einer der noch etwa 480 Berggorillas des Virunga-Nationalparks. Um sie vor dem Aussterben zu bewahren, kommt der junge Ökologe Robert Muir 2004 in den Kongo. Doch was als Tierschutz beginnt, entwickelt sich zum mörderischen Kampf gegen Wilderer, Bürgerkriegsmilizen, korrupte Beamte und die Holzmafia. Eine Dokumentation, spannend wie ein Krimi.

Im Virunga-Nationalpark im Kongo lebt die Hälfte des weltweiten Bestands von Berggorillas. Ihre Heimat ist Brennpunkt tödlicher Gefahren: Illegale Holzfällerbanden verwüsten für ein paar Säcke Holzkohle den Regenwald. Bei Vulkanausbrüchen verglüht die Vegetation zu Asche. Und immer wieder fallen Milizen in den Nationalpark ein – denn die Tiere stehen dem Raubbau im Weg, mit dem die Bürgerkriegsparteien ihren blutigen Krieg finanzieren.

Fesselnd schildert der Wissenschaftsjournalist und Afrika-Kenner Sebastian Jutzi das Leben und Verhalten der Berggorillas. Im Zentrum steht dabei das Schicksal von Kabirizi und seiner Sippe. Zugleich lässt Jutzi die Leser teilhaben am lebensgefährlichen Engagement des Naturschützers Robert Muir und der Ranger des Parks. Bei ihren Ermittlungen gegen ein weitverzweigtes Netz der Holzmafia werden Hinterhalte und Morddrohungen für sie zum Alltag. – Ein beklemmender Öko-Thriller.

Sebastia Jutzi, 1967 in Bad Kreuznach geboren, studierte nach Abitur sowie Grundwehr- und Zivildienst Biologie an der Universität des Saarlands und Journalistik an der Universität Hohenheim. Als Redakteur arbeitete er unter anderem für die Zeitschriftbild der wissenschaftund für dasZDF. Seit 2001 schreibt der Wissenschaftsjournalist für das NachrichtenmagazinFocus

I

Kongo. Kein Wort hätte Robert Muir besser davon überzeugen können, dass er die richtige Wahl getroffen hatte.

In einem Landrover rumpelt er über die Pisten Afrikas. Zahlreiche Bodenwellen schütteln den Wagen und seine Ladung durch. Die Vibrationen des Gefährts und das Röhren des Motors breiten sich im Körper aus, durchdringen jedeFaser, bis er das Gefühl hat, selbst nur noch aus Vibration und Dröhnen zu bestehen. Die Reifen des Fahrzeugs wirbeln Staub auf, der sich durch die kleinste Ritze zwängt und alles, inklusive der dichten Haare des 27-Jährigen, mehlig bedeckt.

Was hatte der Offizier an dem Militärposten noch gesagt? Der Soldat hatte ihm eine Eskorte mitgeben wollen. Das vor ihm liegende, von Banditen gebeutelte Land sei viel zu unsicher, um ihn alleine fahren zu lassen. Er wäre ein zu leichtes Opfer.

Robert hatte davon gehört. Auch hatten ihm alle empfohlen, von der Serengeti aus nördlich um den Viktoriasee herumzufahren, um in die Demokratische Republik Kongo zu gelangen. Aber die ihm eigene Zuversicht und ein Blick auf die Landkarte hatten ihn die wesentlich kürzere Route wählen lassen, direkt aus dem Herzen der Serengeti durch den Westen Tansanias und Ruanda bis zu seinem Einsatzgebiet, den Virunga-Vulkanen im Osten des Kongos.

Robert hatte sich nichts dabei gedacht, als er den Offizier,der ihm die Eskorte anbot, fragte, ob sie ihn nur bis zur ruandischen Grenze oder bis zur Grenze des Kongos begleiten würde. Das schlug wie ein Blitz ein. Noch nie hatte er erlebt, dass ein Wort einen Menschen so überraschen, ja entsetzen konnte. Spöttisch hatte ihn der Posten durchgewunken. Die Gedanken des Soldaten waren deutlich von seinem Gesicht abzulesen: »Du armer Irrer, du brauchst keine Eskorte.«

Immer weiter westwärts fahrend grübelt Robert, was er von dieser Reaktion halten soll. Doch ehe sich Zweifel oder Ängstlichkeit breitmachen, hebt ihn ein gewaltiger Schlagaus dem Sitz. Gedankenverloren hat er eine tückische Bodenwelle übersehen. Der Landrover fliegt mehrere Meter weit, und Robert hat Mühe, das Lenkrad im Griff zu behalten. Geschickt fängt er den Wagen ab, der hart auf der Piste landet. Der Aufprall ist so heftig, dass er seine Wirbelsäule staucht. Dem wagemutigen Briten wird klar, dass er sich besser konzentrieren muss. Einen Überfall von Kriminellen könnte er quasi als höhere Gewalt noch akzeptieren. Aber aus eigener Unachtsamkeit auf der Strecke zu bleiben, wäre eine unverzeihliche Dummheit.

Die Landschaft verändert sich. Aus der Ebene der Savanne erheben sich immer mehr Hügel, das Terrain steigt an und formt sich zu Bergen. Das Braun der Erde und die Beige- und Gelbtöne des vertrockneten Grases werden von immer satter werdendem Grün abgelöst.

Als er auf die tansanisch-ruandische Grenze zufährt, atmetRobert auf. Er hat es geschafft und noch nicht einmal einen Banditen von ferne gesehen. Glück gehabt.

Es ist ein merkwürdiges Gefühl, das Land zu betreten, in dem zehn Jahre zuvor ein Völkermord stattgefunden hat. Wenn man weiß, dass man durch Dörfer fährt, in denenMenschen ihre Nachbarn mit Macheten abschlachteten, ganze Familien in einem Blutrausch ausgelöscht wurden, dann raubt einem das die Sicherheit und das Vertrauen in die eigene Unverletzlichkeit. Die Normalität des Alltagslebens verkommt zur Kulisse, hinter allem wähnt man Gefahr.

Ruanda ist ein fruchtbares Land, an dessen BerghängenFelder mit Bohnen, Mais, Kohl oder Bananen wie große Grassoden kleben. Passanten säumen die Straßen und zeugen von der hohen Bevölkerungsdichte von mehr als 300 Einwohnern pro Quadratkilometer. Sobald man sich einer Ortschaft nähert, werden die Menschentrauben dichter und dichter. Kinder und Jugendliche winken den Vorbeifahrenden zu, Alte jedoch sieht man kaum. Ihre hohlwangigen Gesichter starren hinter den Karossen her, die über die asphaltierte Straße brausen. Am Wegrand tummeln sich wenige Tiere, meist Ziegen oder Hühner, einige magere Hunde – und vielleicht eine Kuh.

Das Hotel in Kigali wirkt wie vieles in Afrika so, als sei es nie neu gewesen. Reist man in Länder mit begrenztem Wohlstand, sind verfallene Gebäude oder heruntergekommene Städte ein normaler Anblick. Aber man ahnt noch ihren ehemaligen